Unser Omma wird 90

Omas Geburtstag

Hallo zusammen.
Heute will ich euch ma wat von die Omma ihren 90. Geburtstag erzählen. Dat war nämlich n echt geilet Event.

Die Omma hatte monatelang die Familie in Atem gehalten. Weil, sie wollte ihren 90. Geburtstag ganz groß feinern. Dazu wollte se eigentlich den großen Festsaal von dat Hans-Sachs-Haus mieten.
Den Heini, wat ihr Ältester ist, standen die Schweißperlen auf die Stirn. Er hatte nämlich die Omma versprochen, dat er die ganze Chose bezahlt. Und in den Festsaal passen leicht und locker 1500 Leute rein.
Aber kurz bevor die Omma in Aktion treten und ihre Fühler nach den Saal ausstrecken konnte, wurde er geschlossen.
Da diesen würdigen Rahmen nu nich mehr zur Verfügung stand, beschloss die Omma dat Ganze zu ihren Lieblingsjugoslaven zu verlegen, wat die Verwandtschaft mit wohlwollen zur Kenntnis nah.
Also: der Tisch für 20 Personen war bestellt, Heini war glücklich und die Fete konnte steigen.
***
Die Geburtstagsgesellschaft war versammelt, jeder hatte seinen Sitzplatz gefunden.
„So, das ist jetzt also deine versammelte Familie?“, vergewisserte sich Alex. Er war noch nicht lange genug mit Carmen, Omas Tochter, zusammen um ihre komplette Familie kennen gelernt zu haben.
Carmen verzog den Mund. „Das ist ein Bruchteil der Familie, sei froh“, sie verstummte und seufzte hilflos.
Alex musterte sie einen Augenblick aufmerksam. „Höre ich hier kritische Untertöne?“, fragte er sanft.
„Ach, weißt du, es würde mir schon reichen wenn du an ein Sprichwort denkst: Freunde kann man sich aussuchen.“
Ehe Carmen weitere Erklärungen abgeben konnte, meldete sich die Jubilarin lautstark zu Wort. „Wir wollen mit einem Gläschen Sekt auf meinen Ehrentag anstoßen und anschließend sucht sich jeder von der Speisekarte aus, was er möchte“, sie schnipste mit dem Finger. „Herr Ober, bitte.“
Heinz lief rot an. „Aber Mutter, ich dachte du hast das Menü bestellt? Wenn jetzt jeder sich etwas anderes aussucht, dann dauert das viel zu lange.“ Es war ihm anzusehen, dass er sich eher um den Preis als um die Dauer des Essens Sorgen machte.
„Hab dich nicht so, du verdienst doch gut. Das kannst du deiner alten Mutter ruhig mal gönnen“, Oma wandte sich an die Allgemeinheit. „Mein Junge ist bei der Deutschen Bundesbahn, der verdient.“
„Ja, wenn das so ist, dann gönne ich mir noch ein Gläschen Sekt“, dröhnte ein wohlbeleibter Glatzkopf und hielt dem Kellner demonstrativ sein leeres Glas hin.
„Und das ist…“, fragte Alex leise.
„Jupp is dat“, wurde er von einer wasserstoffblonden Frau unterbrochen, die ihm direkt gegenüber saß. „Und du bist der Carmen ihr Neuer, wat?“
„Ich bin Alex und Jupp ist, wer?“
„Na, der Josef ist mein Mann, aber du kannst auch ruhig Jupp sagen, dat tut jeder. Ich bin übrigens die Natti“, klärte die Wasserstoffblonde auf. „Und der Frido, der konnte nicht mitkommen, weil, der hat dicke Eier.“
Alex schaute irritiert. „Wie bitte?“
„Der Frido, der-hat-dicke-Eier“, wiederholte Natti langsam, als würde sie mit einem Behinderten reden. „Der Frido wird Anstreicher, er hat es ja geschafft ne Lehrstelle zu kriegen. Dat war nicht leicht, dat kannze mir glauben. Jedenfalls muss er da im Betrieb immer so schwere Eimer schleppen und davon hat er dat gekriegt. Aber er war schon beim Doktor, der hat ihm erst mal einen gelben Schein gegeben. Allerdings kann er dann natürlich nicht auf Omas Geburtstag gehen, wo er doch krank ist.“
„Ah-ja und Frido ist der Sohn?“, stellte Alex zweifelnd fest.
„Richtig, aber ob der weiter auf Anstreicher macht“, Natti kam auf ihr derzeitiges Lieblingsthema zurück. „Das weiß ich auch nicht. Es ist nicht gut für seine Gesundheit, obwohl er stark wie ein Bär ist. Aber wenn er mal Kinder machen will…“
„Da kommt dat Essen.“ Jupp, der Erzeuger des starken Bären, stieß seine Frau unsanft an. „Natascha, jetzt gibt es lecker Essen. Lass die Leute zufrieden, die wollen beim Achielen nix von den Problemen unseres Sohnes hören.“
„Eben“, murmelte Alex erleichtert
.
Nach dem Essen wandte sich Carmen an ihren Begleiter: „Wir wollen Oma zur Feier des Tages hochleben lassen und haben einige ihre Lieblingslieder einstudiert. Ich lass dich einen Moment allein, ja.
„Wirklich? Allein mit Jupp, Natti, Frido und seinen…“
„…sag es nicht, mein Schatz“, Carmen gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich bin gleich wieder bei dir.“

„Na, ist alles in Ordnung?“, fragte Carmen, während sie sich einige Zeit später auf ihrem Platz niederließ.
Alex grinste sie an. „Ja klar. Sie hat nicht mehr über ihren Sohn gesprochen. Eigentlich redete sie gar nicht mehr. Ihr Mann hat sie abgewürgt. Er erkundigte sich eingehend nach meinem Beruf. Der Mann ist wirklich witzig.“
Jupp mischte sich ein. „Was heißt dat denn. Ich hab‘ doch bloß gesagt, dass du höchst wahrscheinlich ein Banker bist, weil dein Anzug so gut sitzt und wegen deinem Bart.“
Carmen fuhr Alex spielerisch über das Kinn. „Der Dreitagebart ist echt klasse. Aber mit einem Banker hat das nichts zu tun.“
„Das hat mir dein Kerl auch erklärt, er ist aber trotzdem was Besseres“, Jupp langte über den Tisch und griff Alex an den Ärmel. „Feines Stöffchen. So wat krieg‘ste nicht bei Klümpchen Anton.“
„Ja, dann musst du auch mal was verdienen, dann kann‘ste dir einen Anzug leisten. Bis dahin reicht deine Lederjacke aus. Die ist auch schwarz und passt auf jede Feier – und auf jede Beerdigung“, fügte Natti nach einigem Nachdenken hinzu.
„Stell dich nicht so an, wir laufen wenigstens nicht immerzu auf dat Sozialamt und gehungert hast du auch noch nicht“, dröhnte Jupp entrüstet. „Apropos Hunger, gibt es nachher noch Häppchen?“
Diese Anfrage rief Oma auf den Plan. Sie hatte die zweite Flasche Dessertwein geleert. Entsprechend rot waren ihre Apfelbäckchen.
„Du verfressener Schubiak kriegst den Hals wohl nie voll, wat? Jetzt ist Schluss mit Essen, trink dir noch einen und dann will ich nach Hause.“ Omas undeutliche Aussprache wies darauf hin, dass der Wein seine Wirkung tat.
Carmen musterte ihre Mutter besorgt. „Ich glaube auch, wir sollten die Tafel so langsam aufheben. Oma ist schließlich nicht mehr die Jüngste, die Feier strengt sie ganz schön an.“
Zum Erstaunen aller widersprach die Jubilarin nicht. Sie wies auf ihren Sohn. „Los, Heini, bezahl mal. Ich glaube ich muss mich gleich hinlegen. Mir ist gar nicht gut.“ Heinz musterte sie einen Augenblick verblüfft. „Aber Mutter, ich habe dir das Geld für deine Feier doch schon vor ein paar Tagen gegeben. Du musst selbst bezahlen.“ Oma kramte in ihrer gewaltigen Handtasche, zog schließlich das Portemonnaie hervor und öffnete es demonstrativ. „Dat wüsste ich aber. Du hast mir überhaupt noch kein Geld gegeben! Du hast versprochen, dass du meine schöne Feier bezahlst, egal was es kostet“, sie schniefte vernehmlich, langte in die Handtasche, zog ein handtuchgroßes Taschentuch hervor und putzte sich geräuschvoll die Nase. „Du hast es versprochen“, wiederholte sie in weinerlichem Tonfall.
Heinz fixierte seine Mutter einen Moment verblüfft. Dann seufzte er tief. „Akzeptieren sie auch die EC Karte?“, fragte er den Kellner.
***
Auf den Rückweg von die geile Fete hat der tolle Alex die Carmen echt einen Heiratsantrag gemacht, und die Schickse hat ihn angenommen. Dat war schon ziemlich romantisch, so richtig wat fürt Herz. Wie in die Pilcherfilme, bloß ohne die romantische Landschaft. Obwohl man nich sagen kann, dat wir im Pot keine romantischen Ecken haben.

Wat ich sagen wollte ist, dat wir paar Wochen später bei die Omma zum Kaffetrinken waren. Wir sitzen also um den Tisch, da sacht sie, dat se dat Geld, wat der Heini ihr für ihre Feier gegeben hat wiedergefunden hat.
Sie hatte et in die gehäkelte Klopapierrolle versteckt und dat dann vergessen. Und weil der Heini sobosi genuch Moss hat, hatse dat ihre Enkelin gegeben, als Anzahlung für ein kleinet Auto.
Ich sach euch, der Heini hat vielleicht geguckt….

Aber dat erzähl ich vielleicht beim nächsten Mal.

© by Angie

  • Dat is man jut, date uns vorjewarnt hast, da sparste ne Einladung.

    • Berlina, wa? Macht nischt.
      Weiße, die Leute auß’n Pott vastehn sich eigentlich mit die Berlina.

      Danke für Deinen Kommentar.
      ;o)