Slam und ich

Deutsche Meisterschaften in meiner Stadt.
Ja, da muss ich doch hin.
Mir Literatur-Pop angucken.
Mich sowas von amüsieren, dass die Schwarte kracht.

War doch letztens auch so.
Bei der Poesieschlachtpunktacht.
Kann doch nicht so schwer sein.
Trotz aller Lustlosigkeit.
Da sind dieser und jener.
Jau, da geht richtig was ab.

Welt der Worte.
Gerapt.
Gepogued.
Gehottet.

Flott, das.

Wenn die da oben nicht alle so farblos klamottet wären.
Wieso tragen Studenten der Neuzeit schon Rentnerbeige bis Großstadtgrau?
Kann mir eh keiner erklären.

Altersklasse weit unter mir.
Der Titelverteidiger gibt alles.
Aber mir bei Weitem nicht genug.

Alles stereotyp.
So durchschaubar.
So unwunderbar.

Und da kommt der Lokalmatador meiner Stadt.
Kapuze in der Stirn.
Spricht über die große Depression.
Und wie scheiße das Leben eben ist.

Nerv getroffen.
Den vorne in der Stirn.
Falls es da einen gibt.
Also einen Nerv meine ich.
Muss aber irgendwie.
Kommt in der Herzgegend an und lässt mich unkontrolliert Bier trinken.

Der wird Erster des ersten Halbfinales.
Wird wohl am nächsten Tag untergehen.
Die Nummer mit dem Scheißleben zieht nicht immer.
Auch wenn das immer so weiter geht.
Also das Scheißleben meine ich.

Beim nächsten Slamer steht so ein Typ in graubeige mit Schiebermütze vor mir und raubt mir den Atem.
Heyho, der ist froh.
Der freut sich.
Und jedes Mal wenn er die Arme hebt, denke ich: lass die Arme unten, du stinkst.
Aber der klatscht weiter.
Warum klatscht der an Stellen, die ich voll für den Arsch finde?
Und warum klatscht der, wenn der bei jeder Armbewegung Stinkbomben streut?

Arschloch, denke ich.
Er ist ein stinkendes Arschloch, der von nix eine Ahnung hat.
Denke ich so.
Stimmt wahrscheinlich nicht.

Und für den Gedanken gibt es dann noch mal eine Flasche Bier, die nicht schmeckt und eine Zigarette, die doof qualmt.
Gehe ich eben.
Zieh´ mir mitten in der Nacht Pommes mit Mayo rein.
Denke an den Regener, der da kräftig besingt, dass die böse und heiß ist.
Also die Mayo, meint der Regener.

Aber das Leben ist doch sowieso scheiße.
Darauf einen Grappa zur Nacht.
Der das Fett in meinem Körper aufsaugen soll.
Und letztendlich nur bewirkt, dass ich endlich müde werde.

Leben ist scheiße.
Und ich bin mittendrin.
Und der nächste Slam findet ohne mich statt.
Die Welt funktioniert auch ohne Popart.
Scheiß auf die Mayo.
Die ist sowieso böse und heiß.
Meint der Regener.

(Ein bisschen inspiriert durch das Lied „Kopf aus dem Fenster“ von Element of Crime)

  • Nach so einem Slam kommst du besser zu unserer Lesung nächsten Sonntag, die wird besser 😉

    Den Text habe ich gerne gelesen.

  • Das passt zu irgendeinem Kleinstadt-Slam, aber deutsche Meisterschaften? Hab ich mir ganz anders vorgestellt, aber ich wäre wahrscheinlich zu einem ähnlichen Gedicht gekommen, wenn ich dabei gewesen wäre.