fridas Filmtipp: „Prometheus” von Ridley Scott – natürlich in 3D

Ridley Scott wäre nicht der geniale Schöpfer des Ur-”Alien” von 1979 – meiner Meinung nach der immer noch beste Film der „Alien”-Reihe – wenn er nicht doch noch in die Versuchung gekommen wäre, Jahrzehnte später seinem Film ein Vorspiel zu gönnen, das aber ebenso als eigenständiges Werk funktioniert.

„Prometheus” enthält natürlich Versatzstücke und Hinweise, auf das, was in „Alien” kommt und geschieht, aber man muss nicht unbedingt „Alien” gesehen haben, um zu verstehen. Falls man „Alien” jedoch nicht kennt, empfehle ich, sich diesen Film im Anschluss von „Prometheus” anzusehen, um das komplette Bild zu bekommen.

Ein Wesen steht am Rande eines riesigen Wasserfalls in einer imposanten Landschaft, menschlich-nicht-menschlich, so ganz entschieden ist das nicht. Der Schatten eines sehr großen Raumschiffes kreuzt das Wesen, das einen Trank zu sich nimmt, in das Wasser stürzt und sich dort sozusagen bis in seine DNA-Stränge auflöst…

Im Jahr 2093 machen sich die Wissenschaftler Elizabeth Shaw (Noomi Rapace) und Charlie Holloway (Logan Marshall-Green) mit dem Raumschiff „Prometheus” auf, die Spuren jener Weltraumfahrer zu finden, die sie Jahre zuvor in Felszeichnungen entdeckt zu haben glauben. Beide sind besessen davon, zu beweisen, dass die Menschheit von jenen fremden Lebensformen abstammt. Und in der Weyland Company haben sie einen – wie sich später zeigt, nicht ganz uneigennützigen – Finanzier ihrer Mission gefunden.

Die Mannschaft der „Prometheus” ist eine überaus heterogene Gruppe, die nicht wirklich miteinander harmonisiert: Der pragmatische Captain Janek (Idris Elba) mit seinen Offizieren, die daran interessiert sind, dass das Schiff funktioniert und ansonsten an wenig mehr glauben.

Die Gruppe der Wissenschaftler, die aus zwei eher konkurrierenden Fraktionen besteht, den Skeptikern Fifield (Sean Harris) und Millburn (Rafe Spall) und die für ihre Überzeugung glühenden Shaw und Holloway, privat ein Paar, die eine eine softe, aber auch kämpferische Natur, von der „Alien”-Diktion vorbestimmt zu der einen, die am Ende übrig bleibt; der andere ein arroganter, von sich ziemlich überzeugter Typ, der seiner Überheblichkeit zum Opfer fällt.

Meredith Vickers (Charlize Theron) als Vertreterin der Weyland Company, kalt und berechnend, mehr eine Überwacherin und Bremserin der Mission als eine Unterstützerin.

Und der unvermeidliche, mit menschlichem Antlitz ausgestattete Android David (Michael Fassbender), eine Menschmaschine mit zwei Gesichtern, ein Diener zweier Herren, wie sich erweisen wird. David ist allerdings wie der Android Ash aus „Alien” ein wichtiges führendes Element in der Story.

Ein Funksignal führt die „Prometheus” auf einen unwirtlichen Wüsten-Planeten. Als die Wissenschaftler-Crew zusammen mit David die labyrinthischen Höhlen im Inneren des Planeten erkundigen, bricht eine Welle von Tod und Verderben über sie herein. Nicht nur, dass Shaw und Holloway erfahren müssen, dass sie in bezug auf die extraterristischen Weltraumfahrer einem gigantischen Irrtum aufgesessen sind: Jene Wesen – von denen sogar einer noch lebt – waren oder sind keinesfalls an der Menschheit interessiert, ganz im Gegenteil.

Sondern auch, dass im Schlick und Schlamm noch eine ganz andere Lebensform wohnt, wie Shaw sehr bald am eigenen Körper überaus drastisch erfahren muss – und die nichts anderes im Sinn hat, alles und jedes als Wirt zu benutzen und zu töten.

Die Crew reduziert sich rasch und im Showdown mit dem Extraterristen opfert der Captain sich und die „Prometheus”. Übrig bleiben die versehrte, aber unerschrockene Shaw, die schon längst die Zusammenhänge auf diesem Planeten verstanden hat, und der nur noch halb funktionstüchtige Android, der selbstverliebt und -vergessen fast dem Extraterristen zum Opfer gefallen wäre.

Und während Shaw sich zusammen mit David aufmacht, das Rätsel der Extraterristen zu ergründen, gebiert auf der fast zerstörten „Prometheus” der übrig gebliebene Weltraumfahrer eins der schrecklichen Aliens, wie sie die „Nostromo” über ein Jahrhundert später finden und Officer Ripley ihren einsamen Kampf dagegen aufnehmen wird.

Der Schluss von „Prometheus” ist so angelegt, dass er einerseits auf „Alien” verweist, andererseits sich aber auch für eine Fortsetzung offen hält. 1979 wusste das Publikum nicht, wohin am Ende die Reise im Raumgleiter der „Nostromo” Ellen Ripley führt – die „Alien”-Saga wurde erst 1986 von James Cameron mit „Aliens” weitererzählt. Und so hat es sich dieses Mal Ridley Scott offen gehalten, ob er „Prometheus” möglicherweise als eigenständige Saga weitererzählen will.

Und so wie Sigourney Weaver seinerzeit die Idealbesetzung für Ellen Ripley war, ist auch Noomi Rapace – die seit ihrer kongenialen Verkörperung der Lisbeth Salander gut im Filmgeschäft zu tun hat- eine würdige weibliche Hauptprotagonistin. Ihre Elizabeth Shaw ist softer, stellenweise sogar viel naiver als Ripley, sie hat eine Vorgeschichte und eine private Geschichte – aber in den entscheidenden Momenten reagiert sie flexibel und wächst weit über sich hinaus.

Es nimmt nicht wunder, dass Scott, der schon immer eine Schwäche für starke Frauen in seinen Filmen hatte, auch in „Prometheus” eine weibliche Figur als Hauptfigur und Überlebende wählt. Vickers als die zweite starke Frau im Team wird dagegen zum Verhängnis, dass sie sich nicht rechtzeitig den veränderten Verhältnissen anpassen kann.

Bezeichnend ist, dass die Männer der „Prometheus” bis auf Captain Janek eher konturlos bleiben und am Ende, wenn auch schwer beschädigt, der männliche Android überlebt, also eine Maschine.

„Prometheus” ist natürlich filmisch und technisch auf dem neuesten Stand. Sah man in der „Nostromo” noch kleine Monitore, über die in grüner Schrift endlose Zahlenkolonnen jagten und einen riesigen blinkenden Zentralcomputer, „Mother” genannt, so gibt es hier vor allem holografische Darstellungen en masse. Aber so wie in „Alien” das Raumschiff selbst als handelndes Subjekt in die Handlung mit eingebunden wurde, so ist es diesmal das den Planeten unterminierende Labyrinth als Subjekt. Folgerichtig erweist es sich am Ende als etwas ganz besonderes.

In der 3D-Version von „Prometheus” kommt das physisch Greifbare des Film besonders gut zur Geltung. Wer Angst vor schlangen- oder tintenfischähnlichem Getier hat, sollte vielleicht besser die 2D-Version wählen, sonst kommen einen die Entwicklungsstadien der Aliens mit ihren Tentakeln und kobraähnlichen Köpfen schon sehr nahe. Auch das schlussendlich voll entwickelte Alien mit seinem doppelten Gebiss ragt schon gefährlich nahe in den Zuschauerraum – so jedenfalls will es die Illusion, die uns 3D bereitet. Will sagen, dass „Prometheus” zu jener Filmkategorie gehört, die sich perfekt für eine 3D-Version anbieten.

Insgesamt ist Ridley Scott mit „Prometheus” ein würdiger und spannender „Vorgänger” zu „Alien” gelungen. Einige Handlungsstränge bleiben zwar lose Fäden oder lösen sich nicht ganz konsequent auf, aber alles in allem ist „Prometheus” ein in sich relativ stringent durchdachter Film. Wer „Alien” kennt und mag, kann sich hier auf Spurensuche begeben mit dem einen oder anderen déjà vu-Erlebnis, ohne jedoch das Gefühl zu haben, einem Klon aufgesessen zu sein. Eine Fortsetzung wäre wünschenswert.

© frida 2012

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