Eulenschwestern
Gemeinsam durch die Nacht. Lautlos, verwegen, vom Wind getragen und dem Sturm zum Trotz. Wolfsgeheul ihr Begleiter. Schwärzer als die Nacht noch ihr Ziel, des Zauberers Burg.
Dahin die glücklichen Tage. Der Meister fort, so lange schon. Geschlagen von dunkler Macht nahm er die Verbannung an, auf ewig, schwor er, es sei denn …
„Dein Reich ist nun mein!“ Triumphierend hatte der schwarze Magier vor ihm gestanden und mit ihm dessen Schergen. Verrat war ihr Speer, Lüge ihre Lanze, Gewalt ihre Gesinnung. Sie kannten keine Gnade. Die Sonne versank an diesem Tag und wurde nicht mehr gesehen. Mit ihr ging der Zauberer, wie es der Bann verlangte. Die Nacht blieb zurück und der Sturm und das Donnergrollen. Nicht einmal Blitze erhellten die Dunkelheit. Hundert Jahre schon oder noch länger. Ungemessen die Zeit, seit jenem Tag.
Doch noch bestand Hoffnung. Einen Schimmer hatte der Magier gewährt, sich seiner Kräfte zu sicher: „Ewig sei mein Sieg! Verbannt sollst du sein aus meinem Reich der Nacht und mit dir jedes Wesen, das von der Sonne genährt. Deine Burg sei mein Schild, deine Künste mein Spiel, dein Verderben mein Genuss. Verzweifle an der Hoffnung, die sich nie erfüllt, dass man zu mir trägt, was ein Wesen der Nacht nie tragen kann. Und nun hinfort!“
Zwei Eier nur im Nest. Die alten Eulen bewachten das Muttertier. Sollte es sein, dass sich die Legende erfüllte? Seit dem Tag der ewigen Dunkelheit erzählten sie sich, dass zwei von ihnen es sein würden, die den Bann des schwarzen Magiers brachen. Zwei aus einem Gelege, Schwestern ohne Geschwister. Die Alten warteten eine Woche, zwei. Kein weiteres Ei kam hinzu. Und als die Küken schlüpften, waren es Weibchen.
Stark mussten sie werden, sehr stark. Stark genug, das Amulett zu tragen, das der Zauberer zurückgelassen hatte. Er selbst war verbannt, doch das Amulett, das seinen eigenen Zauber trug, nicht. So bewahrten es die Eulen bis zu dem Tag, da es Erlösung bringen sollte von ewiger Finsternis. Der Funken eines Sonnenstrahls war in ihm verborgen.
Gemeinsam durch die Nacht. Lautlos, verwegen, vom Wind getragen und dem Sturm zum Trotz. Wolfsgeheul ihr Begleiter. Schwärzer als die Nacht noch ihr Ziel, des Zauberers Burg. Lange hatten sie ihre Kraft erprobt für diesen Tag. Immer wieder geübt, sich gemessen mit den Alten. Verantwortung und Verwegenheit nun in der Waage. Wie ihr Flug. Synchron der Flügelschlag, blind das Verstehen, jeder Richtungswechsel zeitgleich. Um den Hals von beiden, das Amulett.
Der Funke traf des schwarzen Magiers Auge, als er erwachte. Lautlos die Eulen über ihm, nicht wahrgenommen, als sie durch das Fenster kamen, ihr Flügelschlag zarter als ein Lufthauch. Er schrie. Den ersten und den letzten Schrei in einem. Und mit der Sonne kam auch der Zauberer zurück.
Mumpitz
17. Jan 2011
Super, Song! Fantasy-Geschichten gibt es normalerweise nciht unter 600 Seiten zu kriegen, und du machst das hier spannend und magisch auf einer Seite!