Dresden – (Nur) Ein Tagesausflug
Vom oberfränkischen Bad Steben – in dem ich mich zur Zeit in einer Reha-Maßnahme aufhalte – sind es nur rund 2 Stunden Busfahrt nach Dresden. Und da an Sonntagen in der Regel keine Anwendungen stattfinden und diese daher schon einmal sehr lang werden können, entschloss ich mich kurzerhand, an der Tagesfahrt nach Dresden teilzunehmen.
Für 25,00 Euro bekommt man nicht nur die reine Fahrt, sondern auch noch eine Stadtrundfahrt und einen kleinen Stadtrundgang mit einem Stadtführer, in unserem Fall einer Stadtführerin. Gegen 9.00 Uhr geht es in Bad Steben los, gegen 11.00 Uhr erreichen wir Dresden.
An der VW Manufaktur – einer Autofabrik aus Glas und Stahl, in der Roboter statt Menschen den „Phaeton”, das 100.000 Euro teure Luxusmodell von VW, zusammenbauen, vorbei durch Außenbezirke trudeln wir an der Semperoper ein, wo unsere Stadtführerin Diana zusteigen wird.
Auf der Fahrt hatte uns der Busfahrer schon verraten, dass Dresden aufgrund der Aberkennung des UNESCO-Weltkulturerbe-Titels für das Dresdner Elbtal eine rund 6stellige Summe im Jahr verliert und es daher an Geld fehlt, z.B. die durch Verschmutzung ständig nachdunkelnden Gebäude – aus Sandstein gebaut – zu reinigen. Sie müssten regelmässig sandgestrahlt werden, aber das ist sehr teuer.
Die Semperoper sieht entsprechend schon fast schwarz aus. Überhaupt ist das Gebäude zumindest von außen und für meinen Geschmack nicht so imposant, wie man gemeinhin annimmt. Man kann die Semperoper gegen Eintritt auch besichtigen, allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht, da ein Konzert gegeben wird.
Man muss die Semperoper natürlich ganzheitlich als Teil des städtebaulichen Ensembles rund um den Theaterplatz zusammen mit Zwinger und der katholischen Hofkirche sehen. Dann passt auch alles wie Puzzlesteinchen ineinander.
Wir fahren im Halbrund an der Semperoper vorbei, werfen vom Bus aus einen schnellen Blick in den Zwinger und bewegen uns am Rand der Dresdner Altstadt mit ihrer Vielzahl historischer Bauten vorbei in Richtung Dresdner Neustadt, die auf der anderen Seite der Elbe liegt.
Vorher passiert der Bus einen ausgedehnten Grüngürtel, zu Zeiten August des Starken dessen Privatgarten, die Alleen schnurgerade gezogen, gemacht für prächtige Reiter und zum langsamen Wandeln der „hohen Herrschaften”. Erst Napoléon ließ die Mauer um diese Gärten niederreißen und den ganzen Komplex für das Volk öffnen. Heute ist dieser Grüngürtel die grüne Lunge der Stadt.
Bevor wir die Elbe queren, durchfahren wir den Stadtteil Blasewitz, der von der Bombardierung verschont geblieben war. Hier reiht sich Villa an Villa, wunderschön restauriert mittlerweile, für den Normalverdiener sicherlich unbezahlbar. In früherer Zeit waren das Mehrfamilienhäuser, in denen auch Geringverdiener wohnen konnten.
Die Elbe fließt relativ sanft dahin, die Elbwiesen sind gut frequentiert. Dass eine überaus hässliche Brücke – die noch nicht fertiggestellt ist – bald dieses besondere Ensemble der Elbauen zerstören wird, ist eine kaum zu verstehende städtebauliche Sünde. Die Aberkennung des UNESCO-Weltkulturerbe-Titels wird verständlich, wenn man es selbst mit eigenen Augen sieht. Hier hat sich eindeutig die Lobby der Autofahrer durchgesetzt.
Wir durchfahren die Stadtteile Tolkewitz, ein Stadtteil, in dem sich vor allem Künstler angesiedelt haben und der wie Blasewitz zu den Villenvierteln Dresden gehört, und Loschwitz, in dem es eine Bergschwebebahn gibt. Wer jetzt an Wuppertal denkt, liegt nicht ganz so falsch, denn beide Bahnen wurden vom gleichen Konstrukteur gebaut.
Am anderen Ufer der Elbe wird übrigens auch Wein angebaut. Nicht in großen Mengen natürlich, aber offensichtlich genug für Weinfreunde, die einen trockenen Weißwein mögen.
Es geht zurück über die Elbe in die Altstadt. Der Bus entlässt uns an der Frauenkirche, hier beginnt der Stadtrundgang. Die Frauenkirche also, sicherlich eine berühmtesten evangelischen Kirchen Deutschlands. Während der Bombardierung fast völlig zerstört, in der DDR die Ruine als Mahnmal belassen, mit Spendenmitteln von 1994 bis 2005 wieder aufgebaut. Die Frauenkirche wird so stark frequentiert, dass es für touristische Besucher nur schmale Zeitfenster gibt. Aber (wie immer, wie uns der Busfahrer verrät) Diana schafft es, uns noch vor der Schließung reinzulotsen.
Innen präsentiert sich die Frauenkirche als protestantisch unüblicher barocker Prachtbau. Wüsste man nicht, dass diese Kirche evangelisch ist, könnte man sich auch in einer katholischen wähnen. Es herrscht dichtes Gedränge, Details zu erkunden ist nicht möglich. Mir ist es hier zu voll. Wer an diesem Ort Spiritualität sucht, ist hier fehl am Platz.
Vor der Frauenkirche nimmt Luther seinen Platz ein, ihm gegenüber Friedrich Schiller, der zwei Jahre in Dresden verbrachte und dort „Don Carlos” schrieb. Um die Frauenkirche herum stehen eine Vielzahl von historischen Bauten, deren Namen ich mir in der Schnelle kaum merken kann. Was mir auch hier und in anderen Straßen auffällt, ist, dass das Erdgeschoss dieser schönen Bauten und auch Bürgerhäusern, soweit sie nicht Museen sind oder öffentliche Verwaltung beherbergen, von den hochpreisigen globalen Einkaufsketten dieser Welt besetzt wird. Mindestens drei Palais sind von Hotelketten ab 5 Sterne aufwärts okkupiert. So wird erhaltenswerter öffentlicher Raum an Investoren verschachert.
Ein DDR-Relikt, das „Haus der Kultur”, dem inzwischen dahin geschiedenen „Palast der Republik” nicht unähnlich, steht auch noch. Dem „Haus der Kultur” ist jedoch kein Schicksal wie dem „Palast der Republik” beschieden, denn es steht unter Denkmalschutz und wird renoviert. So wie auch noch viele Plattenbauten, die zum Teil sehr schön renoviert wurden, in der Stadt stehen. Wo sollen die Menschen auch alle wohnen?
Durch enge Straßen geht es weiter zur Neuen Stallwache und weiter zum kleinen Schlossplatz. In nahezu jedem dieser Gebäude ist irgendwo ein Museum oder eine Sammlung versteckt. Wer nur Dresdner Museen besuchen möchte, benötigt sicherlich mehrere Tage, um alle „abzuarbeiten”. Ich verliere langsam den Überblick und ein wenig die Orientierung.
Dann ist unser Rundgang plötzlich vorbei und den Zwinger haben wir ganz links liegen gelassen. Ausgerechnet den, an den ich mich vage erinnern kann, hatte ich doch im Vorwendesommer 1989 mit Verwandten das Vergnügen, einen Kurztrip nach Dresden zu machen, bei dem wir hauptsächlich den Zwinger besucht haben.
Aber wir haben noch rund zwei Stunden freie Zeit und nach einer Stärkung in einer der „Fressgassen” in der Nähe des Elbufers möchte ich unbedingt noch den Zwinger besuchen. Der Dresdner Zwinger, ab 1709 gebaut, direkt gegenüber der Semperoper gelegen, ist nicht so ganz Fisch oder Fleisch – soll heißen, man sieht, dass er ursprünglich als Schloss geplant war, aber tatsächlich nie als solches fertiggestellt wurde.
Dennoch macht meines Erachtens genau dieses Unfertige den Reiz dieser Anlage mit seinen Pavillons, Wasserspielen und umlaufenden Gärten aus. Im Zwinger herrscht eine seltsam anmutige zwischen Barock und Rokoko chargierende Atmosphäre. Man meint, dass jede Minute irgendein Zeitgenosse aus jenem Jahrhundert um die Ecke biegt.
Darüber hinaus beherbergt der Zwinger die Gemäldesammlung Alter Meister, den Mathematisch-Physikalischen Salon, die Porzellansammlung und die Rüstkammer. Also sollte man auch hier bei einem ausgedehnteren Dresden-Besuch entsprechend Zeit einplanen.
Aber unsere Zeit in Dresden läuft nun endgültig ab. Der Bus holt uns pünktlich ab und nach zwei Stunden treffen wir wieder wohlbehalten in Bad Steben ein. Als Fazit bleibt, dass Dresden nicht nur eine Tagesreise wert ist, sondern viel mehr Zeit benötigt wird, um das Flair des „Elbflorenz” umfassend einzufangen.
Wer mehr Fotos dazu sehen möchte, geht auf diesen Link:
Kleine Anmerkung: Die Fotos wurden dieses Mal mit dem Handy gemacht und sind daher von der Qualität nur durchschnittlich.
© frida 2012
Fotos: frida
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