Hau weg

Draußen brüllt mir die Sonne ihre fünfunddreißig Grad entgegen.
Es ist Sommer, endlich Sommer!

Und mir ist kalt. So kalt.

Wie sang der Maffay noch?
„Und es ist Sommer, das errrrste Mal im Leben…“
Schnulze!
Und dennoch habe ich mich mit der neu aufgenommen Version bestens arrangiert. Der Mann gibt ein Lebensgefühl wieder. Eins aus dieser Zeit, wo man nicht wohin wusste mit all den Gefühlen und Sehnsüchten und Bedürfnissen, die ganz tief in einem selbst um Hilfe schrieen und sich der Mund nicht öffnen konnte, um diesen Schrei in die Welt zu entlassen.

Doch manchmal frage ich mich, ob sich dieser Hilfeschrei nicht immer mal wieder in einem selbst wiederholt.
Im Laufe eines langen Lebens.

Wie schrieb heute jemand in einer Mail?
„Sind wir nicht alle inzwischen so drauf, dass wir einen Hau weg haben?
Aufgrund all unserer Erfahrungen?“

Hau weg.

Was heißt das denn im Klartext?
Hau weg die Scheiße?
Hau weg im Sinne von: wir sind doch alle ein bisschen bluna?

Na und?

Mir wird immer noch kälter.
Und das in der ersten großen Hitzewelle des Jahres.

Jetzt erst merke ich, wie sehr du mir fehlst. Was du mir bedeutest in all den Monaten, endlosen Wochen, Tagen, Minuten und Sekunden, die wir umeinander rum schleichen, uns ineinander verkeilen, uns wieder los lassen, um erneut übereinander herzufallen. Jetzt erst. Immer dann, wenn es augenscheinlich zu spät ist, noch irgendwas an den Tatsachen zu ändern, die man sich selbst erschaffen hat. Jetzt erst. Doch schon.

Bluna.
Hau weg.

Tränenstau entlädt sich.
Wortstau bildet sich.

Hau weg den Sommer.
Ob nun das erste oder das letzte Mal im Leben.

Scheiß Sommer!

  • Fluchen hilft in solch einem Fall! Dies ist ein literarisches Fluchen, das mir sehr gefällt! Der sich entladende Tränenstau wird zu einem Sommergewitter.

  • Immer wieder nimmt man sich vor, seinen Hau wegzuhauen. Stattdessen haut man den Kerl weg. Und dann den Sommer.
    Gut beschrieben!