Fliegendes Leben

Meeresrauschen, Sonne und ein Holzsteg. Auf diesem sitze ich.
Vor mir meine Schreibmaschine. Auf dieser schreibe ich.
Hinter mir mein Leben. Über das schreibe ich.

Möwen brechen die Ruhe mit ihrem Kreischen. Sie fliegen über mir und dem Meer. Weiße Möwen aus strahlend weißem Papier. Ein paar landen neben mir, nähern sich mir. Ich packe sie, falte auseinander und spanne sie in die Schreibmaschine. Klacken von Buchstaben mischt sich dem Kreischen der Möwen. Ist ein Blatt voll geschrieben, falte ich es wieder und lasse es fliegen. Unter die weißen Möwen mischen sich jetzt grau- und schwarzgefleckte. Gefärbt durch die Buchstaben aus meiner Hand. Ein Mensch in Tinte, geschrieben auf einer Maschine. Aus ihr fließt mein Leben und fliegt davon. Bei jedem Tastendruck verliere ich mich selbst.

Was bleibt, sind viele Möwen über dem Meer.

  • Ein sehr schönes, Bild, die Möwen als Papierflieger des Lebens.
    Etwas zu romantisch allerdings die Schreibmaschine, weil es in der Zeit unserer Technik sehr altertümlich wirkt. Da schreibt man heute doch eher mit einem Stift in ein Heft als auf einer Schreibmaschine.

    • Ich bin eben von romantischer Natur 😉

  • Ein interessanter Gedanke, sich selbst zu schreiben, bis auch der Rest von einem verschrieben ist. Wer seine Biographie schreibt, ist demnach nicht mehr da.
    Ich mag deine Geschichten, weil ich immer wieder zum länger darüber Nachdenken angeregt werde.

  • Ein Gedicht in Prosa.Vorschlag: Den vorletzten Satz streichen.Er ist nicht mehr nötig. Dann einen Absatz und dann den letzten Satz.
    Eine schöne Szene.Prägnant.

    • Guter Vorschlag, Uwe! Das nähme das etwas kitschig anmutende aus dem Text. Dann wäre er hervorragend!

  • Welchen Satz genau?

  • ES sind sogar 2 Sätze:Den Absatz enden:…und fliegt davon.Dann streichen:
    „Bei jedem Tastendruck verliere ich mich selbst. Ich schreibe bis auch der letzte Rest von mir verschrieben ist“. Dann Absatz und dann:“ Was bleibt….“

  • Done 🙂

  • Danke!