Zerflossener Moment
Er fand sie auf dem Bürgersteig liegend und setzte sich neben sie an die Hauswand.
„Hey“, sagte er, als habe sie ihn nicht schon längst bemerkt.
„Hey.“ Ihre Stimme klang schwach.
„Was machst du, Mädchen?“
„Das weißt du doch.“
„Sonst weinst du zuhause“
„In der Kälte tut es weniger weh.“
„Komm mal her.“
Sie rutschte zu ihm herüber, setzte sich auf und er umschlang sie mit seinen Armen und wiegte sie.
„Ich finde dich immer.“
„Ja, ich weiß.“
„Weil ich versprach, da zu sein?“
„Weil du der einzige bist, dem ich nichts erklären muss.“
Sie schwiegen.
„Du blutest“, bemerkte er.
„Ich habe mich verletzt.“
„Mädchen, mach keinen Scheiß.“
„Wen kümmert es?“
„Mich.“
Er legte seine Hand an ihre Wange und sie schmiegte sich an sie.
„Mir ist kalt“, sagte er.
Sie lachte. „Dir kann gar nicht kalt sein.“
„Doch, in mir drin.“
„Ich wärme dich.“
„Mach mal.“
„Du solltest deine Wunde versorgen.“ Er klang besorgt.
„Ich lasse sie ausbluten, es muss raus.“
„Was muss raus?“
„Das Zuviel.“
„Zähl die Momente nicht, bis wir aufstehen und gehen.“
„Ich zähle nichts mehr, ich warte nur noch.“
„Worauf?“
„Als ob du es nicht wüsstest.“
„Wir sollten noch lachen.“ Er knuffte sie.
„Ja, am Ende lachen wir immer.“
„Sind wir denn zuende?“
„Für heute, ja.“
„Geht es dir besser?“
„Weil du mich gefunden hast. Ja.“
„Ich finde dich immer.“
„Ja, ich weiß.“
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