Hast du heute schon spekuliert?

Spekulanten und Zocker wo man nur hinschaut, die rote Presse und linken Wortführer glauben ein weiteres Argument gegen ausbeuterische Banken und skrupellose Investoren gefunden zu haben. Aber wissen sie überhaupt worüber sie reden? Ich bezweifle dies, denn vieles was ich dieser Tage lese ist plumpe Polemik, gerichtet an unwissende und verunsicherte Mitbürger.

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Denn: wir sind alle Zocker, wir spekulieren jeden Tag. Zocken und spekulieren regulieren unser aller Leben, nicht nur das einiger Großinvestoren und Banken.

Nehmen wir die Vollkaskoversicherung für unser Auto, die Haftpflichtversicherung für unsere Dummheiten oder die Diebstahlversicherung für unser Eigentum. Diese, wie jede andere grosse oder kleine Versicherung die wir abschließen, sind reine Spekulation, Zockerei mit unserem eigenen Geld.

Du und ich, die Versicherungsnehmer, sind beriet ein Prämie zu zahlen, um ein mögliches Risiko, einen Schaden, also etwas was uns viel Geld kosten könnte, abzusichern. Dies ist Spekulation, denn ob die Schäden im Laufe der Zeit größer sein werden als die gezahlten Versicherungsprämien, ist unklar, man könnte ja besser gestellt sein, wenn man keine Versicherung abschließt.

Der Versicherungsgeber zockt ebenso. Reichen die eingenommen Prämien aus um den Schaden zu begleichen? Wenn ja, machen diese Unternehmen einen Gewinn, wenn nein, einen Verlust, und es passiert etwas ganz normales: die Prämien steigen, weil das Risiko gestiegen ist.

Aber warum wird dann jetzt so über angebliche „Finanzspekulationen“ hergezogen? Nehmen wir die aktuell durchs Dorf getriebenen CDS (Credit Default Swaps). Die angeblich bösen Investoren kaufen hier doch nichts anderes als eine Versicherung, eine Versicherung gegen den möglichen finanziellen Verlust der entsteht, wenn Griechenland Konkurs anmelden muss. Diese CDS zu verbieten, wie manche aktuell fordern, würde doch nur bewirken, dass weniger Investoren Griechenlandrisiko kaufen würden, und Griechenland das dringend notwendige Geld nicht im Kapitalmarkt aufgenommen werden kann.

Hier polemisch zu verbreiten „Investoren wetten auf Griechenlandpleite“ ist ebenso irreführend und falsch wie die Aussage “ Ich hoffe meine Frau baut mit dem neuen Wagen bald einen Unfall“, nur weil ich eine Kaskoversicherung abgeschlossen habe.

Oder sind die Verkäufer dieser Versicherungen die bösen Spekulanten? So wird ihnen vorgeworfen die Preise in die Höhe zu treiben und den Crash zu beschleunigen. Ich kann diesen populistischen Argumenten nicht ganz folgen. Fragen sie doch einmal bei ihre Versicherung die Prämie ab, für ihren 18-jährigen Sohn mit einem vor 3 Tagen stolz erworbenen Führerschein, ihren brandneuen Audi A4 Turbo Quattro Vollkasko zu versichern, am besten bitte ohne Selbstbeteiligung. Die Prämie wird ihnen Tränen in die Augen treiben.

Nicht anderes passiert bei Griechenland, nichts anderes sind CDS, im Grunde eine recht einfache Versicherung, angepasst ans das unterliegende Risiko.

Ist also alles in Butter? Nein, die Ranch kann dennoch abbrennen. Problematisch sind weniger die Versicherungskäufer, sie verlieren ihre gezahlte Prämie so oder so, die Gefahr liegt bei den Versicherungsgebern. Wenn dieser sich vertut, und zuviel Risiko absichert zu einem zu günstigen Preis, also die statistischen Wahrscheinlichkeiten falsch einschätzt, kann die Versicherung plötzlich nicht mehr wert sein als das Papier auf dem sie steht.

Und das tut jedem der Beteiligten weh. Aber ihr Verbot zu fordern ist nichts anderes als das Eingeständnis von der Materie eigentlich nichts zu verstehen, und daher wäre es besser, es erst einmal zu verbieten.

Und warum verbieten wir dann nicht auch gleich Vollkasko- und Haftplichtversicherungen, vielleicht wir unser aller Verhalten im Leben und Verkehr dann auch etwas… sozialer?

  • Wahrscheinlich wollen nur diejenigen die CDS verbieten, die Deinen erklärenden Artikel nicht gelesen haben. Wie wär’s, wenn Du den Link an alle schickst, die genauso unwissend waren wie ich vor dieser interessanten Lektüre? 😉

  • Es geht meiner Ansicht um etwas ganz anderes: Wer ist es denn, der bei Finanzgeschäften spekuliert? Zu einem großen Teil Banken und Versicherungen. Es geht eben mitnichten um den „privaten“ Finanzinvestor, der Eigenkapital anlegt und höchstselbst etwaige Verluste trägt. Banken zocken mit geliehenem Geld (das von ihren Sparern) und Versicherungen geben Kostendeckungs- oder Renditeversprechungen ab unter der Voraussetzung, dass sie das dafür nötige Geld durch Spekulation erwirtschaften. Und das ging nun mal schief, und den Schaden hatten andere. Es geht also gar nicht darum, dass das Zocken per se verboten wird bzw. bestimmte Formen des Zockens, es geht darum, dass nicht jeder mitzocken darf. Sogar in einer Spielbank darf nicht jedermann einfach so mitmischen, da reicht es schon aus, keine Krawatte zu tragen, um nicht reingelassen zu werden.

  • dirtyharry: Banken sollen kein Geld verdienen? Na gut, dann bereite dich Mal auf 0% Zinsen für dein Sparbuch vor, und 15% Zinsen für geliehenes Geld, denn das ist die Bank, die Beamte hinkriegen könnten.

    • Lieber polemischer Bleiglass!
      Natürlich sollen Banken und Versicherungen Geld verdienen. Aber eben nicht durch hochriskante Zockerei (noch dazu mit Kapital, das ihnen nicht gehört). 0 Prozent Zinsen kriegt man im Übrigen auch, wenn das Kreditinstitut platt ist. Schlag nach bei Lehman! Ich finde zudem, dass das Bankenkerngeschäft (Kreditvergabe) genug abwirft. Falls dem nicht so ist, dann ist was faul im System. Aber richtig faul!

      • Was ausreicht oder nicht, darüber kann man lange diskutieren, leider ist unsere Wirtschaft getrieben durch ein „Geiz ist Geil“ Verhalten der Konsumenten, niedrige preise sind geil, hohe Sparzinsen auf Internetkonten sind geil, niedrige Hypothekenzinsen sind geil, niedrige Konsumentenkreditzinsen sind geil, niedrige Versicherungsprämien sind geil. Wenn da ein Anbieter, sei es Produzent, Bank oder Versicherung, mithalten will, muss er sich schon was einfallen lassen. Das Risiko zu erhöhen, die Rücklagen zu vernachlässigen, ist ein einfacher, wenn auch gefährlicher Weg.

  • Grrr. Ich hab gestern Plusminus gesehen und da haben die das mit den CDS erklärt. Und haben gesagt, dass auch Spekulanten CDS kaufen, die gar keine Staatsanleihen von Griechenland haben.
    DAS ist ja dann wohl keine Versicherung mehr! Bleiglass, Du hast mich beschummelt 😉

  • Nein, du kannst dich heute gegen das Wetter versichern, egal ob du Bauer bist oder nicht. Du kannst dich absichern wenn der DAX unter 5000 fällt, egal ob du Aktien hast oder nicht. Es wird (und muss) immer jemanden geben der anderer Meinung ist, erst dann kannst du eine Versicherung abschließen. Was schlimme Polemik ist ist den Soros dieser Welt vorzuwerfen sich mit anderen Teilnehmern abzusprechen. Dies wäre kriminell, und dies kriegen die Aufsichtsbehörden ganz schnell mit. Dagegen gibt es mehr Gesetze als nötig. Aber jeder darf seiner freien Meinung sein, öffentlich diese kundtun und Geld darauf setzen. wo kommen wir hin wenn dies unterdrückt würde. Mundtot machen um etwas falsches zu verdecken???

  • Bleiglass, wenn ich mein Risiko absichere, ist das eine Versicherung. Wenn ich kein Risiko habe, und nur meine Meinung absichere, ist das eine Wette.
    Wenn durch Wetteinsätze Versicherungsprämien ansteigen, halte ich nicht viel davon. Es mag jeder wetten, worauf er mag. Aber dadurch die Liquidität eines Staates oder einer Firma zu gefährden, finde ich unlauter.

  • Sorry, wenn alle die gleiche Wette abschließen wollen, alle auf das gleiche Pferd setzen, dann muss etwas dran sein. Wieso ist es unlauter, diese Meinung zu vertreten? Die Prämie spiegelt nur die Meinung und das Marktgleichgewicht wieder. Ich halte es für unlauter, wenn dem privaten Anleger durch verortnete Verschleierung – wie es zB das Verbot von CDS wäre – die wahre Renditebasis von Griechenland vorzuenthalten.

  • Heute morgen in Spiegel-online: Der Flugverkehr liegt brach, in Athen steht der Nahverkehr still, Behörden bleiben geschlossen: Griechenlands Gewerkschaften begehren gegen das Sparpaket von Premier Papandreou auf, das Kürzungen bei Beamtengehältern und im Sozialbereich vorsieht. Auch die Journalisten streiken.

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,682924,00.html

    Das wird die Prämien mal wieder ein paar Punkte in die Höhe treiben.

  • Hey Bleiglass!
    Du als alter Zocker: Griechische Staatsanleihen – ja oder nein?

  • Was JA oder NEIN? KAUFEN oder VERKAUFEN, das ist die Frage. Jetzt verkaufen, später billiger kaufen, oder besser nicht, sonst schimpft Songline 🙂
    Ganz im Ernst: raus aus dem Euro, ich habe Ende der Neunziger immer gesagt: es ist keine Frage wann der Euro kommt, die Frage ist wann er geht. Denn eine zentrale Währung bedarf einer zentralen Steuerung, aber dies kann Brüssel nicht leisten.

  • Ja, in dem Punkt mit der Steuerung stimme ich Dir voll zu. Dereinst beim Eurostart habe ich diese Ansicht ebenfalls vertreten. Allerdings bin ich wankelmütig geworden, weil es ja lange Zeit so aussah, als würde es tatsächlich funktionieren. Dass jetzt alles crasht, kaum da ich die Seiten gewechselt hatte, entbehrt zumindest für mich nicht einer gewissen Ironie.

  • genau. Nur: 10 Jahre sind keine lange Zeit, viele der Finanzinstrumente die uns heute um die Ohren fliegen haben eine Laufzeit von 10 Jahren und mehr, aber ~1997 hat es fast keinen gekümmert was in 2007/08 passieren könnte… so lange ist selten ein Vorstand im Amt.