Die siechen, die Griechen
Heute gibt’s mal keine Kurzgeschichte.
Ich wandele stattdessen auf Bleiglass’ Spuren und greife mir ein aktuelles Stück Weltpolitik, über das ich dann (hoffentlich geistreich) reflektiere und philosophiere.
Nun denn, geht los (*hüstel*)!
Die Tage habe ich in den Nachrichten gehört, dass Griechenland bankrott ist, falls nicht bis zum 19. Mai Knete bewilligt wird, wenigstens als Kredit.
Ja mei, und dann? Ich meine, was passiert denn mit einem Staat, der pleite ist? Was sind die Konsequenzen, die Auswirkungen? Der Gedanke lässt mich nicht los.
Früher im Mittelalter hat man Leute, die ihre Schulden nicht bezahlt haben, in einen Schuldturm gesperrt. Es ist aber wohl keine wirkliche Option, einen Schuldturm zu bauen, der groß genug für Griechenland wäre. Selbst einer für Liechtenstein wäre zu überdimensioniert. Und selbst, wenn sich das Land in einem Schuldturm befände, was hätte die Welt davon? Genugtuung? Wohl kaum, bei den zu erwartenden Betriebskosten für so einen Spezialknast. Zudem müsste man das Land aus dem Boden heben, zum Schuldturm transportieren und dann da reinkriegen. Vielleicht hochkant. Ja doch, ich gestehe, ich blödele rum. Bleiglass wäre sicher viel sachlicher bei der Behandlung eines so ernsten Themas. Und sein Text bedeutend fundierter. Phhhh …
Wir können ja Krieg gegen Griechenland führen, aber wahrscheinlich würden die Griechen sofort sagen: „Wir sind völlig blank und haben kein Geld mehr für Waffen. Da hättet ihr ein bisschen früher kommen sollen. Jetzt haben wir wegen des Sparkurses der Regierung obendrein einen halben Bürgerkrieg am Hals. Wir ergeben uns.“ Toll! Ein Sieg für die Statistik. Wirklich sehr befriedigend. Boooooring!!
Ach, da fällt mir was Passendes zum Thema ein: Weiß jemand, warum Griechenland so hoffnungslos in die Miesen gerutscht ist? Genau, weil die Militärausgaben dieses possierlichen Staates, der dieselbe Wirtschaftskraft hat wie das Saarland plus Bremen, seit jeher viel zu hoch sind. Selbst Darth Vader würde vor Neid erblassen angesichts der Menge von Kriegsmaterial, die in Zeus’ Hinterhof rumsteht. Und welche Nation hat Griechenland die meisten Waffen aufgeschwatzt? Wieder richtig geraten: Deutschland! Peace!
Griechenland könnte sich natürlich auch einfach umbenennen. Fußballklubs machen das so, wenn sie in die Pleite rasseln. Aus FC wird dann SpVgg oder aus Arminia Borussia. Bringt dem Rest der Welt jedoch auch nicht viel, außer vielleicht Abwechslung. Allerdings, es wäre bestimmt ganz spaßig, einen Neunamensfindungswettbewerb für Griechenland auszurufen. Wem was Knalliges einfällt, der tue es auf den Seiten von Netzkritzler kund. Ich mache gern den Anfang. Wie wäre es mit Rehaklesien? Oder Dirtyhellas?
Wem der Vergleich mit den Fußballvereinen zu sehr hinkt, der mag sich eher mit dem Plan anfreunden, den die Banken für ihre defizitäre Lage entwickelt haben. Die Kreditinstitute hatten wirklich eine sehr pfiffige Lösung parat: Bad Banks! Dieses Verfahren stammt originär aus dem Comic-Universum. Jeder Superheld wird früher oder später von seinem bösen Ich attackiert, das es aus einer Bizarro-Dimension in unsere Realität verschlägt. Superman bekam es beispielsweise mit Bizarro-Superman zu tun, der Hulk mit Bizarro-Hulk, Captain America mit dem Roten Wächter (einem kommunistischen Ruskie-Superschurken). Solche Bizarros haben alle eines gemeinsam. Sie verschwinden schnell sang- und klanglos in der Versenkung. Was lag für die Banken also näher, sich entsprechende Bizarro-Banken aus einer anderen Dimension herzuholen, ihnen alles Negative aufzuhalsen und sie dann im Orkus verschütt gehen zu lassen? Besser geht’s doch gar nicht. Bei Ländern funktioniert das doch sicherlich auch. Gründen wir also einfach ein Bad Greece.
Eine andere Möglichkeit für Siechenland wäre, sich einfach einem anderen Staat anzuschließen. Falls es einen gibt, der das will. Bei der DDR hat das geklappt, man kann ja zumindest mal fragen. Mazedonien fiele man spontan ein. Seit Jahrzehnten tobt zwar ein Zwist um Landesnamen und Gebietsansprüche, aber im Grunde mag man sich. Vor ewigen Zeiten waren beide Länder eins, warum soll es nicht wieder so sein? Alle Streitereien wären mit einem Streich erledigt. Großmazedonien erwache!
Natürlich könnte Griechenland aber auch ein paar seiner Inseln zur Schuldentilgung verkaufen. Das Land hat ja genug Eilande. Ich gebe zu, der Vorschlag ist nicht von mir. Den hat ein gewisser Josef Schlarmann gemacht, ein Politiker der CDU und Chef deren Mittelstandvereinigung. Also jemand, der sich mit Konkursen auskennt. Ich finde den Vorschlag gut. Ich wäre gern Insel(mit)besitzer. Sich einmal wie Onassis fühlen … hach. Wenn tatsächlich so eine Big Fat Greek Auction zustande käme, empfehle ich, dass wir Deutschen für Korfu bieten. Ist so schön grün da, ideal zum Wandern. Ferner finden sich da jede Menge heimeliger Tavernen.
So ein paar Inselchen dürften allerdings kaum reichen. Und Griechenland komplett kaufen will man ja auch nicht. Was soll man mit den vielen Trümmerbauten? Und was fängt man mit den ganzen Griechen an? Wir haben doch eh schon so viele Arbeitslose.
Man könnte Griechenland natürlich komplett isolieren und warten, bis alle Inländer verhungert sind. Wem das zu hart ist: Man verhängt strikte Wirtschaftssanktionen und harrt aus, bis alle Griechen in ihrer Not ausgewandert sind. In beiden Fällen steht das Land dann leer, und man kann zugreifen. Alsdann siedelt man neue Griechen an. Oder Dirtyhellenen. Hmmmmm, jetzt, wo ich das so schreibe, kommt mir selbst das alles ziemlich abwegig vor. Würde mich mal interessieren, ob ich der Einzige bin, dem dieser Plan irgendwie sinnlos erscheint.
Stellt sich die Frage, ob ein Land wahrhaftig total untergehen kann. Ob es möglich ist, dass ein Staatsgebilde so richtig von der Landkarte verschwindet, außer vielleicht durch eine extreme Verschiebung der Kontinentalplatten. Falls ja, muss man hernach als Gläubiger die Schulden komplett abschreiben? Dann wäre ja gleich der nächste Staat in seiner Existenz bedroht. Man stelle sich das vor: Land um Land löst sich in Logikwölkchen auf. Und alles bloß wegen Buchgeld. Wenn es sich wenigstens um was Handfestes, Reelles wie Goldbarren oder Erdöl handeln würde. Oder um den Schatz von Monte Christo …
Aber so ein Untergang ist wohl auch nur virtuell. Man schaue sich Afrika an. Da krepieren die Leute zwar in Scharen durch Dürren oder Seuchen, etliche Staaten sind in innere und äußere Kriege verwickelt, wirtschaftlich wird nichts aufgebaut, die Rohstoffe werden verscherbelt – und doch existieren diese Länder fort. Immerfort! Und Griechenland soll untergehen, bloß weil das Land ein ein zu hohes Rentenniveau und ein paar tausend Beamte zu viel hat? Ich zweifle.
Das alles bringt mich zu einer viel weiterführenden Frage: Wer hat bei wem eigentlich Schulden? Ich meine, die USA hat ein hohes Staatsdefizit, Australien auch, Deutschland sowieso. Afrika ist komplett am Arsch, Südamerika geht’s nicht viel besser. Spanien, Italien, England, Polen, Russland, Bulgarien – alle gebeutelt! Island steht kurz vor dem Konkurs, genauso wie Irland. In der Schweiz und Luxemburg hat die internationalen Steuerfahndung für leere Kassen und Schließfächer gesorgt. China hat finanzielle Probleme, Japan ebenso und alle anderen Staaten im asiatischen Raum sind auch nicht flüssig. Nahezu jedes Land hat Schulden. Als Kaufmann hab ich mal gelernt, dass sich alles die Waage hält. Die Schulden des einen sind die Forderungen des anderen. Wenn man alles gegeneinander aufrechnet, müsste man ergo auf plusminus null kommen. Aber wir können doch nicht alle bei den Kuwaitern und den Saudis verschuldet sein. Und falls doch, warum leihen die uns überhaupt Geld? Eintreiben können sie die Flocken eh nicht, siehe Griechenland, selbst nicht mit einer spitzenmäßigen Armee. Überdies habe ich gehört, den Ölbaronen geht’s mittlerweile ebenfalls nicht mehr so super. Auch vor denen macht die große Krise nicht Halt. Nix mehr mit güldenem Essgeschirr und edelsteinbesetzten Wolkenkratzern.
Also, wer steht denn nun bei wem wie hoch in der Kreide? Bleiglass, ich bitte um Aufklärung!!
Songline
12. Mai 2010
Sehr amüsanter Artikel! Meine Bürogemeinschaft hat übrigens auch beschlossen eine griechische Insel zu kaufen, wir waren aber für Kreta. Mmmh? Bricht jetzt hier in Deutschland ein Bürgerkrieg aus, weil wir uns nicht darüber einigen können, ob wir Korfu oder Kreta erwerben sollen? Ich hoffe, nicht.
Heute stand in der Zeitung, dass Deutschland in den nächsten 3 Jahren 22 Milliarden Euro an Griecheland gibt. Für’s 1. Rettungspaket. Im zweiten kommt dann nochmal ganz viel dazu.
Deswegen müssen wir Deutschen jetzt sparen, hieß es. So ein CSU-Typ hat vorgeschlagen, das Elterngeld zu streichen, macht 15 Milliarden Einsparung. Aber das Elterngeld war doch dafür da, damit wir Deutschen ganz viele Kinder bekommen, die dann die Zeche für das zahlen sollen, was wir heute zu viel ausgeben. Wenn wir aber das Elterngeld streichen und keine Kinder mehr bekommen, wer bezahlt dann in 30 Jahren unsere Schulden? Die Griechen? Die sich mit unserem Geld erholt haben?
Ich verstehe das alles nicht mehr. Bleiglass, wo bleibst Du denn, wir brauchen Dich zur Aufklärung!
Bleiglass
12. Mai 2010
Welche Last ruht jetzt auf meinen Schultern, zu entscheiden welche Insel Songline kaufen soll. Der Punkt ist doch der: sie braucht keine zu kaufen, weil sie hat schone eine. Nur weis sie nicht welche (ich auch nicht) und die Griechen rücken sie auch nicht raus.
Im Grunde ist es doch ganz einfach, es ist, wie dirtyharry schon vermutete, alles hält sich die Waage. Nur kann man aus lauter Querverbindungen, Transfers, Swaps und Termingeschäften die eigentlich sehr simplen 2 Seiten der Waage nicht mehr erkennen.
Welches Geld haben die Schuldenländer? Ganz einfach, unseres, und ihr eigenes. Dein Sparbuch, die Steuereinnahmen des Staates von gestern, jeder einzelne Cent die nicht bar in der Tasche ist, sind bei jemanden anderem Schulden. Die Bank schuldet dir dein Erspartes, genauso wie du der Bank Geld für die Hypothek schuldest, usw. Multipliziert mit ein paar Billionen Kontoinhabern in der Welt macht das einen großen Haufen Knete, nach dem Motto: Kleinvieh macht auch Mist, aber Aktiva und Passiva gleichen sich aus.
Das Hauptproblem von Griechenland ist es, keine Drachmen zur Rückzahlung mehr drucken zu dürfen, und Euro? da sagen die Hüter des Euro und Merkel: NEIN. Aber dieses NEIN kostet viel Geld, denn wenn Griechenland nicht drucken darf, muss Europa das Geld zur Verfügung stellen.
Wessen Geld: unser Geld, damit wir unser zuerst geliehenes Geld zurück kriegen, und das danach geliehene Geld von uns auch, denn es geht ja bergauf, wie in Santorini.
Verstanden?
Der Schuldenturm von Harry kann übrigens recht klein bleiben, wir stecken da all die Politiker rein, die um gewählt zu werden Steuergeschenke machen.
Dirty Harry
13. Mai 2010
Ich verstehe es immer noch nicht. Wenn sich alles die Waage hält, wer ist denn dann im Plus? Ich meine, es sind doch alle – ALLE – Staaten verschuldet. Welche Nationen haben denn keine Schulden? ich kenne jedenfalls kein schuldenfreies Land. Sogar die Erdöl exportierenden Scheichtümer sind nicht schuldenfrei. Und wenn alle Nationen im Minus sind, wer gleicht denn die Waage aus? Und diese 1,7 Billionen Euro Schulden, die Deutschland haben soll, wie jetzt immer vermeldet wird, sind da schon die Geldforderungen eingerechnet, die wir gegen andere Staaten haben (also gegen unsere Schuldner)? Und wer schuldet Deutschland eigentlich wieviel?
Bleiglass
14. Mai 2010
Eine Bilanz ist immer ausgeglichen, egal ob Statt, Unternehmen oder Privatperson, der Trick heist: negatives Eigenkapital. Ich nenne es: Gelder die ich hoffe irgendwann Mal einzukassieren.
Schaue dir Mal die Bilanz des Landes Hessen an:
http://www.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMdF_15/HMdF_Internet/med/73e/73e7022d-f799-4521-f012-f31e2389e481,22222222-2222-2222-2222-222222222222,true