Das Baumhaus – Begegnung im Park

Das Baumhaus

Hoch oben zwischen grünen Blättern im Geäst

Und darüber als Dach nur noch der Himmel

Mit dem munteren Gesang der kleinen Engel

Die zwitschernd durch die Ästchen zischen.

Da oben mache ich für Dich ein Baumhaus fest

Und Du kannst dich darin im Winde wiegen,

wie ein Kind liegst Du in des Baumes Arm

und Du fühlst Dich darin sicher und geborgen.

Und für einen seeligen kleinen Moment nur

Denkst Du nicht mehr an Gestern und Morgen.

Fühlst Dich so innig zart geliebt und warm

Und wünschst Dir, so solle es für immer sein…

Ein kleiner Stern am riesigen Firmament

Ein kleiner Tropfen Tau an Deiner Wimper

Und Du siehst in der Ferne das Morgenrot

Glitzern und funkeln wie einen bunten Edelstein…

Nicht jeder Mann wird durch Küssen zum Frosch

In einer geheimnisvollen Nacht in der französischen Provence erlebten wir eine wundersame Metamorphose.

Es ist Spätsommer und wir haben zwei Wochen Urlaub. Raus aus Deutschland wollen wir fahren – ein wenig Lavendel und Thymian schnuppern und uns am französischen Wein und Käse laben. Sehnsucht kommt auf nach Südfrankreich und die wunderbaren Fahrten mit der Ente in jungen Jahren mit dem Campingzelt im Kofferraum. Das alles möchten wir noch einmal erleben und entschließen uns, in die Provence zu fahren – diesmal nicht mit der Ente, sondern mit der Gans – heißt: bequeme Fahrt mit der Mittelklasse soll uns fernab der französischen Autobahnen den Genuß früherer Reisen bescheren.

Aber genauso wie früher werden wir zelten und freuen uns schon auf die Menüs, die wir des abends auf den beiden kleinen Gaskochern zubereiten werden und die herrlichen Frühstücke, die wir am Wegesrand einzunehmen gedenken – inmitten der picknickenden Franzosen.

Die Frühstücke sind meiner Meinung nach in Frankreich das köstlichste, was der Käsegarten Gottes zu bieten hat. Auf den jeweiligen Märkten kaufen wir verschiedene Käse, Schinken, Milch und die wundersamen langen Brote, mit denen morgens jeder Franzose über die Straßen schlendert, um sie anschließend auf seine Art zu vertilgen. Der eine tunkt sie in eine große Tasse Milchkaffee – der andere mag sie vielleicht belegen in einer Art wie wir beiden Touristen, die sich in Frankreich benehmen, als seien sie knapp dem Hungertod entronnen…

Durch die geliebte Auvergne reisen wir gemütlich in die Provence – nicht ohne nochmal in der Tarn-Schlucht zu baden und an einem nahegelegenen See auf einem kommunalen Campingplatz ein paar Tage Erholung einzubauen, die uns für die Provence und die dort geplanten Wanderungen fit machen sollen.

In der Provence können wir der Versuchung nicht widerstehen, an einem kleinen türkisblauen Fluß „wild“ zu campen – es ist dort einfach zu schön, um abends nochmal weiterzureisen zu einem Campingplatz. Wir zünden ein kleines Lagerfeuer an und bereiten uns auf unseren beiden Kochern ein Menü zu.

Vorspeise: Melone mit Schinken
Hauptspeise: Gemüseratatouille mit gebratenen Forellen, frisch gekauft auf dem Markt
Nachspeise: Brot mit Ziegenkäse

Das alles wird begleitet von einem fruchtigen Landwein, frisch abgefüllt vom provenzialischen Winzer, der auf dem Markt wie zufällig in der Nähe des Forellenverkäufers stand. Ich kann sagen, so gut ging es uns schon lange nicht mehr.

Über uns funkeln die Sterne um die Wette und mittendrin ein riesiger Vollmond. Bei den herabrieselnden Sternschnuppen halten wir uns an den Händen und schwören uns, nicht das letzte Mal in Frankreich gewesen zu sein. Wir nehmen unsere Gitarren aus dem Auto und spielen „Plaisier d’amour“ und singen anschließend die Marseilleise. Nach diversen weiteren Songs und einem kleinen Mocca zum Abschluß des fulminanten Mals „zünden“ wir den CD-Player im Auto an und tanzen selig am Flußbett zu den Klängen von kubanischem Son. Die Bläser schaffen es, die Forellen an den Rand des Flusses zu locken und wir können sie streicheln. Die Stern schreiben unsere Namen an den Himmel und wir schwören uns wieder gegenseitig, nicht das letzte Mal in Frankreich gewesen zu sein. Wie immer hatten wir zu wenig Wein dabei und glücklich begaben wir uns in unser kleines Igluzelt und versanken in einen seligen Schlaf – kubanische Rhythmen leiteten die ersten Träume ein.

Leises Grillenzirpen und Thymianduft ließen uns wissen: wir sind angekommen. Doch dann, plötzlich setzte ein Orchester der besonderen Art ein. Quaak, Quaak, Quaak – hörten wir erst leise aus einem kleinen Mäulchen – die Ehefrau Frosch gesellte sich dazu und auch die Kinder hatten Freude am Singen. Eine große Froschfamilie muß hier leben, dachte ich mir und erfreute mich an ihrem Gesang. Es lebte aber nicht nur eine Froschfamilie dort, sondern ein ganzes Dorf, nein, eine ganze Großstadt ! Es quaakte von oben und unten, von hinten und von vorn – es quaakte von allen Seiten und Toccata und Fuge von Bach, gespielt auf der Klais-Orgel im Altenberger Dom, war ein leises Summen gegen das Präludium der Frösche am Rande des kleinen Provence-Flüsschens, an dem wir unsere nächtliche Ruhe haben wollten im Duft von Lavendel und Thymian.

„Ruhe“ schrie der Herzallerliebste – „Ruhe“ – ich erinnerte ihn daran, das zu Zeiten des Absolutismus in Frankreich die herrschende Klasse ihre Dienerschaft unter Androhung schwerster Strafen dazu zwang, nächtelang mit Stöcken auf die Teiche zu schlagen, damit die Frösche Ruhe geben. Ober er bereit sei, mit dem Wagenheber …? Nein, war er natürlich nicht. Wir sind aufgeklärte Menschen und ich kann gerne seine Herrin sein, wenn es gilt, das Zelt aufzubauen – aber das gehe ja nun doch zu weit.

Es quaakt die ganze Nacht tief in unsere Träume hinein, die sich in Alpträume verwandeln und die paar Stechmücken fingen wir erst gar nicht mehr an, ins Jenseits zu befördern. Hätte sich nicht gelohnt – immerhin fingen wir an, die Frösche als Freunde zu betrachten, leben sie doch von Mücken. Aber was nützt uns das: in unserem Zelt wollte keiner von ihnen ans Werk gehen.

Am Morgen wurden wir laut geweckt von einer männlichen Stimme, die auf französisch etwas schrie, was sich anhörte, wie Monsieur, Camping, interdit !!!

Geistesgegenwärtig schauten wir mit übernächtigten Gesichtern aus dem Zeltschlitz heraus und sahen: einen Polizisten und der hatte tatsächlich ein Gesicht wie ein Frosch !

Mit der Harley aus dem „Weißen Bären“ fliegen

Es wummern die Boxen schreiend
AC/DC aus sich heraus – lassen Beine vibrieren
und zwischen den Klängen und alten Bieren
kommt sie reinschwarwenzelt
in der schwarzen Lederjacke – blond
mit einer Harley Davidson am Arm
deren Auspuff noch lauter knattert als AC/DC.

Mit einem Ruck löscht sie Motorengeräusch
und lehnt sich lässig an die Theke.
Schaut einmal in die Runde zu später Stunde
und entdeckt den Bärenkönig auf dem Thron.
Der Barhocker fällt um, als er steigt herab
um sich zu nähern ihrem roten Munde
mit nikotingeschwängerter Zunge und
braunen Schlieren auf der kranken Lunge.

Sie macht nur eine Handbewegung –
schiebt den Bärenkönig einfach dorthin
wo die Tür ist und schreit lauter noch
als alle Boxen auf einmal „Eine verdammte
Runde für alle Leute hier im Saal !“
Und dann schiebt sie sich den Platz
zurecht den sie nun braucht zum Tanz
und zu Luftgitarrenklängen wackelt
sie mit den Hüften lange bis zum Morgen
bis auch das letzte Altbier wird schaal.

Mit Wummern, Getöse und Auspuffknallern
fliegt eine Harley am frühen Morgen
durch eine Altstadtkneipentür heraus –
entgegen den Ufern des blauen Rheines.
Sie und die Harley sind nun wieder Eines
und setzen sich ab an die Meeresgestaden,
genießen das Morgenrot und die Möwen
und mit einem leichten Ruck geht es in die
grünen Wellen um in herbstlichen Sonnestrahlen
ein allerletztes Mal mit Luftgitarre und Harley
ausgiebig und sanft einfach nur zu baden.

Eiskristalle

Unter dem weissen Raureif am Morgen
liegt unschuldig müde das Wiesengrün
und lässt sich gerne ein wenig wärmen.
Vielleicht denkt es oft voller Sorgen
an den Sommer, wenn Kühe und Schafe
noch leicht benommen vom Schlafe
über seinen Bauch ihre Bahnen zieh’n.

Der lustige muntere Wiesenbach
ist seit November schon zugefroren.
Sein Murmeln macht eine Winterpause
und über seinem glitzernden Bauch
hängen Eiszapfen von den Ufern herab
und glitzern nach uraltem Weltenbrauch
glatt und kalt dem Jahresende entgegen.

Eine wunderschön geformte Eiszapfenfrau
deren Eiszapfenmann erst kürzlich erfroren
lässt sich von ihren kalten Tränen erregen
und viele neue Eiszapfen werden geboren.
Die funkeln gar prächtig im Sonnenlicht
und lilarotgolden im Vollmondenschein
wird jede Eiszapf’träne ein neuer Anfang sein.

Blüten im Wind

Mein Kind, sieh’ nur, wie im Wind

die bunten Blüten zum Himmel fliegen !

Ob zwischen den weißen Wolken

sie einem Engel sich setzen aufs Haar ?

Mein Kind, hör’ nur, wie im Sturm

grüne Blätter geheimnisvoll rauschen !

Ob sich die Vögel im Rhythmus wiegen

wenn sie den Baumliedern lauschen ?

Mein Kind, fühl’ nur, wie im Schnee

Zweige und Knospen zugedeckt sind !

Still ruht der Baum im kalten Winter
 
freut sich so sehr auf den Frühlingswind.

Mein Kind, sing’ mit mir ein Lied –

von der weiten unergründlichen Ferne !

Von Liebe die dich schützend umhüllt,

wenn über dir funkeln die Sterne…

(c) Catthmary
 

Wenn Hasenohren wackeln

Lilly war bei weitem nicht prüde – aber mit den Männern hatte sie es in den letzten Jahren nicht mehr so sehr. Bis er kam – der Osterhase…

Nach dem Auszug ihres Mannes, der seine grosse Liebe entdeckt hatte, lebte Lilly alleine in ihrem kleinen Häuschen mit Garten im hohen Norden an der ostfriesischen Küste. Sie war nun schon Mitte fünfzig und seit zehn Jahren hatte sie keine Umarmung mehr gespürt von einem Mann und war dabei, sich zu entschliessen, niemanden mehr an sich heranzulassen, so frustriert war sie von der Männerwelt.

Neben ihr im Nachbarhaus der Mann machte es ihr auch nicht gerade leicht. Alleine lebte er zwar, aber er hatte viele Freunde, die an den Wochenenden häufig zu Gast waren und dann ihre Musikinstrumente auspackten, um bis tief in die Nacht hinein irische Sauflieder zu grölen oder noch schlimmer, die traurigen Songs von Leonhard Cohen. Die konnte Lilly überhaupt nicht ab, weil sie sich dabei fast die Seele aus dem Leib weinte. Sie fing langsam an, diesen Mann zu hassen, der es schaffte als alleine lebender Mitfünfziger seinem Leben noch so viel Freude und Musik abzugewinnen. Nicht, das sie das auch gerne gehabt hätte – beileibe nicht. Aber unverschämt und rücksichtslos war er schon !

Dieser Nachbar war allerdings nicht nur im musikalischen, sondern auch im esoterischen Bereich aktiv. So interessierte er sich mit zunehmendem Alter immer mehr für die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg und fing an, in seinem Haus Seminare zu diesem Thema abzuhalten. Aus nah und fern kamen die Teilnehmer angereist und tanzten im Haus des Nachbarn den Giraffen- und den Wolfstanz. Bei beiden Tänzen ist es üblich, sich die entsprechenden Ohren auf dem Kopf anzubringen um nachzuspüren, das man entweder als Giraffe im sanften oder als Wolf im aggressiven Modus ist.

Lilly hatte von gewaltfreier Kommunikation noch nie etwas gehört und wusste auch nicht, was an den Abenden in dem Nachbarhaus vor sich ging, wenn mal wieder einige Autos vor der Tür parkten – man aber ansonsten weder etwas sah noch hörte.

Sie freute sich auf Ostern, auf ihre kleine vierjährige Enkeltochter Friderike und kaufte schon tüchtig für die Kleine ein. Kleine Nester aus Moos bastelte sie und versteckte diese im Garten – so wie sie es als Kind kennen gelernt hatte und am Ostersonntag legte sie morgens in aller Frühe die Geschenke für Friderike in die Nester hinein.

Dann erzählte sie der Kleinen nach dem Frühstück, der Osterhase sei da gewesen – sie solle mal im Garten schauen, was er gebracht habe.

„Du Oma“, sagte die Kleine „ich muss Dir was sagen – es gibt gar keinen Osterhasen !“ Lilly war enttäuscht, hatte sich so viel Mühe gegeben mit dem Herstellen und Verstecken der Nester, mit dem Eierfärben und konnte die Tränen kaum zurückhalten. Sollte alles umsonst gewesen sein ?

„Komm, Friderike, wie gehen mal ans Fenster und schauen in den Garten – vielleicht sehen wir den Osterhasen ja doch“, sagte Lilly ohne grosse Hoffnung in der Seele, das das wirklich eintreten könne.

Dann stand sie mit Fridericke am Fenster und wie zufällig fiel der Blick der beiden auf das grosse Fenster im ersten Stock des Nachbarn.
Dort waren am Fenster fein säuberlich nebeneinander aufgereiht jede Menge Giraffenohren zu sehen. Die dazugehörigen Besitzer sassen nebeneinander auf Stühlen im Seminar des Nachbarn zur Gewaltfreien Kommunikation und lauschten andächtig einem Vortrag über „Kommunikation von Herz zu Herz“. Der war so spannend und herzergreifend, dass die Zuhörer alle ihre Giraffenohren beim Zuhören aufgesetzt hatten, um so nochmal in sich selbst nachspüren zu können, wie friedlich sie demnächst den Menschen gegenübertreten würden.

Von weitem sah es allerdings so aus, als sässen in dem Raum grosse Hasen, deren Ohren nun mit den -Spitzen zu dem Fenster hinauslugen. Auf die Ferne konnte ein kleines Mädchen am Ostersonntagmorgen nicht unterscheiden, ob es sich bei den leicht wackelnden Ohren um Hasen- oder Giraffenohren handelte, zumal es noch nie eine Giraffe aus der Nähe betrachtet hatte.

„Schau, mal Omi, schau mal ! Da sitzen die Osterhasen und wackeln mit den Ohren“ – rief sie und zog die Oma aufgeregt am Arm. Und richtig, nun erkannte auch Lilly, das sich im Nachbarhaus offensichtlich eine Hasenschule befand – die Brille hatte sie in jenem Moment nicht auf der Nase – und sie war einfach nur verblüfft.

Hatte sie den Nachbarn immer unterschätzt ? War er gar nicht so grob, wie sie dachte ? Was ging in seinem Haus wirklich vor ? Sie wurde neugierig und zum erstenmal nach Jahren trat bei ihr der Wunsch auf, den Nachbarn näher kennenzulernen.

Sie sammelte im Garten mit Fridericke die Ostereier auf und dann nahmen beide ein besonders schönes dickes Schokoladenei und brachten es zum Nachbarn. Lilly klingelte und als der Nachbar ihr die Tür öffnete, hielt sie ihm mit strahlender Miene das Schokoladenei entgegen und wünschte ihm „Frohe Ostern“. Nun war es an dem Nachbarn, verblüfft zu sein – aber da er gerade in der Magie der gewaltfreien Kommunkation steckte, hielt er ihr freundlich die Hand hin und bedankte sich herzlich.

Vier Wochen später sang Lilly im Nachbarhaus irische Sauflieder laut mit und konnte Einfluss darauf nehmen, das Leonhard Cohen ab diesem Tag nie wieder gespielt wurde…