Ich kann nix dafür!

Es gibt ja Menschen, die es gut meinen, aber trotzdem ein heilloses Durcheinander anrichten. So Leute wie mich, zum Beispiel.

Da wollte ich mich dieser Tage mit einer lieben Freundin treffen. „Ich komme mittags mit dem Zug!“, sagte sie. „Prima!“, dachte ich und beschloss, sie zu überraschen. Also vertraute ich mich schon am frühen Morgen der deutschen Bundesbahn an (mit einmal Umsteigen ein nicht ganz ungewagtes Unterfangen!), fuhr eine Station weiter als ihr Zusteigebahnhof, dann wieder zurück und freute mich auf ihr verdutztes Gesicht, wenn sie mich im Zug erblicken würde.

Der Zug hielt, ein Schwarm Leute stieg ein – doch meine Freundin war nicht dabei. Schockschwerenot.

Sms von mir: Bist du im Zug?
Anruf von ihr: „Ja, ich bin ganz vorne, direkt beim Fahrer.“
Der Zug bestand natürlich aus zwei gekoppelten Zügen ohne Durchgangsmöglichkeit. Und ich war hinten.
„Warte, ich komme an der nächsten Station zu dir.“

Gesagt, getan. Am folgenden Bahnhof sprang ich raus, rannte nach vorn, hechtete ins Abteil, schlug mich bis zum Fahrer durch und – fand meine Freundin nicht.
Sms von mir: Wo bist du?
Anruf von ihr: „Wo bist du???“
„Vorn beim Fahrer, aber du bist nicht da.“
„Ich stehe mal auf und winke.“
„Bei mir steht und winkt niemand!“
Sowohl sie als auch ich wurden von den Blicken der Mitreisenden durchbohrt.
Der Zug wurde wieder langsamer und ich sah unsere Chance im nächsten Bahnhof.
„Der Zug läuft gerade in XY ein.“
„Meiner ist gerade in Z.“
Mir blieb das Herz stehen!

Sie hatte es tatsächlich geschafft, die S-Bahn in die gleiche Richtung zu nehmen, in die ich mit dem Zug unterwegs war. Leider nur auf einer anderen Strecke.
Scheiß Überraschung.
„Steig aus!“, sagte ich in einem Anflug von Wahnsinn. Und wir stiegen aus. Sie in Z, ich in XY.
„Ich komme zu dir“, sagte sie und war tatsächlich in einer Viertelstunde da.

„Was machst du?“, fragte sie.
„Ich wollte dich überraschen.“
„Und jetzt?“
„Jetzt fahren wir dahin, wo wir uns treffen wollten.“
„Und warum haben wir das nicht gleich gemacht, anstatt auszusteigen???“

Irgendwie war diese Frage nicht ganz unberechtigt.
„Weil dann die Überraschung kaputt gewesen wäre!“ Ich hätte gern überzeugender geklungen.
„Du machst mich verrückt!“
Ich schwieg. Sie hat ja Recht. Ich bin manchmal nicht einfach. Aber ich kann wirklich nix dafür!

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