Dark (5)

Das Abendessen für die Mägde war schlecht. Es gab einen merkwürdigen, braunen Brei, von dem Nera nicht genau sagen konnte, was er enthielt. Sie rührte nur lustlos darin herum und schaute zu, wie die anderen Mädchen um sie herum vollkommen ausgehungert herunterschlangen, was ihnen vorgesetzt wurde.

Den ganzen Tag hatten sie unermüdlich gearbeitet und Nera hatte zusehen können, wie die dünnen Arme der Mädchen unter der Anstrengung schwach wurden und wie sich Schweißperlen auf ihren Stirnen sammelten.

Auch sie selbst hatte die Hitze als unangenehm empfunden, aber sie war nicht im mindesten so erschöpft wie die anderen. Es entging ihr nicht, dass sie einige deshalb sogar verwundert ansahen.

Anschließend räumten zwei der älteren Frauen, die in der Küche arbeiteten, die leeren Schüsseln vom Tisch und Aruya wies sie an, auf ihr Zimmer zu gehen und keinen Lärm zu machen. Sie selbst blieb mit den anderen Frauen unten in der Küche.

Auf dem Weg zum Schlafraum stellte Nera sich immerzu dieselbe Frage: Wie kam es dazu, dass ausgerechnet Aruya beim Fürsten eine solche Sonderstellung einnahm? Sie unterschied sich nicht im mindesten von den anderen Mädchen, weder im Aussehen, noch in den Fähigkeiten, denn anscheinend schien ihre Blindheit keine Behinderung für sie zu sein.

Es dauerte nicht lange, da war die Lichter gelöscht und alle waren eingeschlafen. Alle bis auf eine, denn Nera lag noch immer wach und schaute an die nachtschwarze Decke. Die Kühle der Dunkelheit lag auf ihrer Haut und beruhigte die Reizungen, die die heißen Sonnenstrahlen hervorgerufen hatten. Alles im Raum schimmerte in dem fahlen Mondlicht, das durch das kleine Butzenfenster hereindrang.

Jetzt war Nera in ihrem Element. Behände wie eine Katze schwang sie die Beine aus dem Bett und schlich zum Fenster hinüber, wo sie sich im Mondlicht baden konnte.

Seit sie denken konnte tat sie das jede Nacht. Nera wusste nicht, wie es war, zu schlafen. Sie hatte es noch nie getan. Stattdessen hatte sie sich Nacht um Nacht am Zimmer ihrer Zieheltern vorbei hinausgeschlichen, um die Stille der Natur in der Dunkelheit zu genießen. Noch etwas, das in ihr selbst die Überzeugung weckte, nicht ganz in Ordnung zu sein.

Aber nun war es ihr nicht erlaubt hinauszugehen, so sehr sich auch alles in ihr danach sehnte. Eingesperrt wie ein Raubtier in einem Käfig saß sie vor dem Fenster und schaute sehnsüchtig hinaus auf den leeren Hof. Nur das Raunen der Wachen vor dem Portal drang hin und wieder zu ihr hinauf. Würde sie überhaupt je wieder nachts dort draußen im Wald sein können?

  • Hab grad alle 5 teile hintereinander gelesen und bin schon gespannt, wie es weitergeht

  • Ich verfolge die Serie auch weiter. Du hälsts den Spannungsbogen sehr gut.