Mauersegler: Sie begleiten mich durch den Sommer
Ich habe sie schon erwartet, die hoch am Himmel im Gleitflug segelnden und sich dann mit ihrem charakteristischen Schrei in meinen Hinterhof stürzenden schwarzen Vögel mit ihren gegabelten Schwänzen. Seit gut zwei Wochen sind sie nun wieder da, aus ihrem Winterquartier im südlichen Afrika, um hier in den nächsten drei Monaten ihre Brut aufzuziehen.
Nach den Mauernseglern – nicht mit den Schwalben zu verwechseln – kann ich ganz locker meine Sommeruhr stellen. Obwohl ich den Eindruck habe, dass es über die Jahre, in denen ich sie nun bewusst wahrnehme und beobachte, immer etwas weniger geworden sind. Das mag sicher auch am Verlust von Brutplätzen liegen, aber ich kann noch gelegentlich an einigen älteren Häusern in meinem Hinterhof unter den Giebeln ihre Nester beobachten.
Einen Mauersegler treffen Sie nie allein. Nein, sein Ding ist das Gruppensegeln, absolut. Und je mehr Mauersegler am Himmel hängen, umso lauter ist ihr schrilles Schreien, das sie auch noch im Straßenlärm hörbar macht. Damit erschrecken sie auch meine zwei samtpfötigen Begleiterinnen, wenn diese träge vom Katzennetz gut gesichert auf der Balkonbrüstung abhängen.
Die Vögel zeigen da überhaupt keine Scheu, ganz im Gegenteil habe ich den Eindruck, sie wüssten ganz genau, dass ihnen diese beiden Jägerinnen nichts anhaben können. Denn sie stürzen sich zum Greifen nah wie kleine Geschosse am Katzennetz vorbei, bevor sie sich wieder hoch in die Luft schwingen. Und das immer und immer wieder.
Mauersegler jagen im Flug, Insekten ausschließlich, bevorzugt am frühen Morgen oder am Abend vor und in der Dämmerung. Sie lieben eindeutig klares und warmes Sommerwetter, an solchen Tagen sind sie besonders lange jagend oder einfach nur sich ihren Flugkünsten hingebend unterwegs. Ist das Wetter zu nass oder zu kühl, dann sind sie kaum oder nur kurz zu sehen.
Ich habe ohnehin den Eindruck, dass die Mauersegler, deren Lebenselixier bis in den Schlaf hinein das luftige schnelle Dahingleiten-und kurven ist, einen großen Teil ihres Tages – wenn sie nicht gerade brüten oder auf der Jagd sind – damit verbringen, sich gegenseitig höchst spielerisch ihre Flugkünste vorzuführen.
Natürlich haben Mauersegler auch Feinde, aber in meinen Hinterhof hat sich bisher noch kein Greifvogel verirrt, und hinterher fliegende Katzen habe ich auch noch nicht gesichtet. Nein, „meine“ Mauersegler teilen sich den Luftraum in meinem Hinterhof ganz friedlich mit den Meisen und Finken, den Amseln und Elstern, den Tauben und den Rabenvögeln, den gelegentlich durchkreuzenden Enten und Kanada-Gänsen.
Ende Juli bis Mitte August, je nachdem wie warm oder kühl der Sommer ausfällt, verschwinden die gefiederten Gäste wieder, so plötzlich, wie sie gekommen sind, von einem Tag auf den anderen. Sie machen sich nun mit ihren Jungvögeln auf ihren langen Flug in ihr Winterquartier. Es ist dann um einiges stiller geworden in meinem Hinterhof, und ich weiß, dass auch bei uns der Sommer langsam in seine letzten Runden geht.
© frida 2012
Songline
23. Mai 2012
Hier hab ich gerne mit im Hinterhof gestanden und die Mauersegler beobachtet. Eine schöne Beschreibung.
Mumpitz
25. Mai 2012
Oft habe ich schon gedacht, dass ich in meinem nächsten Leben solch ein Mauersegler sein möchte.
buckj
4. Jun 2012
sich in die helle luft erheben, sich selbst frei zu geben, von oben das ganze zu sehen und nicht satt davon werdend bis in den abend nicht wieder auf die erde zurückkehrend…wäre es nicht das, was dem vogel ein tag, dem menschen ein versagter wunsch oft bleibt? er schafft es oft bei sonne nichtmal sein haus zu verlassen und dinge zu tun, die man nicht tut, weil man sich nicht traut sie zu tun, und lässt sie stattdessen in sich selbst verwelken.