Kerzenschein

Kerzenschein

Es ist diese Hand, die du hältst.
Diese Hand, die du hältst und der Text, den du erzählst.
Es sind diese zwei aufmerksamen Augen,
die dich ansehen und dir glauben
und vielleicht sogar verstehen, was du sagst,
während du dich innerlich tausendmal fragst,
ob es richtig ist, was du da machst.

Es sind diese zittrigen Hände,
die nach dir greifen,
die an dir den Halt finden,
den du selbst bei dir immer gesucht hast,
die sich fest an dich klammern wie an den heiß ersehnten Rettungsring
im tosenden Ozean des Lebens
und es sind diese Worte,
die dir doch so viel zurückgeben,
Worte aus einem alten Mund ohne Zähne,
Worte aus einem Gesicht mit vielen Falten,
mit Augen, die nicht aufgehen wollen nach einer langen,
kalten, dunklen Nacht
und trotzdem
wird auch mit diesem Mund
noch manchmal gelacht.

Es sind diese Beine,
die nicht mehr richtig gehen können,
doch manchmal würden sie mit Sicherheit
am liebsten wegrennen,
hinauslaufen in die Freiheit und weg von den
vor Niedergeschlagenheit grau gefärbten Mauern.

Eingemauert zwischen Angst und Trostlosigkeit
sitzt man auf einem Stuhl
und wartet.
Man wartet auf den Morgen,
wartet auf die Nacht
und auf den nächsten Tag.
Dazwischen isst man und sieht aus dem Fenster,
sieht zurück in die Vergangenheit,
zurück in einen Garten voll Äpfel und Bäumen,
zurück in ein Leben voller Träume,
die in den neuen Lebensräumen keinen Zutritt mehr haben
und draußen bleiben,
hängen bleiben zwischen den Fensterscheiben
und ihre Botschaften in den Schnee schreiben.

Doch Momente des Glücks kehren zurück und füllen Lücken,
wenn man irgendwann begreift,
dass man immer noch brennt,
dass da immer noch dieses eine Feuer ist, diese Flamme,
wenn auch manchmal nur noch ein Flämmchen,
ein Kerzenschein.

Copyright (c) Lisa Schregle 2011

..schon älter, aber trotzdem..

  • Es waren die ersten Worte, die mich den Text aufrufen ließen. Du schreibst mit unglaublichem Potential. LG. AiKa

  • Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich mich deine Worte gerade gemacht haben. Vor allem in Zeiten innerer Leere ist das ein echter Antrieb, es trotzdem weiterhin zu versuchen. Dankeschön! LG