• catthmary postete ein Update vor 13 Jahren, 8 Monaten

    Nicht jeder Mann wird durch Küssen zum Frosch.

    In einer geheimnisvollen Nacht in der französischen Provence erlebten wir eine wundersame Metamorphose.

    Es ist Spätsommer und wir haben zwei Wochen Urlaub. Raus aus Deutschland wollen wir fahren – ein wenig Lavendel und Thymian schnuppern und uns am französischen Wein und Käse laben. Sehnsucht kommt auf nach Südfrankreich und die wunderbaren Fahrten mit der Ente in jungen Jahren mit dem Campingzelt im Kofferraum. Das alles möchten wir noch einmal erleben und entschließen uns, in die Provence zu fahren – diesmal nicht mit der Ente, sondern mit der Gans – heißt: bequeme Fahrt mit der Mittelklasse soll uns fernab der französischen Autobahnen den Genuß früherer Reisen bescheren.

    Aber genauso wie früher werden wir zelten und freuen uns schon auf die Menüs, die wir des abends auf den beiden kleinen Gaskochern zubereiten werden und die herrlichen Frühstücke, die wir am Wegesrand einzunehmen gedenken – inmitten der picknickenden Franzosen.

    Die Frühstücke sind meiner Meinung nach in Frankreich das köstlichste, was der Käsegarten Gottes zu bieten hat. Auf den jeweiligen Märkten kaufen wir verschiedene Käse, Schinken, Milch und die wundersamen langen Brote, mit denen morgens jeder Franzose über die Straßen schlendert, um sie anschließend auf seine Art zu vertilgen. Der eine tunkt sie in eine große Tasse Milchkaffee – der andere mag sie vielleicht belegen in einer Art wie wir beiden Touristen, die sich in Frankreich benehmen, als seien sie knapp dem Hungertod entronnen…

    Durch die geliebte Auvergne reisen wir gemütlich in die Provence – nicht ohne nochmal in der Tarn-Schlucht zu baden und an einem nahegelegenen See auf einem kommunalen Campingplatz ein paar Tage Erholung einzubauen, die uns für die Provence und die dort geplanten Wanderungen fit machen sollen.

    In der Provence können wir der Versuchung nicht widerstehen, an einem kleinen türkisblauen Fluß „wild“ zu campen – es ist dort einfach zu schön, um abends nochmal weiterzureisen zu einem Campingplatz. Wir zünden ein kleines Lagerfeuer an und bereiten uns auf unseren beiden Kochern ein Menü zu.

    Vorspeise: Melone mit Schinken
    Hauptspeise: Gemüseratatouille mit gebratenen Forellen, frisch gekauft auf dem Markt
    Nachspeise: Brot mit Ziegenkäse

    Das alles wird begleitet von einem fruchtigen Landwein, frisch abgefüllt vom provenzialischen Winzer, der auf dem Markt wie zufällig in der Nähe des Forellenverkäufers stand. Ich kann sagen, so gut ging es uns schon lange nicht mehr.

    Über uns funkeln die Sterne um die Wette und mittendrin ein riesiger Vollmond. Bei den herabrieselnden Sternschnuppen halten wir uns an den Händen und schwören uns, nicht das letzte Mal in Frankreich gewesen zu sein. Wir nehmen unsere Gitarren aus dem Auto und spielen „Plaisier d’amour“ und singen anschließend die Marseilleise. Nach diversen weiteren Songs und einem kleinen Mocca zum Abschluß des fulminanten Mals „zünden“ wir den CD-Player im Auto an und tanzen selig am Flußbett zu den Klängen von kubanischem Son. Die Bläser schaffen es, die Forellen an den Rand des Flusses zu locken und wir können sie streicheln. Die Stern schreiben unsere Namen an den Himmel und wir schwören uns wieder gegenseitig, nicht das letzte Mal in Frankreich gewesen zu sein. Wie immer hatten wir zu wenig Wein dabei und glücklich begaben wir uns in unser kleines Igluzelt und versanken in einen seligen Schlaf – kubanische Rhythmen leiteten die ersten Träume ein.

    Leises Grillenzirpen und Thymianduft ließen uns wissen: wir sind angekommen. Doch dann, plötzlich setzte ein Orchester der besonderen Art ein. Quaak, Quaak, Quaak – hörten wir erst leise aus einem kleinen Mäulchen – die Ehefrau Frosch gesellte sich dazu und auch die Kinder hatten Freude am Singen. Eine große Froschfamilie muß hier leben, dachte ich mir und erfreute mich an ihrem Gesang. Es lebte aber nicht nur eine Froschfamilie dort, sondern ein ganzes Dorf, nein, eine ganze Großstadt ! Es quaakte von oben und unten, von hinten und von vorn – es quaakte von allen Seiten und Toccata und Fuge von Bach, gespielt auf der Klais-Orgel im Altenberger Dom, war ein leises Summen gegen das Präludium der Frösche am Rande des kleinen Provence-Flüsschens, an dem wir unsere nächtliche Ruhe haben wollten im Duft von Lavendel und Thymian.

    „Ruhe“ schrie der Herzallerliebste – „Ruhe“ – ich erinnerte ihn daran, das zu Zeiten des Absolutismus in Frankreich die herrschende Klasse ihre Dienerschaft unter Androhung schwerster Strafen dazu zwang, nächtelang mit Stöcken auf die Teiche zu schlagen, damit die Frösche Ruhe geben. Ober er bereit sei, mit dem Wagenheber …? Nein, war er natürlich nicht. Wir sind aufgeklärte Menschen und ich kann gerne seine Herrin sein, wenn es gilt, das Zelt aufzubauen – aber das gehe ja nun doch zu weit.

    Es quaakt die ganze Nacht tief in unsere Träume hinein, die sich in Alpträume verwandeln und die paar Stechmücken fingen wir erst gar nicht mehr an, ins Jenseits zu befördern. Hätte sich nicht gelohnt – immerhin fingen wir an, die Frösche als Freunde zu betrachten, leben sie doch von Mücken. Aber was nützt uns das: in unserem Zelt wollte keiner von ihnen ans Werk gehen.

    Am Morgen wurden wir laut geweckt von einer männlichen Stimme, die auf französisch etwas schrie, was sich anhörte, wie Monsieur, Camping, interdit !!!

    Geistesgegenwärtig schauten wir mit übernächtigten Gesichtern aus dem Zeltschlitz heraus und sahen: einen Polizisten und der hatte tatsächlich ein Gesicht wie ein Frosch !