Townships, Aids und Aufbruchstimmung
…nur einige der vielen unterschiedlichen Facetten Südafrikas..
Eine persönliche Betrachtung
Townships
Doch ich will nicht über das reiche, pulsierende Kapstadt erzählen, sondern von meinem Eindrücken, die ich inmitten der Townships sammeln konnte.
Mit einem Führer, ehemals Lehrer, gehen wir durch die riesigen Siedlungen. Die gepflegten Häuser der schwarzen Mittelschicht mit kleinem Garten finden sich gleich neben den heruntergekommen Hostals, wo sich circa 8 Männer (fern der Familie auf Jobsuche) zwei Schlafräume teilen, ein Plastikschlauch in einer feuchten Ecke ersetzt die Dusche, Spüle und ein 2-Plattenherd werden betrieben mit Prepaidstrom oder auch schon einmal von geklautem Strom. Die nicht genehmigten shags schließen sich an; mittlerweile zur Verfügung gestellte Dixietoiletten (Reinigung einmal wöchentlich) begrenzen das Bauland, sowie die dahinter befindliche Autobahn und die Bahngleise.
Sauber, ja, es ist tatsächlich sauber hier. Nicht nur, dass überall frisch gewaschene Wäsche hängt, auch die Wege sind ohne Müll, werden gefegt und die Bewohner achten trotz ihres monotonen, mal wieder arbeitslosen Tages auf ihr eigenes Äußeres und ihr Heim.
Lethagie und Apartheit liegt in der Luft, wird nur durch singende und spielende Kinder unterbrochen, die den Kindergarten und die Schule nicht besuchen können, da diese öffentlichen Einrichtungen nicht umsonst sind. Die von stattlicher Seite gebauten Reihenhäuser zeigen sich sehr unterschiedlich. Manche würden schon mehr als einen neuen Anstrich gebrauchen, andere erscheinen sehr gepflegt. Schaut man in den Hinterhof, so entdeckt man hin und wieder shags, für die die Hausbesitzer auf ihrem Grund und Boden jetzt Miete von den Nutzern verlangen oder gar selbst darin wohnen und verbotener Weise so gegen Bares ihr geschenktes Haus versilbern.
Aufbruchstimmung
Der nächste Weg führt laut Schild zu einem privaten Kindergarten und einer kleinen 2-Zimmer-Pension. Beides ist in Eigeninitiative entstanden.
Helfe ich mir nicht selbst, hilft mir keiner- ein Gedanke, der so ganz langsam erste Früchte trägt.Für die Kinder einiger berufstätiger Mütter wurde kurzerhand die Wohnküche in einen Gruppenraum umfunktioniert. Mittlerweile wurde das Haus aufgestockt und es verweilen dort bis zu 100 Kinder, in drei Altersgruppen aufgeteilt, Mittagessen, Singen, Tanzen, erste Bildungseinheiten inklusive und ganz wichtig dabei:
-Das Lernen, Nein sagen zu können (um so dem Missbrauch endlich das Deckmäntelchen der Verschwiegenheit zu entreißen)-
Ein straffer Tagesplan gehört ebenso dazu.Für die wenigen berufstätigen Mütter ein gutes und bezahlbares Angebot.
Ein Friseur, eine Schneiderei und eine kleine Reparaturwerkstatt haben sich auch schon etabliert.
Die erste Pension für Reisende aus aller Welt und jeder Farbe, während der WM ein beliebter Ort für Rucksacktouristen, ist mittlerweile nicht mehr die einzige ihrer Art hier. Heute noch kann Vicky, die Inhaberin, gut davon leben. Leben auch deshalb, weil der Staat endlich die notwendigen Medikamente für ihre Erkrankung umsonst zur Verfügung stellt.
Aids
Ein Thema, welches noch vor einigen Jahren totgeschwiegen wurde und so zur weiteren Verbreitung und zum sicheren, schnellen Tod führte. Die Regierungen selbst sind schuld an der rasanten Ausbreitung in Südafrika, da jahrelang nicht gehandelt und alles verschwiegen wurde. Der Präsident selbst hatte nach dem nächtlichen Besuch bei einer infizierten Prostituierten den Reportern auf die Frage nach Schutz und Verhütung geantwortet:
„Ich habe geduscht und ernähre mich gesund, besonders viel Rote Beete und Rhabarber.“
Erst die weltweiten Aidskonferenzen konnten ein Umdenken bewirken und das Thema gehört nun endlich in Kindergärten und Schulen zum Lehrplan. In jedem öffentlichen
Gemeinschaftsraum stehen kostenfreie Kondome zur Mitnahme bereit, so wie hier in diesem Township gleich neben den Chipstüten auf der Theke.
Es sind kleine Schritte, viele müssen noch gewagt und bewältigt werden, aber es ist ein Anfang.
Text und Fotos: Tietze Linskens
Songline
13. Dez 2010
Vielen Dank für diese interessanten Einblicke!
Magst du mir die Fotos per Mail schicken? Auf 500 kb verkleinert? Ich binde sie dann gerne in den Text ein.
Songline
14. Dez 2010
So, jetzt sind die Fotos eingebunden! Unbedingt anschauen!
tiehe
14. Dez 2010
Danke, Songline!!