fridas Filmtipp: „Die Eiserne Lady“ („The Iron Lady“)

ist eine höchst sehenswerte persönliche Annäherung an eine höchst umstrittene Frau.

Ja, sie war eine „Eiserne Lady“- wie die Sowjets sie tauften – eine gepanzerte Frau, die nur so in einem rein männlichen Umfeld zu überleben glaubte: Margaret Hilda Thatcher, geb. Roberts, nunmehr 86 Jahre alt, erster und bisher einziger weiblicher Premierminister Großbritanniens, eine bis heute kontroverse Figur, deren Politik („Thatcherismus“) bis in die Gegenwart hinein wirkt und nach wie vor ebenso kontrovers diskutiert wird.

Phyllida Lloyds Film „Die Eiserne Lady“ ist nun weder eine reine Auseinandersetzung mit Thatchers Politik, noch reines Biopic. Er nähert sich Margaret Thatcher auf der persönlichen Ebene und bildet gleichzeitig das politische Umfeld, in dem Thatcher sich bewegte und das sie maßgeblich mitprägte, ab, ohne sich zwangsläufig zu positionieren.

Der politische Aufstieg und Abgang, nicht Fall, der Margaret Thatcher wird in Rückblicken aus der Erinnerung der jetzt alten Thatcher erzählt. Seit ihren beiden Schlaganfällen Anfang der 2000er Jahre leidet Margaret Thatcher an fortschreitender Demenz. Der Film setzt als Metapher für diese Demenz Thatchers schon lange verstorbenen Ehemann Denis, mit dem Thatcher in persona kommuniziert. Denis Thatcher, von Jim Broadbent als liebevoller Softie gespielt, war zeit seiner Ehe mit Margaret der stille Mann im Hintergrund, ein Mann ohne eigene politische Ambitionen, der seine Frau bedingungslos unterstützte.

Margaret Thatcher, die soziale Aufsteigerin, allein unter Männern, die den Fehler machten, sie allzu lange politisch nicht ernst zu nehmen. Die Tochter eines Kolonialwarenhändlers, eine Vater-Tochter, die in Oxford studieren konnte, hart gegen sich selbst, umso härter gegen alle, die aus ihrer Klasse stammten oder sogar noch darunter. Der Grundstein ihrer Politik, dass jeder seines Glückes Schmied ist und der Staat sich weitestgehend herauszuhalten hat, wird in jenen frühen Jahren gelegt, als sie gegen den Alte-Herren-Club, die Oxford-und Cambridge-Clique der Konservativen Partei antritt.

Und tatsächlich einen Wahlkreis gewinnt. Im leuchtend blauen Kostüm sitzt sie als einzige Frau wie ein Paradiesvogel inmitten des dunkel gewandeten Herren-Clubs, übrigens auf beiden Seiten der unterschiedlichen politischen Lager, „Unterhaus“ genannt. Sie wagt es, für den Parteisitz zu kandidieren. Sie poliert sich rhetorisch und äußerlich auf, aber auch Jahre später, schon als Premier, ist sie immer noch allein unter Männern.

Was sie nicht einmal als Problem sieht, gibt sie schon früh zu, dass sie sich unter Männern viel wohler fühlt als unter Frauen. Als Premier ist sie diejenige, die eisern alle Maßnahmen zur Senkung der Staatsquote durchsetzt, und ihre zaghafteren Kabinettskollegen fast wortwörtlich „an den Eiern“ packt. Für andere Frauen in der Politik muss sie selbst nicht viel übrig gehabt haben, jedenfalls ist nirgendwo überliefert, dass sie etwa in ihren eigenen Reihen das Fortkommen von Frauen gefördert hätte.

Ohne Thatchers Politik gutheißen zu wollen, ist es schon bemerkenswert, mit welcher Beharrlichkeit und Konsequenz sie gegen alle Widerstände ihre Politik der Deregulierung durchsetzte. Immerhin hatte sie die längste Amtszeit von allen bisherigen Premierministern, führte unter ihrem Vorsitz die Konservativen zweimal zum deutlichen Wahlerfolg. 1984 überlebte sie einen Bombenanschlag der IRA während des Parteitags der Konservativen in Brighton.

In ihre Amtszeit fielen der Falkland-Krieg – der ihr einen ungeheuren Popularitätsschub brachte –aber auch der längste Bergarbeiter-Streik der englischen Geschichte, der mit einer kompletten Niederlage der Bergarbeiter-Gewerkschaft endete und Thatcher den Vorwand lieferte, die Macht der Gewerkschaften erheblich einzuschränken. Ihr Stern sinkt mit der Einführung der sog. „poll tax“, einer Kopfsteuer, die jeden Bürger, egal ob arm oder reich, gleichermaßen trifft. Aber bevor es zum Dolchstoß durch ihre Partei kommt, erklärt sie ihren Rücktritt.

Der Film erzählt das politische Werden, die lange Zeit der politischen Dominanz und das Vergehen der Margaret Thatcher in langen Flashbacks der alten Margaret, die zunehmend Zeit und Raum durcheinander bringt. Durch die absolute Fokussierung auf die Person Thatcher benötigt solch ein Film unbedingt eine starke Schauspielerin. Und die hat Phyllida Lloyd – die bereits mit Meryl Streep in „Mamma Mia!“ zusammengearbeitet hat – in Meryl Streep gefunden.

Meryl Streep, die ich noch nie wirklich schwach gesehen habe, liefert als Margaret Thatcher eine ihrer besten Performances ab. Ein absoluter Höhepunkt schauspielerischen Könnens, das völlig zu Recht mit einem Oscar® und einem Golden Globe belohnt wurde. Komplementär dazu ist die Maske vor allem der alten Margaret Thatcher ein Meisterwerk für sich, was eigentlich auch mit einem Oscar® hätte belohnt werden müssen. Wüsste man nicht, dass sich Meryl Streep dahinter verbirgt, könnte man meinen, die wahre Margaret Thatcher hätte sich hier ein Stelldichein gegeben. In Aussehen, Haltung und Duktus und sicherlich auch in der Sprache – leider habe ich die Originalfassung nicht sehen können – eine grandios perfekte Annäherung an die politische Margaret Thatcher gelingt es Meryl Streep dennoch, hinter dem Panzer den Menschen Thatcher durchschimmern zu lassen, auch wenn das nicht zwangsläufig zu höheren Werten auf der Sympathie-Skala führt – was es ja auch nicht muss.

Ganz im Gegensatz zu den eher verhaltenen Kritiken der professionellen Filmkritik – denen „Die Eiserne Lady“ nicht politisch genug ist, obwohl ich des Öfteren den Eindruck hatte, dass vielen Kritikern der politische Hintergrund überhaupt nicht präsent ist – ist für mich „Die Eiserne Lady“ eine überaus sehenswerte persönliche Annäherung an eine nach wie vor höchst umstrittene Politikerin.

„Die Eiserne Lady“ („The Iron Lady“), GB 2011, Regie: Phyllida Lloyd, ca. 105 Minuten.

© frida 2012

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