Gelbe Rosen und Gerbera

Sorgfältig band die Verkäuferin den Strauß. Sie begann mit drei Sonnenblumen in der Mitte und legte rundherum gelbe Rosen und Gerbera an. Zwischendurch und am Rand fügte sie Schnittgrün hinzu, umwickelte die Stiele schließlich mit Bast und vollendete ihr Werk mit einem Kragen aus Glanzpapier. Clare sah ihr gedankenversunken zu, bezahlte dann und machte sich auf den Weg nach Hause.

Sie hatte lange keine Blumen mehr geschenkt bekommen und wenn, dann waren es nicht diese. Seltsam, dass niemand fragte. Im Dienst gab es den bunten Standardstrauß und Männer schenkten rote Rosen. Auch Standard. Clare schüttelte den Kopf. Sie ging ein Stück am Fluss entlang und passierte dann im Park die alte Eiche. „Hey“, sagte sie und strich wie immer mit der Hand an der Rinde entlang. Ein leichter Windhauch ließ die Blätter Antwort flüstern.
„Er hat auch nie gefragt“, vertraute Clare dem Baum an und ihr war, als hörte sie sein „Ich weiß.“

Vor der Brücke hob sie einen kleinen Ast auf und gab ihn dem Fluss mit. Sie sah ihm nach und ließ ihn weiterschwimmen, durch die Wehre, bis in den Strom, der ihn ins Meer trug. „Eines Tages“, dachte Clare, „lebe ich dort, wo du strandest.“

Ein paar Minuten später betrat sie ihre Wohnung und richtete die Blumen in der einzigen Vase, die sie besaß. „Gelbe Rosen und Gerbera“, flüsterte sie, „und Sonnenblumen. Falls jemand fragt.“

  • Das ist traurig und gleichzeitig schwingt das Verlangen mit, viel mehr erfahren zu wollen. LG.AiKa

  • Ja, warum fragt eigentlich niemand? Traurig empfinde ich die Zeilen nicht, melancholisch vielleicht. Es ist eine kleine Revolution, sich die Blumen selbst zu kaufen, wenn niemand danach fragt.

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