a train story.

Da drüben sitzt du. Und hier ich.
Und nein, wir haben uns nicht mehr angesehen.
Ich habe jeden einzelnen Blick in deine viel zu blauen Augen gemieden, weil ich es sonst nicht aushalte. Du sagst nichts dazu.
Und ich habe aufgehört zu fragen.
Der Zug fährt unbeirrt immer geradeaus, hält den Kurs auf seinen Gleisen, das gleichmäßige Rattern verrät nichts über irgendwas anderes.
Und zwischen uns wird Schweigen laut.
Der nächste Halt ist irgendwo am Meer, ich habe den Namen der Stadt vergessen.
Im Prinzip habe ich alles vergessen, was vor gestern Abend geschah.
Weil ich da erst begriffen habe, was wichtig ist. Was mir wichtig ist.
Deine Worte hallen in meinem Kopf wider.
Ich werfe einen Blick zu dir, du starrst aus dem Fenster, die Stirn gerunzelt, du hast lange Wimpern.
Zugfahren ist lang, wenn man nichts mehr zu sagen hat.
Der Blick aus dem Fenster verändert keine Sichtweisen, dafür müssten wir anhalten, doch die Dynamik lässt uns nicht. Und dein Fußgetrippel auch nicht.
Und wir beginnen lautlos zu verharren, angepasst an die Monotonie, angepasst an die ungeahnten Weiten zwischen den Schienen.
Ich weiß nicht, ob es einfacher wäre zu reden.
Buchstaben zu Worten, Worte zu Sätzen werden zu lassen.
Doch dazu müsste jemand von uns damit beginnen, etwas zu sagen und vielleicht wäre das dann dieser Neubeginn, auf den wir warten.
Die Uhr tickt. Der Zug fährt unbeirrt immer geradeaus.
Wir sind dabei, stehenzubleiben.
Hängenzubleiben zwischen dem, was niemand sagen möchte.
Aber worüber ich nicht schweigen kann (..)

(c) Text und Fotos: Lisa Schregle 2014

  • Schweigen. Wie viele Menschen sitzen sich schweigend gegenüber, im Zug, im Café, auf dem Sofa. Und wieviel gäbe es zu sagen.

  • “ Zwischen uns wird Schweigen laut.“ Das könnte auch schön sein. Ist es hier aber nicht.Wie gelähmt und es kommen nur Floskeln oder, wie hier, ein Sprachstau.
    Das Unwohlsein im Schweigen wird fühlbar beim Lesen.