Mit dem Literaturschiff und KrimiautorinVal McDermid auf der „lit.cologne 2012”

Düsseldorf hat seine Kö und seine Großbaustellen – Köln hat seinen Dom und die „lit.cologne”

Und deswegen sitzen wir nun hier, an einem sehr milden Märzabend in der ausverkauften „RheinEnergie”, dem Partyschiff der Köln-Düsseldorfer Schifffahrtsgesellschaft. Aber während der „lit.cologne”, dem jährlich in Köln ausgerichtetem internationalen Literaturfestival, werden auf der „RheinEnergie” keine Parties gefeiert, sondern Lesungen abgehalten, während das Schiff gemütlich den Rhein rauf-und runter tuckert.

Val McDermid ist nicht zum ersten Mal Gast bei der „lit.cologne”, und wir sind auch nicht zum ersten Mal bei einer Lesung von ihr, aber eine Lesung auf einem fahrenden Schiff ist das erste Mal für uns und schon etwas besonderes.

Die Autorin, vom Publikum mit großem herzlichen Applaus begrüßt, wird begleitet von Michael Kessler, seines Zeichens Comedien und Schauspieler, der Teile aus der deutschen Übersetzung liest, und von Angela Spitzig, Bürgermeisterin der Stadt Köln mit Schwerpunkt Kultur und Medien, die die Moderation übernimmt.

Vorgestellt wird der neueste auf Deutsch erschienene Roman „Alle Rache will Ewigkeit” („Trick of the Dark”). „Alle Rache will Ewigkeit” gehört zu Val McDermids – die vor allem mit ihrer Krimi-Reihe um Dr. Tony Hill und Chief Inspector Carol Jordan bekannt wurde, aber auch mehrfach ausgezeichnete Einzelwerke in ihrem Repertoire vorzuweisen hat – stand-alone Krimis

Val McDermid ist – wie eigentlich immer – glänzend aufgelegt und spielt sich mit Angela Spitzig als launiger Moderatorin die witzigen, aber auch nachdenklichen Bälle zu. Sie kommt aus Schottland, aus der Bergarbeiterstadt Kirkcaldy im County Fife, schwärzestes „Macbeth”-Land, wie Frau Spitzig anmerkt. Mit 17 Jahren wurde sie als erste Schottin, die von einer staatlichen Schule kam, in Oxford am St. Hilda’s College angenommen.

Lachend erzählt sie, dass sie dort erst einmal „Englisch” lernen musste, weil ihre Kommilitoninnen ihr schnelles Schottisch überhaupt nicht verstanden. Darüber hinaus spricht sie warmherzig über ihre beiden Mentorinnen, die ihr besonders und vielen anderen Frauen in vergleichbarer Lage engagiert den Weg geebnet haben.

Ihr Aufenthalt am St. Hilda’s College ist das Stichwort für ihren neuesten Roman. „Alle Rache will Ewigkeit” spielt in großen Teilen in Oxford, seine Protagonistinnen sind ehemalige Alumnas und noch gegenwärtig lehrende Dozentinnen eines Frauencolleges. „Alle Rache will Ewigkeit” ist außerdem McDermids erster Kriminalroman, der – bis auf den bereits zu Anfang toten Ehemann einer Protagonistin – fast ausschließlich weibliche Hauptfiguren aufzuweisen hat, die auch noch zu rd. 99 % lesbisch sind.

Die Autorin hatte sich bereits mit zarten 19 Jahren geoutet. In vielen ihrer Romane kommen homosexuelle Menschen beiderlei Geschlechts als tragende Figuren vor oder wird Homophobie thematisiert. Nun also „Alle Rache will Ewigkeit” mit einer eindrucksvollen Anzahl von lesbischen Protagonistinnen, sympathisch und unsympathisch, normal und durchgedreht – und der Killer ist diesmal auch nicht der Gärtner, pardon, die Gärtnerin.

Nach dieser Einführung liest Michael Kessler den Prolog und das zweite Kapitel – meines Erachtens gut ausgewählt, weil Leser, die das Buch noch nicht kennen, noch nicht allzu viel erfahren und doch angespitzt werden, weiter lesen zu wollen. Kessler liest gut und flüssig. Da ich den Roman bereits auf Englisch und Deutsch gelesen habe, kann ich mich entspannt zurücklehnen und mich ein wenig auf das fahrende Schiff und die vorüberziehende Rheinuferlandschaft konzentrieren. Ich sehe schöne Alt- und häßliche Neubauten (die Architekten müssten dafür verhaftet werden) an mir vorbeiziehen, bald sind nur noch Wiesen und Bäume zu erkennen, im schwindenden Abendlicht.

Das Schiff wendet langsam, und auch Kessler hat seine Lesung beendet. Angela Spitzig nimmt die Moderation wieder auf. Die Autorin, die zunächst als Journalistin tätig war, erzählt davon, dass 1987 fast unbeachtet von der Kritik ihr erster Roman „Die Reportage” (aus dem später eine Reihe um die lesbische Reporterin Lindsay Gordon wurde und übrigens auch mein erster McDermid-Roman) erschien. Sie spricht vom Prozess des Ideen-Sammelns und Schreibens und wie sie die Idee von „Alle Rache will Ewigkeit” bereits seit 12 Jahren mit sich herumtrug, bis sie endlich über eine Hochzeitsszene, die sie selbst während einer Tagung in ihrem ehemaligen College beobachtet hatte, den richtigen Einstieg fand.

Val McDermid spricht auch über die Notwendigkeit, gesellschaftlich und politisch wach zu bleiben und an Veränderungen mitzuarbeiten. Ihre Bücher sind nicht explizit politisch, aber spiegeln natürlich die politische und gesellschaftliche Haltung der Autorin wider und begleiten kritisch politische und gesellschaftliche Prozesse.

Dann liest sie selbst, mit ihrem unverkennbar schottischem Akzent, aber trotzdem noch verstehbaren Englisch (hat sie ja trainiert). Auch sie liest aus einem Kapitel, das nicht zu viel verrät, den noch nicht wissenden Leser aber neugierig macht. Val McDermid hat eine kräftige, ausdrucksvolle Stimme, auch sie liest flüssig und vor allen Dingen fesselnd.

Und in der Zwischenzeit hat das Schiff angelegt, die rund 1 1/2 Stunden sind wie im Flug vergangen. Am Steg draußen warten schon die nächsten Zuhörer auf Einlass, um 21.00 h gibt es nämlich die nächste Lesung. Wir gehen aber nicht, ohne uns vorher ein Signet der Autorin geholt zu haben. Es bildet sich eine lange Schlange, aber das Warten lohnt sich. Auch Michael Kessler darf sich im Buch verewigen und dann lasse ich „To Elke (and cats)” hineinschreiben und Val McDermid fügt noch ihr „All the best” dazu.

Beschwingt über diesen schönen Literaturabend gehen wir von Bord. Die Kölner Altstadt ist mittlerweile gut gefüllt. Wir finden noch ein Plätzchen draußen und beschließen mit einem gut gekühltem Kölsch den Abend, bevor es dann zurück in das Dorf an der Düssel geht, das sich kulturell irgendwie ziemlich abgehängt hat.

P.S. „Alle Rache will Ewigkeit” werde ich demnächst einmal gesondert besprechen.

© frida 2012

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