Von jeher

Abgetragene Gedanken sorgen für aufgesogene Erinnerungen, die bald welk vor sich her laufen, als wären es bloße Bilder. Noch greift Vergangenheit, noch ist sie. Bald schon wird sie sein und irgendwann teilt sie gestriges in gerechte Momente. Spulst sie wie Filme ab. Siehst sie auf Polaroid, wie große Portraits. Was immer auch sie bewirken, sie sind da und sorgen für lebendige Augenblicke, derer man sich nicht mehr wehrt. Ich stehe an einem Momenteblock und trage Steine ab, weichgespült durch Wasser, seicht und sanft. Symbol für mein Leben, dass ich tageweise verabschiede. Ich halte dran fest, ich halte dran fest. Dass wieder Montag wird, Monatsanfang, Jahreswechsel. Meine Hoffnung springt auf und ab. Von jeher ist Leben alles, was ich will. Ohne Sinn zu hinterfragen, tragen sich Reste darin auf. Moderne Poesie stirbt langsam, wie ich.

  • Schön, mal wieder von Dir zu lesen. “ Abgetragene Gedanken,“ ein großartiges Bild. Ja, wir alle hangeln uns
    zum Wochenende oder zum Montag, Jahreswechsel, aber nicht alle merken es und von denen, die es merken, finden nur wenige so einprägsame Worte für “ abgetragene Gedanken“.
    Herzlichen Gruß,
    Uwe.

    • Danke Uwe, du hast wunderbare Worte gefunden, die mich sehr freuen, glg an dich, Silvi

  • Liebe Silvi,
    ein stark emotionaler Text, und doch mit einer Lupenanalytik, die durch die Oberfläche hindurchsieht. „Gerechte Momente“, „Augenblicke, derer man sich nicht mehr wehrt“, „Momenteblock“, immer wieder haken sich die Gedanken an solchen sprachlichen Klippen in den Text und fordern ein Innehalten. So schreibst nur du, so ist jeder deiner Texte ein Teil von dir und wird weit über dein persönliches Leben hinaus die Welt verändern. So abgetragen dem Denkenden seine Gedanken erscheinen mögen, so neu und leuchtend erstrahlen sie doch immer wieder, wenn sie von außen beleuchtet werden.

    • „So schreibst nur du“, welch wunderbares Kompliment. Vielen Dank für deine Worte. LG Silvi