Wenn Trauer und Schlaflosigkeit müde machen …

Heute war ich müde und habe fast den ganzen Tag verschlafen. Als meine Freundin kam und gekocht hat, lag ich da und dachte:
»Ich will nicht, dass sie sich überfordert. Ich habe sie gar nicht verdient. Wieso macht sie das alles für mich? Ich bin nur noch eine scheiß Belastung.«
Morgens, bevor sie zur Arbeit geht, kommt sie vorbei. Sie ›muss‹ mich wecken, damit ich meine Medikamente einnehme. Dafür gibt es leider diese festen Zeiten, die nicht überschritten werden dürfen. Wenn ich die halbe Nacht wach war, bin ich morgens wie gerädert. Sie kocht Kaffee, bringt mir eine Tasse, weckt mich. Danach muss sie los. Gegen Mittag kommt sie vorbei, isst eine Kleinigkeit, nimmt den Einkaufszettel mit und kommt gegen Abend mit dem Einkauf zurück, kocht, spült und wartet, bis ich wieder meine Medikamente einnehme. Am Wochenende gehen wir spazieren, ich liebe den Park in der Nähe, die Erft, die Brücken, die ich bereits fotografiert habe. Als wir uns kennenlernten, sind wir auch durch diesen Park. Da war ich noch fit und brauchte keine Gehhilfe, der ich auch noch einen Namen gebe. Wie bescheuert bin ich eigentlich?

Heute ist einer dieser Tage, da bin ich wütend, verzweifelt, traurig und fühle mich überflüssiger als eine Anstecknadel. Ich telefonierte mit meinen Söhnen und machte ihnen vor, wie tough ich bin. Natürlich spürten sie, dass ich meine Laune über Bord geworfen hatte, bevor das Telefon klingelte. Ich möchte nicht, dass sie mich so erleben.

»Warum denkst du nur, du wärst uns eine Last?«, fragte meine Freundin.
Warum? Weil es so ist. Weil die Tage lang und die Nächte länger sind. Weil ich zu viel Zeit habe, darüber nachzudenken. Was weiß ich! Wenn ich am Fenster stehe und rauche, sehe ich nach unten, sehe der Asche, die ich abstreife, nach, erschlage irgendein Insekt, weil ich es nicht, an mir vorbei, in die Wohnung lassen will und denke:
»Das hätte ich sein können«, wobei ich wieder weiß, dass ich nie eins werden möchte. Reinkarnation! Ich bin noch nicht fest, in dem, was wirklich ›danach‹ passiert.
Ich glaube lieber an den Raum, an die Tür, durch die ich gehe, in deren Rahmen mein Mann auf mich wartet, wenn es so weit ist. Manchmal will ich, dass es vorbei ist, einfach so. Manchmal habe ich Angst, dass es zu schnell vorbei ist, und ich nicht mehr ankomme. Darauf habe ich keinen Einfluss. Vielleicht bin ich gar nicht so sehr im Reinen mit mir, wie ich mir glauben machen will.

Morgen weiß ich es, vielleicht.

Heute aber fühlte ich mich nutzlos in dieser Welt. Ich sah auf mein Leben zurück. Ein verrücktes Leben, ein harter Job, den ich bis zur Erschöpfung geliebt habe. Eine Ehe, in der es mal hoch und dann steil bergab ging. Dann sehe ich meinen Mann, erinnere mich an den Tag, an dem ich ihn fand. Wie er da lag, so tot, so kalt, so weit weg, dass niemand mehr ihn mir zurückholen konnte. Ich will nicht, dass mich jemand so findet. Ich möchte nicht, dass ich in jemandem diese Angst auslöse, die ich oft hatte.
»Lebt er noch, wenn ich nach Hause komme?«
Die sechs Etagen mit dem Fahrstuhl, der Schlüssel in der Tür, dann mein aufatmen: »Gott sei Dank« … bis zu diesem Tag, an dem ich nicht aufatmete, weil er nicht mehr atmete. Das tat weh, so weh, dass es keine Worte gibt, die das ausdrücken. Vielleicht ist das richtig so, denn wenn, dann würde man auch die letzte Instanz des Schmerzes in Worte zu packen wissen. Wozu?

Als ich soeben am Fenster stand, dachte ich:
»Wenn du jetzt deine Koffer packst und gehst …«, und dann war da dieses:
Lieber ein Ende mit Schrecken!