Im falschen Film
Es gibt ja Menschen, die sind manchmal irgendwie verkehrt. So Leute wie mich, zum Beispiel.
Da kam ich heute Morgen ins Büro, erzählte der weltbesten Kollegin von einer um die Ohren gehauenen Nacht und sie fragte so: „Bist du denn fit genug zum Arbeiten?“
„Klar!“, erwiderte ich im Brustton der Überzeugung.
Ich fuhr den Rechner hoch, schaute in aller Ruhe meine Mails durch und stieß um 7.57 Uhr auf folgende Nachricht: „Planänderung. Die Vorstellungsgespräche beginnen schon um 8 Uhr. Wir treffen uns zur Vorbesprechung um 7.45 Uhr.“
Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Info von den Augen ins Gehirn gelangte und dort verarbeitet wurde. Es folgte ein: „Scheiße, ich muss weg!“, dabei hat doch mein Mund eigentlich die Order, keine Schimpfworte mehr auszustoßen.
Ich raffte Papier und Stift zusammen, sperrte meinen Rechner, sprang auf und begab mich fliegenden Schrittes die Treppe hinunter. Natürlich landete ich zunächst im falschen Besprechungsraum – dort war niemand, bevor ich nebenan den richtigen betrat, wo mich vier erstaunte Augenpaare anblickten, darunter das der ersten Bewerberin. Ich entschuldigte mich und das Vorstellungsgespräch begann.
Mh. Es ging um Stellen für Erzieherinnen. Hatte ich zugesagt, hier teilzunehmen? Aber wenn nicht, warum war dann die Nachricht über die Verschiebung in meinem Maileingang? Ich schob meine Unsicherheit auf beginnendes Alzheimer und tat so, als wäre alles in bester Ordnung (Das kann ich gut).
Das erste Vorstellungsgespräch lief gut, das zweite plätscherte so dahin, die dritte Bewerberin war mir sympathisch, dann hatten wir Pause.
„Nebenan sind gerade die Vorstellungsgespräche für die Sachbearbeiter“, hörte ich die Kollegin aus der Personalabteilung sagen.
Sachbearbeiter? Da war doch was. Langsam, ganz langsam dämmerte es mir. – „Oh Gott!“, rief ich aus und die Kollegin in meinem Büro an.
„WO BIST DU?“, brüllte sie in den Hörer, „Die suchen dich!“
„Ich bin in den Vorstellungsgesprächen.“
„Aber in den falschen!“
„Ja.“
„Du hast Glück, da sind zwei Bewerber nicht gekommen, die fangen erst in 20 Minuten an.“
„Kannst du da nicht hin?“, versuchte ich mich zaghaft aus der misslichen Lage zu befreien, in dem Wissen, dass ich aus diesem Schlamassel ganz allein wieder raus musste.
„Nee, geht nicht.“ Ich atmete durch.
„Also, ich hab mich vertan, ich muss nach nebenan“, gab ich kleinlaut zu und die drei übrigen Damen der Auswahlkommission „Erzieherinnen“ konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ich verließ fluchtartig den Raum.
Nebenan war noch niemand, aber mein Namensschild auf dem Tisch hieß mich herzlich willkommen.
‚Das kann ich wieder niemandem erzählen, die halten mich für verrückt‘, dachte ich.
‚Sag, es ist nur ein Text‘, hörte ich eine innere Stimme.
Und das mache ich jetzt. Es IST nur ein Text 🙂
Mumpitz
1. Okt 2013
Eine wunderbare „Morgens vor dem Arbeiten“-Lektüre! Egal was heut schief läuft: ES IST NUR EIN TEXT!