Traumtaucher

Weil es so schön zu Kissas gerade veröffentlichtem Meergedicht passt, hier noch einmal der „Traumtaucher“:
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Wenn du einst satt ganz oben schwimmst,
tauch steil hinab zum Grund des Meeres.
Gegen den starken Auftrieb nimmst
du Blei, oder was ähnlich Schweres.

Denn östlich vom Korallenriff,
dort wo die Sonne aus dem Wasser steigt,
liegt ein versunkenes Piratenschiff.
Ein Skelett am Steuerrade neigt
den hohlen Schädel höflich mit der Strömung.

Versäume nicht zurück zu grüßen!
Sonst greift der Steuermann nach deinen Füßen
und hält dich, bis du wasserleichen-
blass beginnst, ganz langsam aufzuweichen.

Doch zollst zu ihm gebührenden Respekt,
weist seine dürrfingrige Knochenhand
den Weg ins Innere, entlang der morschen Außenwand,
wo einst er selbst den reichen Schatz versteckt,
im Bauch des Schiffes, unterhalb der Planken
damals, als alle Männer an Skorbut verreckt,
wo heute längst bizarr Korallen ranken.

Doch alles Gold und glitzerndes Geschmeide
bewacht ein Riesenkrake in der Tiefe.
Der lauert still, als ob er schliefe,
im Hautgewand aus bläulich weißer Seide…
Doch plötzlich fingert er mit baumstarken Tentakeln,
versucht zu würgen dich, sich festzuhakeln,
um seinen Magen auszustülpen über dir
denn so verdaut er dich, an einem Stück,
in Geifergier.

Du wirst so klug sein darauf zu verzichten,
den Schatz zu heben und an Land zu sichten.
Vielleicht entkommst du deinem Feind, mit viel viel Glück,

verschanzt im Achterdeck, hier ist es schwarz und still.
Nichts regt sich, außer trübem Krill,
durch den du schemenhaft Konturen
erahnst, erspürst – droht wiederum Gefahr?
Ein neues Ungetüm, das dieser Ort gebar?

Hier haust des Kapitäns Gespenst! Den fürchteten die Huren,
wenn er im Hafen Rum aus Wasserbechern soff,
der sturzbetrunken grausam lachte,
wenn seine Faust brutal auf´s Tischholz krachte –

Pass auf! Es neigt dein Vorrat sich an Sauerstoff!
Es wird nun Zeit, die dunklen Tiefen wieder zu verlassen,
zur Luft! Ans Licht!
Der Abgrund lässt sich nicht
auf ewig fassen!

Nimm dir die Frist, behutsam aufzutauchen.
Dann stähle dich, für deinen nächsten Ritt,
vielleicht ins Mythental, wo wild Megären fauchen,
doch diesmal, diesmal komm ich mit dir mit.

  • Herrlich!!! Ganz meine Kragenweite!
    Ein Phantasie beflügelndes Thema, ein Märchen, immer gut für Groß und Klein. ♥

  • Tolle Bilder, schöner Rhytmus, da wiegt man sich mit den Wellen des Meeres in die Tiefe und staunt, was es dort alles zu sehen gibt.
    Ich möchte auch mit!

  • Eine Ballade mit Humor und Spannung. Ach das nächste Mal kommst Du mit mir mit? Und woraus hat Du diese Mär gesponnen, etwas aus dem Seemannsgarn.
    Das Gedicht macht immer wieder Spaß, zu lesen.Eignet sich auch, ähnlich einer Moritat, zu singen. Wie wärs?

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