Janosh – Profil einer Wahrheit
Nein, dies ist kein einfaches Buch. Aber wer den Schritt wagt, sich aus seiner eigenen Normalität heraus in eine Klinik für traumatisierte Kinder zu lesen, wird den Jungen Janosh niemals vergessen. Seine Klugheit ist bestechend, seine Wut verständlich, seine Verzweiflung nur allzu gut nachzuvollziehen. Janoshs Geschichte wird aus der Sicht seines Pflegers erzählt, dessen Behutsamkeit das Vertrauen und die tiefe Freundschaft zwischen beiden ermöglicht, die sie die schwarzen Tage überstehen lassen.
Mit diesem Buch hat Silvia Bredau das Kind Janosh und seinen Pfleger nachhaltig in die Herzen der Leser geschrieben.
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Klappentext:
Janosh schaute mich aus seinen großen, blauen Augen an, grinste mit einem Mal übers ganze Gesicht und lief lauthals schreiend über den Flur:
»Ich bin das Leben und ihr seid tot, ihr seid alle tot.« Er kehrte um, raste auf mich zu, blieb abrupt stehen und keuchte:
»Du auch.«
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Geheimnis! Am Wort gebrochen
»Scht!«, legte Janosh seinen Finger auf den Mund. Wir saßen auf einem Baum, der Ast schien stark genug, uns beide zu tragen.
»Was ist denn?«, fragte ich leise, während ich mich umsah.
»Still«, flüsterte Janosh, »hörst du das nicht?«
»Nein, was denn?«
»Gut«, sah er mich an und grinste frech.
Wir beobachteten die Leute, die durch den Klinikpark spazierten. Ich spürte ein leichtes Nachgeben des Astes und teilte es Janosh mit.
»Der bricht nicht«, sagte er vertrauensvoll, »du musst nur ruhig sitzen.«
Mir war nicht wohl. Janosh stellte sich hin, hielt sich am Ast über uns fest und hopste drauflos. Ich rückte näher an den Stamm ran.
»Hör auf, wir fallen sonst.«
Er setzte sich wieder, unsere Beine baumelten. Janosh fand das toll.
»Hier oben kriegen die mich nicht.«
»Die?«
»Ja«, flüsterte er, »der eine hatte Höhenangst.«
»Aha. Woher weißt du das?«
»Ich habe es gehört. Die haben gesagt, er braucht nichts fürchten, und der hat gesagt, er fürchtet die Höhe.«
»Wer?«
»Pst«, legte Janosh abermals den Finger auf sei-nen Mund, »vielleicht hören die zu.«
»Wer, Janosh?«
»Der war groß und dünn«
»Hat er dir was getan?«
»Ja«, nickte er. »Guck mal die da«, zeigte er auf eine Pflegekraft, »die hat mit einem Arzt geknutscht«, lenkte er ab.
»Was hat er dir getan?«
»Ich will hier weg«, beendete Janosh unsere Unterredung.
Auf dem Weg zurück nahm er meine Hand.
»Geht es dir gut, Kleiner?«
»Wenn ich rede, breche ich Wort«, antwortete er, »Geheimnisse verrät man nicht.«
»Ja«, stimmte ich zu, »da hast du wohl recht.«
»Daran zerbricht man, oder?«
Janosh sah mich hilfesuchend an.
»Magst du gleich baden?«
Er riss sich von meiner Hand, stürzte auf den Klinikeingang zu und schrie:
»Tauchen will ich, Blue, untertauchen.«
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