Organspende – Ich schenk Dir mein Herz
Es gibt ja Dinge, über die mag frau nicht nachdenken. Zum Beispiel übers Ableben. Wer kann ihr das verdenken? Selbst Mann schiebt ja jeden Gedanken an Gevatter Tod so lange beiseite, bis er im Sarg liegt und die Hinterbliebenen sich fragen, wo der Sparstrumpf versteckt ist, mit dem sie die Beerdigung bezahlten wollen. Demnächst ist das aber nicht mehr die alles entscheidende Frage. Demnächst ist zuerst einmal zu klären, wie viel vom Verblichenen überhaupt noch in den Sarg kommt.
Unsere Vorfahren hatten es da wesentlich einfacher. Früher, also so ganz früher, lange bevor Adenauer Kanzler war, wurde noch geboren, gelebt, gestorben und beerdigt. Asche zu Asche, Staub zu Staub. Das war der Lauf der Dinge, bis der Mensch die Medizin erfand. Danach wurde zwar immer noch gestorben, aber man hatte länger was vom Leben.
Nun hat der Mensch die bisweilen verhängnisvolle Angewohnheit, alles immer besser machen zu wollen. Darum hat er unter anderem die Transplantationsmedizin erfunden, also die Übertragung von Organen. Damit kann das Leben vieler Kranker verlängert werden. Oder besser gesagt: Könnte, denn es gibt viel mehr Menschen, die Spenderorgane brauchen, als solche, die posthum welche abgeben möchten.
Da es unmoralisch ist, auf die Organe zum Tode verurteilter chinesischer Häftlinge zurückzugreifen oder sich Nieren bettelarmer Inder zu besorgen, sollen mit der Organspende-Reform mehr Freiwillige in Deutschland gewonnen werden. Angeblich stehen nämlich 70% der Bevölkerung der Organspende durchaus positiv gegenüber, wobei nur 20% davon tatsächlich einen Organspenderausweis haben.
Darum gibt es künftig regelmäßig eine konzertierte Aktion, bei der jedem Bürger ein Brief ins Haus flattert. „Schenk mir dein Herz!“ steht darin, und wer uneingeschränkt „ja“ haucht, kommt als Leichtgewicht in den Sarg. Ein Mensch kann nämlich bis zu 8 Organteile spenden: zwei Lungenflügel, zwei Nieren, die Leber, das Herz, die Bauchspeicheldrüse und den Dünndarm, und das ganze Zeug wiegt so einiges.
Nun ist die Vorstellung, mit hohlem Bauch unter die Erde zu kommen, nicht jedem angenehm und manche lassen sich schon voller Panik „Keine Organspende!“ auf die Brust tätowieren. Die Entscheidung, was nach dem Tod mit dem eigenen Körper passieren soll, ist eine höchstpersönliche und da darf niemand reinreden. Wenn ihr mich fragt, sollte man jeden Bürger einmal fragen, ob er spenden möchte oder nicht. Zum Beispiel, wenn er sich krankenversichert. Wenn er danach seine Meinung ändert, kann er sich ja von sich aus melden. Die Befragung alle 2 Jahre zu wiederholen und die Bürger damit regelmäßig in einen moralischen Rechtfertigungszwang zu setzen, finde ich nicht gut. Aber mich fragt ja keiner.
Und so wird eine weitere Bürokratie aufgebaut. Deutschland wird amtlich geteilt in Spender und Nicht-Spender, in soziale und unsoziale, in leichte und schwere Leichen. Vielleicht werden den leichten, weil sie so sozial waren, die Beerdigungskosten erlassen. Dann braucht es wenigstens keinen Sparstrumpf mehr.
Bis bald mal
Wanda
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