Umweg

Ein grauer und staubiger Wollmausflusen
erreichte erschöpft endlich Leverkusen –
er wollte sich chemisch reinigen lassen.

Sie lachten, er hätte nicht alle Tassen
im Schrank. Also Zähne zusammen beißen
und erstmal nach Meißen.

In der Altstadt

Oft saß er einsam in der Schänke
und wünschte sich, Schneewittchen tränke
einmal aus seinem Altbierbecher.
Komm, schenkt ihm noch mal ein, dem Zecher.

Handwerk und Kunst

Der die Gefäße formt, mit eigener Hand,
aus weichem Ton,
der ist ein Töpfer.

Der mit der Kelle uns daraus bedient,
obwohl sie leer,
der ist ein Schöpfer.

Kulinarische Vorlieben

Beim Skat muss
Muskatnuss.

Zu Canasta
kann Pasta.

Von der Bildung

„Kein Ausgang!“ las man innen
in rot über der Tür.
„Kein Zutritt!“ sperrte außen
ein Schild den Einlass dir.

Mit Bildung wär der Fehler
bestimmt fatal gewesen.
Doch blieb er ohne Folgen:
es konnte niemand lesen.

Die Suche nach dem verlorenen Haustürschlüssel

Verdammt, wo ist mein Schlüssel bloß?
Hosentaschen, Manteltaschen,
will noch meinen Zug erhaschen!
Küche, Diele, ich muss los!

Schatz, hast du ihn weggelegt?
Guck doch mal am Schlüsselbrett!
Natürlich! In den Flur gefegt –
da hängt er nicht… vielleicht im Bett?

beim Auszieh´n aus dem Hemd gefallen?
Nix. Im Auto liegen lassen?
Schussel man! Ich könnt mich hassen!
Raus zum Wagen, Türen knallen,

Handschuhfach, unter den Sitzen,
irgendwo muss er doch liegen,
wühle wild in allen Ritzen,
werd den Zug wohl nicht mehr kriegen.

Wieder Küche, Wohnraum, Stube,
Auf dem Boden, in den Kissen
wo hab ich ihn hingeschmissen?
Nächster Zug. Drück auf die Tube!

Es wird ernst, ich hab Termine.
War doch schon in allen Zimmern.
Deine Hektik, sagt Sabine,
kann die Sache nur verschlimmern!

Und sie rät sie mir, halt mal an!
Statt zu rasen und zu fluchen,
musst du denken und nicht suchen –
weil man so nichts finden kann.

Also denke ich und grübel
wo ich war und was ich tat
Erst war ich am Kompostkübel
dann im Keller, dann im Bad

Ich war duschen, musste mal,
schau verschämt in die Toilette
ob ich ihn im Abfluss hätte –
das wär nicht so ideal…

Sofakissen, Waschmaschine,
nirgends liegt der Schlüsselbund
Schuppen, Schreibtisch, Glasvitrine,
auch im Körbchen nicht vom Hund.

Geb die Suche endlich auf,
hilft nichts, kann nicht länger warten
ich muss ohne Schlüssel starten
setzte meine Mütze auf –

und da klimpert´s! Aus der Wolle
fällt der Schlüssel auf die Fliesen!
Wie es kam, spielt keine Rolle,
glücklich heißt es los zu düsen!

Hab am Bahnhof grad noch Zeit
mir ein Ticket zu erwerben –
oh mein Gott, ich könnte sterben,
ja, Moment, es tut mir leid,

fühle, krame, ich vergeh:
wo ist bloß mein Portemonnaie…

Ruhe vor dem Essen

Nicht langsam, nicht schnell.
Stunden zählen nicht.
Wann dunkel, wann hell
hat kein Gewicht.

Wer müde ist döst.
Wer munter ist löst
Rätsel oder besteht Abenteuer:
am Spielbrett
besiegen sie Ungeheuer.

Vom Griffbrett
streichen Töne.
Im Ofen brennt Feuer.
Ein Puzzle. Ein Buch.

Oh Muße, du Schöne!

Ein Schnuppergeruch
nach Zwiebeln und Speise.

Mein Magen knurrt leise.

Moritat von der Wasserpest

Die Wasserpest beschwerte sich
mit lauten Hasstiraden.

Sie kämpfte und sie wehrte sich
dagegen, dass beim Baden
sie immer nur nach oben trieb
und nicht wie andere Pflanzen
mit Wurzeln tief am Grunde blieb.
So hörte man sie ranzen.

Doch nirgendwo fand sie Gehör,
musste daran erkranken.
So fiel sie zwischen Hecht und Stör
in Suizidgedanken.

Die Wasserpest beschwerte sich
zum letzten Male bang –
mit einem Stein und wehrte sich
nicht mehr beim Untergang.

Die Ente und der Frosch

Die halbstarke Ente hatte nur eines im Sinn: Fliegen! Immer wieder spreizte sie die Flügel und schlug wild in die Luft und das Wasser.
„Das wird schon!“ munterte Vater Erpel die Tochter auf. Doch auf gute Ratschläge konnte die junge Ente gerne verzichten. Sie war stinksauer und schimpfte und fluchte in Worten, die hier lieber nicht aufgeschrieben werden sollen.
„Geduld“, mahnte Mama Ente, als ein neuer Versuch fehlschlug. „Lass mich in Ruh!“, schnatterte das Töchterchen böse und fluchte und schimpfte über den Teich, dass der Dompfaff im Gehölz vor Scham einen roten Hals bekam.
Den ganzen Tag ging es so, und auch den nächsten. Längst schwebten die Geschwister schon hoch über dem Teich, doch ihr wollte es einfach nicht gelingen. Wieder schimpfte und fluchte sie lautstark, doch es half nichts.
Am Abend weinte das Entlein leise, als die Eltern und Geschwister schon ihre Köpfe in das Gefieder gesteckt hatten. Das hörte der Teichfrosch und hopste heran. „Warum weinst du denn, Ente? Den ganzen Tag machst du Lärm und fluchst, und am Abend weinst du?“
„Ach Frosch“, gluckste die Ente, „ich lerne das Fliegen nicht, obwohl ich doch eine Fluchente bin. Ich fluche so gut ich kann, aber es hilft nicht. Ich werde wohl mein Leben lang im Kreis herum schwimmen müssen.“
Der Frosch blähte die Backen und quakte vergnügt: „Ach Ente, wie dumm du bist! Die Rechtschreibung ist schuld! Du hast in der Schule nicht aufgepasst. Du bist keine Fluchente, sondern eine F l u g e n t e ! Du musst dich aufs Fliegen konzentrieren, nicht aufs Fluchen!“
Damit hüpfte er ins Wasser zurück und tratschte quakend unter den Teichfröschen herum, was er eben erlebt hatte.
Das Entlein jedoch hörte verwundert auf zu weinen und schlief bald ein. Früh am Morgen dachte sie an die Worte des Frosches. Noch bevor die Geschwister erwachten, versuchte sie es. Fluchte und schimpfte nicht, sondern dachte nur ans Fliegen. Legte alle Kraft in die Flügel und startete. Es klatschte und spritzte, sie half mit den Füßen nach, rannte über das Wasser. Und dann, endlich, hob sie ab und drehte ihre erste Runde über den Teich, bevor sie überglücklich mit einer ordentlichen Bruchlandung wieder ins Wasser stürzte.
Der Teichfrosch jedoch hatte die Geschichte unter seinesgleichen in der Nacht überall herumerzählt. Noch heute lachen die Frösche im quakenden Froschkonzert, wenn sie sich von der Fluchente erzählen.

Schwarzes Gift

Manchmal sprüht mein Stift
statt blauer Tinte schwarzes Gift.

Heute beispielsweise hab ich Hunger.
Mein Kopf denkt: Kochen.
Doch schreib ich: Kotzen.
Wie angestochen
muss ich motzen.

Die Muße wird zum Rumgelunger.
Neigt sich der wolkenlose Tag,
schreib ich nicht Sonnen-
sondern Untergang.

Dein Necken, das ich sonst so mag,
bereitet mir nicht Wonnen,
sondern Munterzwang.

Ich suche Streit.
Mein Magen schreit.
Hör auf zu lachen!

Komm mir jetzt nicht für unterwegs
mit Butterkeks –
das ist ja wohl die Krönung!

Du musst mir zur Versöhnung
mindestens Schnitzel machen.