Franziska bei den Kellerratten

Franziska schnappte schwer nach Luft als sie aus den stinkenden Strudeln der Kanalisation auftauchte.
Was für ein Höllenritt! Sie musste wirklich mehr Sport treiben, wenn sie eines Tages wieder in ihre Himmelsgefilde zurückkehrte. So viel war mal klar! Sie kam sich vor wie James Bond in geheimer Mission, nur dass der immer irgendwie so fit und durchtrainiert wirkte, dass ihm kein Berg zu hoch und keine Klippe zu steil erschien.
Sie würde es mit Wolken-Rodeo versuchen, das würde ihren verweichlichten Körper schon stählen.

Sie quetschte sich durch eine kleine Maueröffnung und wurde vor lauter Dunkelheit ganz blind.
Wo war sie? Weit entfernt hörte sie leises Rascheln und Zischen und Franziska bekam es nun doch mit der Angst zu tun.

Nass und müffelnd lehnte sich Franziska an eine Wand und fühlte staubigen Dreck an ihren Händen. Sie war so einsam und ihr war so kalt. Wie sollte sie bloß ohne fremde Hilfe und den Funken eines Lichts wieder hier raus kommen?

Mit wehem Herzen zitterte sie vor sich hin und ihr kamen die Tränen. Okay, dachte sie, durch laute Schluchzer konnte sie vielleicht irgendjemanden auf ihren jämmerlichen Zustand aufmerksam machen. Im Zweifelsfall wurde ihr aber auch einfach nur etwas wärmer.

Mit heißem Kopf und roten Augen nahm Franziska plötzlich diese Stimme wahr, die ganz sanft und leise sagte:
„Hey, warum weinst du so? Kann ich dir vielleicht helfen?“

Eine Ratte!
Es war eine Ratte!
Franziska mochte keine Ratten, das waren kleine Dreckschleudern, die Krankheiten übertrugen und gemeingefährlich überall alles anfraßen. Jedenfalls hatte sie das mal so gehört. Und dass eine Ratte plötzlich hilfreich und gut nach ihrem Befinden fragte, ließ sämtliche Alarmglocken in ihr laut schrillen. Sicher eine Hinterlist! Ganz bestimmt wollte dieses Vieh aus ihr ein nettes Barbecue machen und sie bei lebendigem Leib verspeisen!

„Jetzt hör endlich auf zu weinen und sag´ doch endlich mal was! Du bist ja ganz nass, ich hole dir schnell eine Decke!“
Was für ein seltsames Wesen! Wenn Franziska ganz ehrlich zu sich war, dann musste sie feststellen, dass diese Ratte einen gütigen Gesichtsausdruck hatte und außerdem ihre Augen lächeln ließ. Sollte es wirklich so sein, dass sie ihre Vorurteile in diesem Kellerloch begraben musste und eine Ratte auf Anhieb sympathisch fand?
Dann wurde das hier ja noch zu einem ausgesprochen lehrreichen Auftrag in Sachen Himmelskommando.

„Hier, wärm dich erst mal ein bisschen auf. Wie heißt du denn?“ sagte die Ratte mit wärmender Stimme und reichte ihr einen alten Putzlappen, der offensichtlich im Reich der Ratten eine Decke darstellte.

„Ich heiße Franziska und habe einen wichtigen Auftrag zu erfüllen, aber anscheinend bin ich nur vom Pech verfolgt und finde meinen Einsatzort bei dem Schweigsamen nicht.“

„Oh! Da bist du hier goldrichtig! Ich kenne sämtliche Kellergewölbe dieser Stadt. Mein Name ist Hans-Werner, aber jeder nennt mich hier Matula. Und wenn ich dir meine Gefährtin vorstellen darf: das ist Hannelore, aber ich nenne sie nur Miss Marple, denn sie hat viel mehr Fahndungserfolge aufzuweisen als ich.“

Franziska schüttelte kräftig ihre blonden Zöpfe und glaubte nicht, was sie da gerade gehört hatte! Detektive der Unterwelt hatten sie gefunden und würden ihr hier raus helfen. Da war sie sich plötzlich ganz sicher. Denn auch Hannelore beziehungsweise Miss Marple machte einen friedlich-freundlichen Eindruck auf sie.

„Jetzt ruh´ dich erst mal aus“ sagte Hannelore „ wir besorgen dir was zu essen. Die haben hier im Finanzamt eine ganz vorzügliche Küche. Und dann sehen wir weiter.“

Kaum ausgesprochen, wieselten Hans-Werner und Hannelore los. Endlich konnte Franziska mal schlafen und sich auf ein leckeres Mittagessen freuen. Und dann würde sie mit Hilfe dieser beiden Spürnasen auch den Schweigsamen finden.

Mit diesem äußerst zufriedenstellenden Gedanken schlief Franziska ein und entschlüpfte in die Welt der Träume.

  • Franziskas Geschichte ist sehr liebevoll erzählt. Bin gespannt, wie es weitergeht.

  • Aber Franzi, spätestens seit Ratatouille lieben wir Ratten doch!
    Dieses ist meine erste Franziskageschichte und ich mag sie, muss die anderen Geschichten auch noch lesen! Wie geht’s weiter???

  • Da könnte ja glatt ein Kinderbuch draus werden! Sehr nette Erzählungen.