Von meinem Ende

Von meinem Ende

vorurteilsfrei wurde ich geboren
ein Kind der Toleranz
meine Mutter lehrte mich vieles
vor allem aber bestand
sie darauf mich in Menschlichkeit zu üben
mein Leben nur begrenzt durch die Freiheit zu führen

nun ist Mutter fort
verließ diesen Ort
gestorben an einer Krankheit
deren furchtbares Geheimnis
unergründet bleibt

stattdessen streitet sich
laut und ohne Rücksicht
ihre bucklige Verwandtschaft um mich
und während Hass und Gier
Wut und Gnadenlosigkeit
im Kugelhagel der Sinnlosigkeit
aufeinander losgehen
wird mir vor Angst ganz kalt

ich verblute und verrecke
mit all meinen Brüdern und Schwestern
Söhnen und Töchtern
neugeboren oder schon alt
und der letzte unserer Schreie verhallt

Leiden der Ritterschaft

Leiden der Ritterschaft

Auf freiem Feld und weiter Flur
in glänzender Rüstung und voller Montur
stand ein Ritter
im Gewitter.
Das war bitter…

Sommerlinde

vor dem Tor die Linde
bewegt die Äste müd

die Blätter gleich dem Kind sie
in sanfte Träume wiegt

die schwere Luft des Tages
wird kühl zum Abendwind

sanft erwacht die Hoffnung
dass Mensch sich einst besinnt

dass Mensch sich einst verzeihen mag
die Ruhe ihn durchströmt

wie Abendwind im Lindenbaum
im Herzen ausgesöhnt

Teilzeitstreuner

Liegt die Abenddämmerung
rotbäckig, müd in Flussens Bett
stürmischer Pegel bunter Geräusche
sich langsam und bedächtig setzt

Streifen wir den Tag uns ab
verstoßen Nöte, entlassen Sorgen
öffne die Arme Nacht und führe
uns Vagabunden in den Morgen

(c) Jana Engels

Ein altes Bild

Kullerrunde Augen
blicken uns an
den einfachen Koffer
in der Hand
steht er am Rande des Wahnsinns

Gesichtszüge arglos und rund
vielleicht erst vier
kaum älter als du
mein eigen Fleisch und Blut
wartet er auf den Zug ins Verderben

Jacke bestickt
zu einem Zwecke nur
auf die Reise geschickt
schlägt sich das aufgewühlte Herz
durch in die Gewissheit

Ein Bild nur
vergilbt
ist alles was bleibt
Unzählige blieben
in der Vergangenheit

Das Wissen darum
jenseits der Vorstellungskraft
Gedanken nicht zu Ende gedacht
halte ich dich fest mein Kind
und flüstere tränenblind
„Er ist doch nur ein Bild.“

© Jana Engels, 28.02.2013

Von Herzen

Abend steigt der Stadt aufs Dach
Laternen leuchten matt
Festbeleuchtung auch, hell natürlich
jetzt schon

Neben dem Kirchturm ein Stern
fest installiert, silbern
dreht sich unentwegt funkelnd im Abendlicht
denke an Dich

Nur das Nötigste, erwähntest du
vier Räder, fünf Sitze
ein Kofferraum in klein
kein Mangel an Bescheidenheit

Blick auf den Bordstein
ein nasser Fuss ganz betreten
und ich spüre sie wieder
die Löcher in Sohle und Taschen

Von Trübsal begleitet
im Kreis denkend unentwegt
ist mein Wunsch dir den deinen
nicht nur von den Augen zu lesen

Im nächsten Jahr stehen die Sterne
vielleicht besser für uns
im Moment bleiben nur du und ich
und was ich dir schenken kann ist nur

unbezahlbar

herbsttöne

allee in moll
herbst tagt
dunkle schatten

zukunft verliert sich
auf dem nebelpfad
haben wird hatten

schritte klingen
immer leiser
durchdringen das hier

mit leeren händen
im blätterregen sag ich dir
adé

Gedankenfluss

Zwischen die Ufer
lass ich sie sinken
Gedanken
schwimmend verschwinden
abtreiben
ertrinken
bis ein neuer Strom
quellwasserklar
entspringt

Weißt du?

Was?
Was weiß ich!
Was weiß ich, wer ich bin

Wer?
Will das wissen
Sieht
Narben
Blass, versteckt und doch
Nicht von der Hand zu weisen
Zeitzeugen

Löchrige Seele und doch
Gefüllt
Randvolle Zuversicht
Liebe, Sehnsucht, Angst auch
Was also?
Lebe im Einklang
Mit mir

Herbstmorgen

Aus der Wiese steigt die Nacht
Verliert sich im rauen Morgen
Träume entfliehen, Mensch erwacht
Es ist kalt geworden
Ofenfeuer ist entfacht
Wärmt die alten Sorgen
Wieder auf

Sehnsucht treibt den Blick voran
Über Wipfeln dann gespannt
In schönstem rotgoldenen Glanz
Der Hoffnung unendlich starkes Band
Sonne geht auf