Glas, ich

Fünf

Ich fühle mich wie Glas. Die durch mich durchsehen, dringen auch in mich ein. Fremde Augen verführen mich, mich zu spiegeln. Plötzlich sieht jeder, was ich sehe. Sie sagen kluge Sachen. Ich höre ihnen zu. Danach zerspringe ich in tausend Scherben. Dann kommst du und klebst jedes Stück von mir in eine andere Form, schickst mich los und sagst:
»Erfinde dich neu.«
Wir reden über verwelkte Geschichten und geben ihnen andere Farben. Sie glitzern wie Modeschmuck und wir finden sie zum ersten Mal schön. In unserer Welt erschlagen Riesen keine Zwerge, da beschützen sie sich gegenseitig. Ich lehne mich an dich, sage etwas irrsinnig Blödes, aber du denkst darüber nach. Irgendwann wird auch diese Nacht enden. Du wirst wieder aus dem Fenster fallen und nie unten ankommen.
»Ich bin da«, sagst du.
In neuem Kleid, ein Unikat, schließe ich die Türen ab, lege mich aufs Sofa und flüstere:
»Scherben lügen nicht.«

  • Er hat recht mit :“ erfinde Dich neu! “ ERfinden ist immer ein Finden.
    Gruß,
    Uwe.