Strandgespräch
„Sag es mir“, klang es plötzlich und völlig unerwartet in die Stille. Die Hand schützend vor die Augen gelegt drehte ich mich stöhnend zu ihm herum.
„Hmm?“, fragte ich noch ein wenig benommen, da er mich aus einem wohligen Wachschlaf gerissen hatte. In der Ferne rauschten die Wellen und ein paar Möwen schrien traurig. Er sass ein bisschen verkrümmt da und sah mich erwartungsvoll an, sagte aber nichts. Seufzend richtete ich mich auf.
„Was meinst du?“, fragte ich ihn schliesslich mit etwas trockener Stimme. Er zündete sich eine Zigarre an, zog kurz an ihr und drückte sie schliesslich in dem nassen Sand aus.
„Du weisst schon“
Ich schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ich weiss nicht. Was?“ Er packte sich ein paar herumliegende Kiesel und begann sie wahllos in Richtung Wasser zu werfen. Die Sonne stand schon tief und ich hätte gerne gewusst, wie spät es eigentlich war, doch ich hatte das Handy im Zimmer gelassen. Vor uns brach eine grosse Welle entzwei.
„Ich habe lange nachgedacht“, sagte er, den Zigarrenstummel wieder im Mund. „Was du gemacht hast…“, er zuckte nichtssagend und irgendwie verloren mit den Schultern.
Ich verstand noch immer nicht, worauf er hinaus wollte. In der Ferne kreischten nun die Seeschwalben. „Jaaa?“, erwiderte ich gedehnt. Er blickte mir tief in die Augen und sagte endlich: „War es eigentlich unangenehm?“, er fragte es so, als sei er sich selbst nicht sicher, ob dies die richtige Frage war. Mein Blick wanderte zurück aufs Meer.
Das rote Licht wurde von der grünlichen Wasseroberfläche reflektiert. Ein sanftes Lüftchen säuselte um meine nackten Beine, als ich antwortete. „Weniger als ich ursprünglich angenommen hatte. In Tat und Wahrheit war es mir Gleichgültig.“ Er nickte sinnierend und stütze danach das Kinn auf seine Knie, ganz so, als hätte er die Antwort bekommen, die er hatte hören wollen. Schweigend starrten wir beide auf die sanft wogende Masse vor uns und zumindest mich überkam ein Gefühl von Stolz, es bis hierhin geschafft zu haben. An diesen Strand, so weit weg von zuhause. Die Sonne näherte sich gemächlich aber hartnäckig dem Horizont. Ich zog mir all die Steinchen von den Beinen ab, die da klebten, weil ich zu lange auf ihnen gelegen hatte. Mir kam ein Gedanke. $
„Fragst du mich das, weil…?“
Er drehte sein Gesicht von mir weg, also wollte er nicht, dass ich ihm in die Augen schaute. „Genau. Es wird bald dunkel, wir sollten gehen“
Ich verstand. Es gab nichts weiter zu sagen. Er drehte seinen Kopf ruckartig wieder zu mir herum, wohl um sich zu versichern, dass ich ihm auch zustimmte.
Ich nickte ihm zu, rührte aber sonst keinen Muskel. Er tat dasselbe.
„Verdammt schade, das Ganze“, meinte er und ich nickte erneut, halb abwesend. Wieder sah er mich so seltsam an, als ob ihm all das um uns herum nichts bedeuten würde. Traurig wandte ich mich ab. Eine Ewigkeit verrann schweigend an diesem wunderschönen Ort, wo Zeit keine Rolle zu spielen schien.
„Dann sag mir doch bitte wie“, es klang fast flehend.
„Zuerst in den Rücken, dann die Kehle durch und schliesslich in den Bauch. Das war’s“
Er nickte.
Die Sonne verschwand im Meer und hinterliess rote Streifen auf dem Wasser.
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G.M