Vermessenes.

Ich befinde mich in einem alteingesessenen Schreibwarenfachgeschäft auf der Suche nach einem Schutzumschlag für ein Schulbuch vom Sohn. Es ist wohl ein Fehler, die zuständige Verkäuferin aus einem wichtigen Privatgespräch zu reißen, aber ich tue es trotzdem und erzähle ihr von meinem Anliegen, einen Schulbuchschutzumschlag mit dem Höhenmaß 29,5 cm kaufen zu wollen. Die verstörte Rückfrage, was denn „5“ bedeute, könnte mich schon an der Kompetenz der Schreibwarenfachverkäuferin zweifeln lassen, aber ich bleibe noch ganz locker und antwortete: „Millimeter.“

Die Dame sieht mich entsetzt an und gibt zu bedenken, dass man mit solch einer Angabe keinen Schulbuchschutzumschlag aussuchen könne, denn das ginge grundsätzlich nur anhand von Seriennummern oder durch echtes Probieren. Andere Kunden bringen ihre Bücher zum Schulbuchschutzumschlagkauf scheinbar selbstverständlicherweise mit. Ich nicht. Asche über mein Haupt!

Ich versichere der Verkäuferin, dass ich bisher alle meine Schulbuchschutzumschlagformate durch pures Ausmessen ermittelt und daraufhin die betreffenden Schulbücher erfolgreich mit den richtigen Schulbuchschutzumschlägen bestückt hätte. Missmutig zieht mein Gegenüber die Schulbuchschutzumschlagschublade auf. Ich ermutige die Frau, dass das Format auf den Schulbuchschutzumschlägen eigentlich auch draufstehe. Die verneint das und fummelt umständlich mit einem länglichen Gegenstand herum, der sich nach langem Hin- und Hergedrehe als Lineal entpuppt.

Schließlich wird Maß genommen. Ich spähe auf das an einen Schulbuchschutzumschlag gehaltene Lineal und erkenne eine Höhe von 28 cm. Die Dame des Hauses aber kräht: „26.“ Ich denke mir: „Naja, vielleicht muss man bei professionellen Messungen 2 cm abziehen…“, und sage nichts. Es wird weiter und weiter gemessen, aber man findet keinen passenden Schulbuchschutzumschlag. Schubladen wurden auf- und zugezogen, schließlich sehe ich einen Aufkleber auf einem Schulbuchschutzumschlagstapel, der das Maß „H: 280 mm“ verrät. Ich machte die Verkäuferin darauf aufmerksam doch die winkt ab, es wäre alle unterschiedlich hoch, danach könne man nicht gehen. Der Stapel sieht allerdings für meine Begriffe recht gleichmäßig aus.

Daraufhin vermisst die Gute erneut den vermeintlich 26 cm hohen Schulbuchschutzumschlag, der eigentlich 28 cm hoch ist und kommt wieder auf 26 cm. Ich werde langsam unruhig und frage nach: „Wie hoch ist der?“ Das drangehaltene Lineal zeigt immer noch eine Höhe von 28 cm. „26 cm, äh, oder 28 cm… So kann man das nicht messen…“, echauffiert sich die überforderte Verkäuferin. Ich entgegne: „Warum soll man das denn so nicht messen können? Das ist doch ganz einfach.“ Die verblüffende Antwort ist: „Weil die Kunden das nicht verstehen. Man muss die Bücher mitbringen.“

Das verstehe ich als Kundin nun wirklich nicht mehr, verabschiede mich mittlerweile ziemlich wutschnaubend und kaufe eine Rolle selbstklebende Bucheinbandfolie.

An der Kasse kann ich nicht an mich halten und spreche zur Kassiererin: „Kann das sein, dass ihre Kollegin bei den Schulbuchschutzumschlägen nicht ganz auf der Höhe ist?“ Die Gefragte scheint mit der Angeprangerten unter einem Schulbuchschutzumschlag, äh, einer Decke zu stecken und verneint meine Frage pikiert.

Schlüsselerlebnisse

Ein Schlüssel und ich? Das ist kein Bund fürs Leben… Höchstens eine kurze Affäre! Was ich mit ohne meinen Schlüsseln schon alles erlebt habe, geht auf keine Kuhhaut! Echte Schlüsselerlebnisse eben.

Irgendwann im letzten Jahrtausend bewohnte ich allein eine kleine Studentenbude: 40 qm2 für 270 D-Mark. Guter Kurs. Leider war die Wohnung in der Neusser Bronx und verfügte über keine Heizung. Ich machte es mir mit einem Kohleofen warm, aber das ist eine ganz andere Geschichte.

An einem kalten Winterabend gegen 22 Uhr – ich trug bereits meinen Schlafanzug – musste ich feststellen, dass sich in meinem Kühlschrank keine Getränke mehr befanden. Trinkbarer Nachschub weilte neben einem Brikett-Berg in meinem Kellerverschlag. Da meine Nachbarn nicht zu den oberen Zehntausend gehörten, machte es mir nichts aus, im Pyjama durchs Treppenhaus zu geistern. Ich sah in dem Outfit immer noch besser aus als die meisten Anwohner in ihrer Ballonseide.

Also stiefelte ich leicht bekleidet in den Keller, holte Wasser und musste vor meiner Wohnungstür feststellen, dass ich meinen Schlüssel nicht dabei hatte. Ganz abgesehen davon, dass ich zu dieser Zeit noch kein Handy besaß, hätte ich es wahrscheinlich auch nicht mitgenommen, wenn ich eines gehabt hätte!

Ich klingelte bei meinen Etagen-Nachbarn, einem netten türkischen Ehepaar. Ich wollte von ihrem Telefon aus meinen Vater anrufen, der einen Ersatzschlüssel für meine Hütte hatte. Herr Nachbar sah mein Problem und wollte mir helfen: Er nahm eine Scheckkarte und versuchte, damit meine Tür zu öffnen. Vater war unerreichbar. Dem Helfer in der Not gelang es leider nicht ad hoc meine Wohnung zu knacken und er zerfledderte eine Karte nach der anderen. Ich konnte ihn nicht davon abhalten.

Schließlich suchte ich den zuständigen Hausmeister, der im EG wohnte, auf und unterbreitete mein Problem. Zur gleichen Zeit, am gleichen Ort erschien eine Freundin von mir, die ein Stockwerk unter mir lebte, und erklärte, dass sie sich ausgeschlossen hätte. Was für ein Türen-Zufall!

Im Gegensatz zu mir hatte sie ein Fenster gekippt. Der tapfere Hausmeister kletterte die Hauswand hoch und stieg durch dieses in ihre Wohnung. Gut zu wissen, wie schnell so was gehen kann!

Meinem Nachbarn, der mittlerweile alle verfügbaren Karten zerstört hatte, drückte er eine Bohrmaschine in die Hand. Damit sollte mein Türschloss rausgebohrt werden. Den Etagen-Genossen hatte der Ehrgeiz gepackt: Er schmiss den Bohrer an und ging wie ein Irrer auf mein Schloss los. Ich befürchtete, dass er unser komplettes Haus niedermetzeln gedachte und sah es bildlich vor mir: Das ganze Gebäude lag in Schutt und Asche, nur meine Wohnungstür stand noch aufrecht und unberührt.

Nun ja, irgendwann bekam er sie tatsächlich geöffnet und der Hausmeister setzte sogar noch in der Nacht ein neues Schloss ein. Schwein gehabt.

Ganz anders verlief ein ähnlicher Zwischenfall einige Jahre später: Am 6. Januar 1997. Das weiß ich so genau, da zwei Tage später der errechnete Geburtstermin meines Sohnes war. Draußen lag Schnee und ich hatte bereits nachts merkwürdige, regelmäßige Schmerzen im Unterleib gespürt. Wehen?

Ich hatte nachmittags einen Termin beim Gynäkologen, der keine Wehentätigkeit feststellen konnte. Typischer Vorführeffekt! Mein Vater hatte mich mit seinem Auto zum Arzt gefahren, weil ich nicht mehr selber hinters Steuer wollte oder passte.

Nach dem Arztbesuch setzte er mich zu Hause ab. Ich war ganz schön fertig, da ich nachts kaum geschlafen hatte. Beim Aufsuchen des Badezimmers und musste ich feststellen, dass Klopapier alle war und dachte mir: „Bis zum Drogerie-Markt werde ich es schon noch schaffen!“

In dem Moment, wo die Tür ins Schloss fiel, wurde mir klar, dass mein Schlüssel drinnen geblieben war, die Sau! Plötzlich: Schmerzen im Bauchraum!

Da ich immer noch keine Handybesitzerin war, schleppte ich mich zur nächsten Telefonzelle und rief meinen heutigen Mann, damaligen Freund, an und bat ihn, mir irgendwie zu helfen. Er war jobmäßig schwer im Stress und schickte mir seinen Schlüssel per Kurier nach Hause.

Warten im Schnee war also angesagt. Ich konnte nicht mehr stehen mit meinem Megabauch, im Schnee sitzen ging aber ebenso wenig. Das Ziehen im Unterleib wurde immer regelmäßiger und der Kurier ließ sich Zeit, angeblich wegen Schnee-Chaos.

Nach einer geschlagenen Stunde trudelte er ein und ich konnte endlich ins warme Heim! Dort wurde mir klar, dass ich dringend ins Krankenhaus müsste. Da wäre ich wahrscheinlich am Besten direkt hingefahren …

Schlüssel verschusselt.

Schlüssel verschusselt.

Hallo Welt!

Willkommen bei Netzkritzler. Dies ist der erste Artikel. Du kannst ihn bearbeiten oder löschen.

Die gesamte Verwaltung Deines Blogs kannst Du oben über die Administratorenleiste erreichen.

Viel Spaß beim Ausprobieren!