Schlüsselerlebnisse
Ein Schlüssel und ich? Das ist kein Bund fürs Leben… Höchstens eine kurze Affäre! Was ich mit ohne meinen Schlüsseln schon alles erlebt habe, geht auf keine Kuhhaut! Echte Schlüsselerlebnisse eben.
Irgendwann im letzten Jahrtausend bewohnte ich allein eine kleine Studentenbude: 40 qm2 für 270 D-Mark. Guter Kurs. Leider war die Wohnung in der Neusser Bronx und verfügte über keine Heizung. Ich machte es mir mit einem Kohleofen warm, aber das ist eine ganz andere Geschichte.
An einem kalten Winterabend gegen 22 Uhr – ich trug bereits meinen Schlafanzug – musste ich feststellen, dass sich in meinem Kühlschrank keine Getränke mehr befanden. Trinkbarer Nachschub weilte neben einem Brikett-Berg in meinem Kellerverschlag. Da meine Nachbarn nicht zu den oberen Zehntausend gehörten, machte es mir nichts aus, im Pyjama durchs Treppenhaus zu geistern. Ich sah in dem Outfit immer noch besser aus als die meisten Anwohner in ihrer Ballonseide.
Also stiefelte ich leicht bekleidet in den Keller, holte Wasser und musste vor meiner Wohnungstür feststellen, dass ich meinen Schlüssel nicht dabei hatte. Ganz abgesehen davon, dass ich zu dieser Zeit noch kein Handy besaß, hätte ich es wahrscheinlich auch nicht mitgenommen, wenn ich eines gehabt hätte!
Ich klingelte bei meinen Etagen-Nachbarn, einem netten türkischen Ehepaar. Ich wollte von ihrem Telefon aus meinen Vater anrufen, der einen Ersatzschlüssel für meine Hütte hatte. Herr Nachbar sah mein Problem und wollte mir helfen: Er nahm eine Scheckkarte und versuchte, damit meine Tür zu öffnen. Vater war unerreichbar. Dem Helfer in der Not gelang es leider nicht ad hoc meine Wohnung zu knacken und er zerfledderte eine Karte nach der anderen. Ich konnte ihn nicht davon abhalten.
Schließlich suchte ich den zuständigen Hausmeister, der im EG wohnte, auf und unterbreitete mein Problem. Zur gleichen Zeit, am gleichen Ort erschien eine Freundin von mir, die ein Stockwerk unter mir lebte, und erklärte, dass sie sich ausgeschlossen hätte. Was für ein Türen-Zufall!
Im Gegensatz zu mir hatte sie ein Fenster gekippt. Der tapfere Hausmeister kletterte die Hauswand hoch und stieg durch dieses in ihre Wohnung. Gut zu wissen, wie schnell so was gehen kann!
Meinem Nachbarn, der mittlerweile alle verfügbaren Karten zerstört hatte, drückte er eine Bohrmaschine in die Hand. Damit sollte mein Türschloss rausgebohrt werden. Den Etagen-Genossen hatte der Ehrgeiz gepackt: Er schmiss den Bohrer an und ging wie ein Irrer auf mein Schloss los. Ich befürchtete, dass er unser komplettes Haus niedermetzeln gedachte und sah es bildlich vor mir: Das ganze Gebäude lag in Schutt und Asche, nur meine Wohnungstür stand noch aufrecht und unberührt.
Nun ja, irgendwann bekam er sie tatsächlich geöffnet und der Hausmeister setzte sogar noch in der Nacht ein neues Schloss ein. Schwein gehabt.
Ganz anders verlief ein ähnlicher Zwischenfall einige Jahre später: Am 6. Januar 1997. Das weiß ich so genau, da zwei Tage später der errechnete Geburtstermin meines Sohnes war. Draußen lag Schnee und ich hatte bereits nachts merkwürdige, regelmäßige Schmerzen im Unterleib gespürt. Wehen?
Ich hatte nachmittags einen Termin beim Gynäkologen, der keine Wehentätigkeit feststellen konnte. Typischer Vorführeffekt! Mein Vater hatte mich mit seinem Auto zum Arzt gefahren, weil ich nicht mehr selber hinters Steuer wollte oder passte.
Nach dem Arztbesuch setzte er mich zu Hause ab. Ich war ganz schön fertig, da ich nachts kaum geschlafen hatte. Beim Aufsuchen des Badezimmers und musste ich feststellen, dass Klopapier alle war und dachte mir: „Bis zum Drogerie-Markt werde ich es schon noch schaffen!“
In dem Moment, wo die Tür ins Schloss fiel, wurde mir klar, dass mein Schlüssel drinnen geblieben war, die Sau! Plötzlich: Schmerzen im Bauchraum!
Da ich immer noch keine Handybesitzerin war, schleppte ich mich zur nächsten Telefonzelle und rief meinen heutigen Mann, damaligen Freund, an und bat ihn, mir irgendwie zu helfen. Er war jobmäßig schwer im Stress und schickte mir seinen Schlüssel per Kurier nach Hause.
Warten im Schnee war also angesagt. Ich konnte nicht mehr stehen mit meinem Megabauch, im Schnee sitzen ging aber ebenso wenig. Das Ziehen im Unterleib wurde immer regelmäßiger und der Kurier ließ sich Zeit, angeblich wegen Schnee-Chaos.
Nach einer geschlagenen Stunde trudelte er ein und ich konnte endlich ins warme Heim! Dort wurde mir klar, dass ich dringend ins Krankenhaus müsste. Da wäre ich wahrscheinlich am Besten direkt hingefahren …
Songline
17. Jan 2010
Ich hatte ja schon fest damit gerechnet, dass das Kind kam, bevor der Schlüsselmensch eintraf 😉 Aber Deine Stories sind auch ohne diesen Knalleffekt sehr amüsant zu lesen.
Schöner Einstand!
Mumpitz
18. Jan 2010
Oh, Schlüsselabenteuer hat wohl jeder schon erlebt! Da würde sich wahrscheinlich lohnen eine Gruppe aufzumachen! Gute Idee, schön geschrieben!