Serum des Lebens

Ivan fuhr mit seinem Truck durch die finstere Nacht in dieser Einöde. Wie lange würde es wohl dauern, bis er an einem Haus oder einer Tankstelle vorbei kommen würde, fragte er sich. Er schaltete das Radio ein, um bei Laune zu bleiben. Leise ertönte Country Musik aus dem Lautsprecher, welche ihn schläfrig machte. Zu lange sah er kein Auto auf der Strasse und für seine Augen war es ein Schock, als ihm ein Auto mit großer Geschwindigkeit entgegenfuhr. Die Scheinwerfer blendeten ihn so, daß er kurz auf die andere Straßenseite ausscherte. Es war Zeit, einen Standort für die Nacht zu finden. Er haßte diesen Job bei Pyro, eine zwielichtige Gestalt, die Illegale beschäftigte. Er beutete die Leute aus, gab ihnen nur einen Mindestlohn, ohne Versicherung, wohl gemerkt, aber wer illegal hier war, darf nicht wählerisch sein. Für einen kurzen Moment schloß Ivan die Augen, als etwas gegen den Truck prallte.

Es dauerte über zwanzig Jahre, bis das Projekt „Eternity“ so weit war, um es in die Tat umzusetzen. Die Experimente dazu, begannen als Dr. Goldstein vierzehn war. Er träumte schon immer davon, unsterbliches Leben zu schaffen. Dazu machte er Versuche an Hamstern und Mäuse. Die ersten Versuche mißlangen und die Tiere starben innerhalb einer Woche nach Erhalt einer Injektion von mutierten Zellen, die die Teilung der eigenen Zellen beschleunigten. Doch jedes Mal wurde eine andere Veränderung des Verhaltens bis zum Tod beobachtet. Nun war es an der Zeit, das Serum an einem Menschen auszuprobieren, und man hatte auch schon jemanden dafür im Visier. Dr. Goldstein lächelte vor sich hin, und freute sich bald einen Prototyp zu finden.

Ivan erwachte in einer Zelle. Erschrocken fuhr er aus dem Bett hoch, bis er merkte, daß er an Armen und Beinen an das Bett gefesselt war. Drei Infusionen waren an ihm angehängt. Er schrie so laut wie er konnte um Hilfe, doch nur ein Flüstern kam heraus. Suchend schaute er sich nach dem Hilfeknopf um, doch außer ein Stuhl und ein Tisch war nichts mehr in diesem fensterlosen Raum zu sehen. Schritte waren vom Korridor zu hören, und Ivan hoffte, daß jemand nach ihm schauen würde. Er schrie nach Hilfe, doch nur ein Flüstern kam aus seiner Kehle.

Verdammt, dachte Richard, als ihm eine Ampulle aus der Hand glitt. Der Bestand von Medikamenten wurde akribisch von Dr. Goldstein kontrolliert. Wie sollte er den Verlust einer Ampulle des Serums erklären? Er wischte die Überreste vom Boden auf und ging zum Fremden, welcher Dr. Goldstein 001 benannte, ins Zimmer. Richard holte eine Spritze aus seinem Kittel hervor und injizierte ihm diese in den linken Oberschenkel. Da seine Stimme versagte, hörte sich Ivans Schmerzensschrei wie ein Krächzen an und er zappelte wild im Bett herum, so weit seine Fesseln es zuließen. Richard ging aus dem Zimmer und verriegelte die Türe. Einen Moment war es still und keine Schritte oder sonstige Geräusche waren zu hören, bis die Türe wieder aufging und Richard wieder zurückkehrte. Er löste die Fesseln und befeuchtete ihm die Lippen mit ein bißchen Wasser. Dann ging er wieder und Ivan hörte, wie Richard verschwand ohne nur ein Wort mit ihm gesprochen zu haben. Ivan mußte unbedingt herausfinden, wo er war. Er hatte den Verdacht, daß es kein gewöhnliches Krankenhaus war, und er wußte auch nicht, was ihm fehlte. Er versuchte aufzustehen, doch ihm wurde sofort schwarz vor den Augen und er ließ sich ins Bett fallen. Die Türe kam ihm so weit weg vor, doch aufgeben wollte er nicht. Vorsichtig stand er auf und stützte sich am Invusionshalter, doch das war gar nicht leicht. An der Türe angekommen, rüttelte er am Türknauf, doch die Türe ging nicht auf. Er hämmerte mit seinen Fäusten so fest an die Türe, daß Dellen entstanden. Doch niemand wurde darauf aufmerksam. Als er sich nochmals im Zimmer umschaute, sah er die Kamera an der Decke. Er wurde beobachtet. Nun wußte er, daß er hier so schnell wie möglich verschwinden mußte.

Richard saß vor dem Monitor und sah, daß Ivan aufgestanden war und einen verwirrten Eindruck machte. Er wartete ab, welche weiteren Reaktionen er aufweisen würde. Er wußte nicht, was sich genau verändern würde, aber er wies ähnliche Merkmale auf, wie die seinen. So dachte er über sein bisheriges Leben nach.
Richard verlor sein Leben vor fünfzehn Jahren, als er für Dr. Goldstein angefangen hatte zu arbeiten. Dr. Goldstein suchte damals einen jungen Mann, der mit ihm nach Peru fliegen sollte, um eine Wurzel im Dschungel zu finden, die wie ein Jungbrunnen für Menschen wirken sollte. Als sie mit ihrem Kleinflugzeug in Lima starteten, stürzte das Flugzeug in den Bergen ab. Es vergingen drei Tage, bis Einheimische Dr. Goldstein und Richard fanden. Da sie wieder zu Kräften kommen sollten, haben die Einheimischen Kräuter und Säfte verabreicht. Der Heilungsprozeß ging bei Richard schnell voran, doch bei Dr. Goldstein veränderte sich sein Charakter zunehmend. Vom netten Mann wurde er zu einem manischen Fanatiker. Als sie wieder von Peru zurückkehrten schloß Dr. Goldstein sich oftmals tagelang im Labor ein und machte verrückte Experimente. Er teilte seine Aufzeichnungen mit niemanden und Richard hätte nur zu gern gewußt, was er denn genau machte. Richard wurde nur mit Botengänge oder Archivierungen beschäftigt, alles andere war für Dr. Goldstein zu
riskant. Eines Tages schlich er in Dr. Goldsteins Labor, als dieser schnell eine dubiose Lieferung entgegennehmen mußte, schlich er gerade schnell genug in das Labor, bevor die Türe wieder ins Schloß fiel. Es brodelte und es roch nach Terpentin. In Käfigen wurden Ratten, Mäuse und Totenkopfäffchen gehalten. Die Tiere sahen lethargisch und todkrank aus. Sie sahen ihn durchdringend an, doch er wußte nicht, wie er ihnen helfen sollte. Er merkte nicht, daß Dr. Goldstein wieder zurückkehrte, bis die Türe zugefallen war. „Was tun Sie hier? Haben Sie eine Befugnis?“, fragte Dr. Goldstein. Richard wußte nicht, was er machen sollte, und rannte zur Tür, doch Dr. Goldstein holte ihn ein und packte ihn am Hals. Es kam zum Kampf. Glas fiel zu Boden, Flüssigkeiten liefen aus und die Schreie der Tiere waren unerträglich. Plötzlich spürte Richard einen Stich, gefolgt von einem stechenden Schmerz, der durch den ganzen Körper floß. Er verlor die Kontrolle seines Körpers und ging zu Boden. Drei Wochen später wachte er in einem sterilen Raum auf. Er wußte nicht, wo er war, denn das Zimmer kam ihm nicht bekannt vor. Er veränderte sich. Dr. Goldstein beantwortete keiner seiner gestellten Fragen, wo er war, was mit ihm passierte oder wann er nach Hause gehen konnte. Mit der Zeit wurde ihm bewußt, daß er nicht mehr nach Hause zurückkehren würde. Dr. Goldstein hielt ihn gefangen, aus Angst, er könnte seine Experimente verraten. Das Labor von Dr. Goldstein gab es in der Zwischenzeit nicht mehr. Er hatte ein altes Lagerareal zu seinem Institut gemacht, wo er Richard gleich nach dem Vorfall überführte. Als er sich an den Dämmerzustand während des Tages gewöhnte, konnte er sich im Areal frei bewegen. Nachts ließ ihn Dr. Goldstein frei. Zuerst durfte er sich nur ein paar Meter vom Areal entfernen, später immer weiter bis in umliegenden Wohngebiete und Städte. Des Nachts wurde er wach, fühlte sich unbesiegbar stark, seine Muskeln spannten sich an und seine Sinne wurden scharf. Er konnte es Kilometer weit riechen, wer das Enzym in sich trägt und ihn unsterblich und unverwundbar machen würde. Er jagte sein Opfer, bis er es hatte und saugte sein Blut aus.

Dr. Goldstein notierte, daß die Behandlung durch das Serum seit fast einem Jahr noch nicht die gewünschte Reaktion bei dem Versuchsobjekt 001 hervorrief. Seit ein paar Wochen lag und saß 001 stets in derselben Ecke, rührte die Mahlzeiten nicht an und starrte ins Leere. Er überlegte sich schon, wie er 001 eliminieren konnte. Richard riß ihn aus den Gedanken. Beide starrten auf den Monitor und beobachteten ihn. Dr. Goldstein zoomte die Kamera auf seine Augen, die blutunterlaufen und leer waren. Seine Haut war fast durchsichtig und man konnte jede Ader seines Körpers sehen. Seine Haare fielen aus und seine Sinne waren geschärft. Richard hatte fast Mitleid, aber was konnte er schon tun. Er wußte immer noch nicht, was das Ziel des Experiments sein sollte, aber wußte, daß es nichts Gutes bringen würde. Er haßte Dr. Goldstein, für das was er aus ihm gemacht hat. Er konnte nicht mehr zurück in die Welt, wie er sie kannte, aber vielleicht 001.

Ivan starrte in das Neonlicht an der Decke. Das Licht blendete ihn, aber je länger er ins Licht schaute, desto weniger störte es ihn und er gewöhnte sich daran. Alles um ihn herum schien surreal, dabei war er es, der nicht in die Umgebung paßte. Er saß auf dem Boden und wippte mit seinem Oberkörper vor und zurück, wartend darauf, daß Richard kommen möge, um ihm eine weitere Spritze zu verabreichen. Er hörte Schritte aus der Ferne. Seine Nackenhaare stellten sich auf und seine Muskeln spannten sich an. Die Schritte waren nun ganz nah, doch sie gingen am Zimmer vorbei. Er lauschte noch einen Moment, bis das Schloß der Türe aufging. Niemand kam zu ihm hinein. Er stand auf und griff nach dem Türknauf. Vorsicht machte er auf und schaute sich im Flur um. Weit und breit war niemand zu sehen oder zu riechen. Man meinte fast, er schwebte, so schnell lief er den Flur hinunter, dabei merkte er nicht, daß Richard neben ihm herlief. „Lauf, lauf so schnell du kannst!“, flüsterte ihm Richard zu. Er wandte sich zu Richard, der mit blutverschmierten Kleidern da stand. „Nun geh schon!“, wies ihn Richard an. Ohne ein weiteres Mal zu Richard blickend, lief er aus dem Gebäude nach draußen. Verstört fand er sich auf dem Areal. Er sah, daß das Tor offen stand, das Tor zur Freiheit.

Richard ging in das Büro von Dr. Goldstein zurück. Er lag mit dem Oberkörper auf seinem Schreibtisch. Das Blut floß aus der Wunde an seinem Hals über den Schreibtisch auf den Boden. Er wußte, wie es war, jemanden zu töten und dessen Blut zu trinken, was er benötigte um unverwundbar und ungealtert zu bleiben. Aber er wußte nicht, wie es war aus Rache zu töten. Mit Abscheu betrachtete er dieses schreckliche Bild und ging weiter ins Labor, wo Dr. Goldstein immer noch Tiere gefangen hielt und weitere Experimente an ihnen durchführte. Sobald er alle laufen ließ, stürzten sie sich auf den toten Dr. Goldstein. Richard verteilte überall Brandbeschleuniger im Gebäude und zündete ihn beim Verlassen an. Er rannte so schnell er konnte davon, bis er keinen Rauch mehr sehen konnte. Noch ein paar Kilometer bis zur nächsten Kleinstadt.
Auf der Flucht, hatte Ivan intensive Eindrücke gehabt und dürstete nach Blut. Zuerst konnte er nur kleiner Tiere erlegen, dann steigerte er sich mehr und mehr und jagte nach größeren Tieren. Er war dabei völlig im Blutrausch und nichts konnte ihn davon abhalten. Doch an einen Menschen konnte er sich noch nicht wagen. Dennoch schlich er sich in die Nähe von Wohnhäusern. Am Rande einer kleinen Ortschaft, die ihm sehr vertraut vorkam. Er sah ein altes leerstehendes Haus, was er von nun an besetzen würde.

Eine Unruhe machte sich bei Hannes Wolf breit. Seltsame Morde geschahen über mehrere Jahre in der Umgebung. Die Morde konnten in keinen Zusammenhang gebracht werden, noch konnte man eine Spur zum Täter finden. Viele Bewohner zogen weg. Er war der einzige, der in dieser Strasse lebte. Als er aus dem Fenster sah, bemerkte er Licht im gegenüberliegenden Haus. Er konnte sich nicht daran erinnern, daß jemand eingezogen war. Er nahm die Taschenlampe und die Waffe aus der Kommode, die immer bereit zum Feuern war und lief hinüber. „Hallo? Ist hier jemand?“, schrie er, doch als niemand antwortete öffnete er die Türe. Es lag Zentimeter dicker Staub auf dem Boden, die Fenster waren verdreckt und der eigene Geruch eines lang unbewohnten Hauses stieg ihm in die Nase. Er konnte sich an den Bewohner des Hauses erinnern. Ein Ausländer. Er wußte nicht, wie er an das Haus kam, er war auch nur selten da. „Hallo? Ist hier jemand?“, rief er nochmals. Er spürte einen Hauch an seinem Nacken, er drehte sich um, doch niemand war da. Die Türe fiel ins Schloß. Er rannte zurück ins Freie, doch niemand war zu sehen. Als er zum Haus blickte, war es dunkel.
Jos Auto machte wieder einmal schlapp. Es war ein alter grüner Honda von ihrem Vater. Sie nahm ihre Tasche aus dem Kofferraum und stieg aus dem Wagen und lief die Strasse entlang. Ein kühler Wind wehte ihr die Haare ins Gesicht. „Hey, können Sie mir helfen?“, rief Jo dem Fremden, der über die Strasse lief. Hannes fuhr zusammen und drehte sich zu ihr um. „Bitte entschuldigen Sie, mein Wagen ist ca. 600 Meter weiter vorne stehen geblieben.“, erklärte sie. „Kommen Sie schnell
rein,“, wies er sie an und nahm sie am Arm. Verwirrt, folgte sie ihm in sein Haus. Dunkel und alt eingerichtet war das Haus. Eine Holztreppe führte zum oberen Stockwerk und die Wanduhr schlug gerade halb zehn Uhr nachts. „Setzen Sie sich.“, sagte er und setzte Wasser für Tee auf. „Wir kümmern uns morgen um ihr Auto. Bleiben Sie heute Nacht hier. Keine Angst, hier sind sie in Sicherheit.“, er hob die Hand, um anzuzeigen, daß sie sich nicht vor ihm fürchten soll. „Mein Name ist Hannes Wolf. Wie ist Ihrer?“ „Ich bin Jo, eigentlich Joceline Brückner.“ Sie reichten sich die Hände. „Was meinten Sie, hier sind sie in Sicherheit?“ Er legte ihr ein Stapel Zeitungen auf den Tisch. Die Zeitungen waren überall voll mit den grausamen Morden. „Das ist ja schrecklich! Ich hatte keine Ahnung. Ich komme nicht von hier, und so was wie blutrünstige Monster, wie es in dieser Ausgabe vom Express steht, hielt ich immer für ein Mythos. Aber jetzt glaube ich es.“ Hannes richtete ihr das Gästezimmer her, danach ging er schweigend ins Bett. Jo konnte lange nicht einschlafen. Sie fragte sich, warum Hannes hunderte Zeitungen und Zeitungsausschnitte über die Morde gesammelt hatte. Sie ging in die Küche und trank ein Glas Wasser. Sie schrie auf, als sie einen Schatten am Fenster sah. Sie hörte schnelle Schritte die Treppe hinunter kommen. Hannes stand in der Küche. „Da war jemand am Fenster. Er hat mir genau in die Augen geschaut.“ Jo zitterte am ganzen Leib. Hannes nahm sie in die Arme. „Ich bleibe hier. Es wird dir nichts passieren.“ Jo schlief nach einiger Zeit auf dem Sofa ein, währen Hannes wache hielt und das gegenüberliegende Haus im Auge behielt.

Richard hatte die Spur von Ivan aufgenommen. Er fand den grünen Honda am Straßenrand. Sein Körper geriet in Wallung, da er die Präsens von Jo riechen konnte. Nur einmal kam er dem Haus von Hannes Wolf so nah, wie diese Nacht. Er
wußte, daß er sie hatte und er wußte auch, daß Ivan sie will. Er beobachtete das Haus, denn der richtige Zeitpunkt würde schon kommen. „Richard, du hast mich gefunden.“ Ivan stand neben ihm. „Natürlich. Man erkennt den vertrauten Geruch. Wir sind eine Familie. Dr. Goldstein hat uns zu Monstern gemacht. Ich habe die Tierkadaver gefunden. Aber der Tag, an dem du einen Menschen tötest wird schon kommen…“ „Du tust immer so geheimnisvoll. Was ist mit mir geschehen?“
Langsam wurde es Morgen. Die Sonne ging auf. Hannes war im Sessel eingeschlafen. Jo erwachte, als es an der Tür läutete. Verwirrt blickte sie sich im Wohnzimmer um. Dann erinnerte sie sich, wo sie war. Sie weckte Hannes auf. Er gab ihr zu verstehen, daß er das Läuten gehört hatte, doch er machte nicht auf. „Gehen Sie nicht an die Tür.“, flüsterte er und hielt sie am Arm fest. Es wurde draußen unruhig und plötzlich waren Geräusche hinter dem Haus zu vernehmen. Schritte auf dem Dach, Kratzen an der Haustüre. Jo bekam es mit der Angst zu tun und stand dicht neben Hannes, als er wieder zu seiner Waffe griff. Draußen war nichts zu erkennen, aber sobald man meinte, es sei vorbei, fing es wieder an. „Was ist hier ist hier los, Hannes?“ „Komm mit.“, sagte Hannes und ging die Treppe hoch. „Sie werden uns in Ruhe lassen. Sie wollen uns nur ängstigen.“, sagte er zu ihr. „Wer sind die?“ Hannes führte Jo in ein Zimmer. Das Zimmer war klein. Seltsame Bilder von verzerrten Gesichtern hingen an der Wand. Leere Käfige standen überall im Zimmer herum, ein Bett und ein Schreibtisch mit lauter verstaubten Dokumente darauf. „Das ist das Zimmer von meinem Sohn, mein Stiefsohn.“ „Wow, das ist…, es ließ Jo fast erschaudern. „Ja, ich weiß. Er war ein besonderes Kind. Lebte in seiner eigenen Welt und experimentierte an Tieren. Ich dachte immer, es läge an mir, daß er so geworden ist. Er trieb seine Mutter in den Selbstmord, als sie nicht mehr wußte, wie sie mit ihm umgehen sollte. Sie wollte ihn in eine Schule schicken, was mehr einer Anstallt glich, weil sie dachte, es sei das Beste für Ihn.“ Jo durchwühlte die Aufzeichnungen, die auf dem Schreibtisch lagen. Lauter Formeln und unverständliches Gekritzel. „Er hatte großes vor.“

„Ich hatte es dir doch gesagt, du sollst jetzt nicht ausrasten!“, schrie Richard Ivan an und schüttelte ihn. „Du lügst doch, du bist nicht tot.“ „Genau so wie du.“, erzählte er Ivan, daß er eigentlich beim Flugzeugabsturz in Peru gestorben war. Seither wandelte er umher, ernährte sich von jungem Blut, das die Anforderung erfüllte ihm Kraft zu verleihen.
„Ich kann mich nicht mehr an mein vorheriges Leben erinnern. Alles wurde ausgelöscht, als Dr. Goldstein die Umwandlung vornahm und mir täglich ein Serum einspritze. Meine Neugierde brachte mich auf die Spur als ich die Aufzeichnungen und Medienberichte las, als er mich unbeaufsichtigt ließ. Du starbst, als dein Truck die Böschung hinunter fuhr und in einen Baum prallte. Du warst fast ein Jahr weg, als d u wieder zu dir kamst.“ Ivan zitterte am ganzen Leib. Er glaubte Richard nicht und schlug auf ihn ein. Ihm war nicht bewußt, wie viel Kraft er plötzlich hatte. Richard kratzte Ivan eine tiefe Fleischwunde ins Gesicht. „Wenn du mich umbringen willst, dann mußt du schon mein Blut aussaugen.“, flüsterte Richard ihm ins Ohr, als er Ivan zu Boden warf.

Eine bedrückende Stille war draußen zu vernehmen. Jo wagte einen Blick aus dem Fenster. Zu schnell für ihre Augen, nahm sie nur einen Schatten wahr, der über die Strasse gleiten schien. Die Türe fiel hinter ihr zu und Hannes drehte das Schloß.
Sie rannte an die Türe und schrie nach Hannes. Unten ging die Haustüre zu und Hannes ging ins Nachbarhaus um Ivan zu suchen. „Komm raus! Ich weiß du bist hier!“, forderte er ihn auf. Er hörte Schritte auf dem Dachboden und stieg die Treppe hoch.
„Ich weiß, du willst das Mädchen, aber du wirst sie nicht bekommen. Aber statt dessen, kann ich dir Helfen wieder in dein Leben zurückzukehren.“ „Wie willst du das machen, alter Mann? Ich weiß, was dein Sohn mir angetan hat.“ „Komm raus, dann kann ich es dir beweisen.

Nach einer Weile näherte Ivan sich der Türe, doch er schloß sie nicht auf. Gegenseitig lauschten sie gegenseitig ihrem Atem, bis Ivan blutverschmiert in der Türe stand. „Es brauchte Überwindung Richard zu töten, aber ich habe es getan.“, sagte Ivan mit bebender Stimme und fiel Hannes um den Hals. Nun war der Zeitpunkt richtig und Hannes zückte eine Spritze aus seiner Hose und stieß sie ihm in Ivans Bein. Er stieß einen Schrei aus und ging zu Boden.
Jo kletterte aus dem Fenster und hüpfte mit einem Satz zu Boden. Erst jetzt bemerkte sie den Mann, der tot im Gras in einer Blutlache lag. Aus Furcht rannte sie los und rief nach Hannes. Ivan lag krampfend da, als Hannes die Rufe von Jo vernahm. Er rannte die Treppe hinunter und riß die Haustüre auf. „Komm, ich brauche deine Hilfe, sagte er und winkte sie hinein. Jo folgte Hannes als Ihr Blick auf Ivan fiel. „Oh Gott, was ist passiert?“, fragte Jo entsetzt. „Es wird ihm bald besser gehen. Es ist ein Gegenmittel, daß sollte ihn wieder zu einem normalen Menschen machen.“ „Er hat den Mann da draußen umgebracht!“
„Er kann nichts dafür. Es war nicht seine Absicht, es war nur ein Trieb, dem er nachgehen mußte.“
Hannes und Jo brachten Ivan runter ins Schlafzimmer, wo er langsam wieder zu sich kam. Er öffnete die Augen. Jo benetzte seine Lippen mit einem feuchten Lappen. „Keine Angst, es ist vorbei.“, sagte sie. Er schloß die Augen und er fühlte seinen Herzschlag.

„Woher hast du diese Spritze?“, fragte Jo Hannes skeptisch. „Ich war der, der Egon dazu bewegt hatte. Ich wollte immer einen Menschen erschaffen, der die Zeit überdauert. Aber auch ich scheiterte. Er begann dort, wo ich einst aufhörte. Ich konnte dem ein Ende setzten, doch er konnte das nicht. Stefanie, seine Mutter, starb, als sie uns auf die Schliche kam. Wir haben ihr eine Hochpotenz der Dosis verabreicht. Daher weiß ich auch, wie man den Prozeß aufhalten kann. All die Jahre wußte ich, wer für die Morde verantwortlich ist. Aber er tat es für mich, um meine Aufmerksam und Anerkennung zu erhalten.“ Erschreckt, wich Jo zurück und wollte hinausrennen, doch Hannes packte sie bereits am Arm. Sie traute diesem alten Mann so einen festen Griff gar nicht zu, und während sie darüber nachdachte, spürte sie einen unbeschreibbaren Schmerz. Warmes Blut floß den Hals hinunter. Sie dachte, er würde sie töten, doch er ließ von ihr ab und verließ das Zimmer und ging aus dem Haus. Als Jo wieder zu sich kam, war es bereits Nacht. Außer ihr, war nur der Körper von Ivan im Raum. Sie schaute aus dem Fenster, doch es war kein Licht in Hannes Haus zu sehen. Draußen war es kühl und Jo fühlte sich schwach. Der Wind blies ihr ins Gesicht und sie nahm einen süßlichen Duft wahr. Sie bemerkte nicht, wie schnell sie rannte um den Geruch zu fangen. Hannes versteckte sich, doch wußte er, daß es nichts nützen würde. Jo würde ihn töten. Sie rannte in den Wald hinein. Sie blickte sich um, doch der Duft schien überall in der Luft zu sein. Dann hörte sie ein knacken der Äste. „Ich weiß du bist da! Zeig dich!“, forderte sie Hannes heraus. „Komm zu mir, komm und zeige mir, wie viel Macht du hast.“ Sie spürte den warmen Atem an ihrem Hals, wie es ihr ein eiskalter Schauer über ihren Rücken lief. Sie langte hinter sich, doch sie griff ins Leere. Schnell drehte sie sich um, aber niemand war da. Verwirrt stand sie da, bis sie etwas zu Boden warf. „Na, hast du Angst?“, hörte sie die Stimme von Hannes, doch sie konnte nicht ausmachen, woher sie kam. Plötzlich fühlte sie, wie warmes Blut über ihre Wange floß. Sie berührte ihr Gesicht und fand eine klaffende Wunde.

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