Klappe zu, Balg tot – eine Rezension

Buchcover

Klappe zu, Balg tot

Regina Schleheck ist böse. Bitterböse. Hundsgemein. Hinterfotzig. Morbid. Derb. Brutal. Grausam. Sadistisch geradezu! Und viel Hoffnung für die Welt scheint die Dame auch nicht zu haben. Jedenfalls kann man diesen Eindruck bekommen, wenn man ihren Erzählband „Klappe zu, Balg tot“ als Maßstab für ihre Persönlichkeit nimmt.

Heftig geht es zu in diesem Buch. So heftig, dass es einem oft den Magen zusammenzieht. Beim Nachdenken über die Storys (und nachdenken tut man im Anschluss an die Lektüre, das ist mal sicher!) fällt einem dann aber auf, dass man selbst der Böse ist und hundsgemein und hinterfotzig und so weiter. Zu sehr identifiziert man sich mit den Protagonisten, deren Psyche ebenso feinfühlig wie messerscharf skizziert wird – seien sie nun Täter oder Opfer (häufig sind sie auch beides zugleich). Man kann sich nicht bloß in die Figuren hineinversetzen, man muss sich überdies eingestehen, in der entsprechenden Lage ganz ähnlich zu fühlen beziehungsweise zu handeln.

Allzu Menschliches kommt in den einzelnen Storys zur Sprache: Abhängigkeit, Vertrauensbruch, Rache (na klar!), Entladungen lang aufgestauter Wut, Fleischeslust … Missbrauch ist ein großes Thema. Es handelt es bei den Begebenheiten nicht um Alltagsbeobachtungen, aber erschreckenderweise oft um Geschichten aus dem Alltag. Situationen, die ein jeder kennt und so oder so ähnlich schon mal erlebt hat. Und von denen beim Lesen offenbar wird, dass man sie auch in einem ganz anderen Licht sehen kann.

Mal kommt das Böse, das Übel, das Schlimme als düsteres Drama, mal als kohlpechrabenschwarze Komödie daher. Tabus gibt es für die Autorin nicht. Rohe Gewalt paart sich mit sardonischer Eloquenz. Und doch, hin und wieder strahlt tatsächlich warmer Humor von der kritischen Masse ab, schimmert eine gewisse Schelmerei durch das Dickicht der Fiesheiten. Man braucht als Leser also nicht befürchten, dass man nach der letzten Seite völlig fertig und emotional zertrümmert zurückgelassen wird.

Übrigens, wusstet Ihr schon, wie nah Moral und Mord zusammenliegen? Nein? Na dann schiebt mal das a und das l in Moral ganz eng aneinander.

Klappe zu – Balg tot – Bitterböse Geschichten von Regina Schleheck
ISBN 9783938065563, Flexibler Einband, 122 Seiten, aus der Reihe 1, Krimi/Thiller/Horror, erschienen am 01.11.2009 bei Wurdack

Leseprobe:
Dann klingelte irgendwann abends das Telefon, und es war seine Nummer auf dem Display. Ich hab das Telefon angestarrt wie ein Alien. Es hat einfach nicht mehr aufgehört. Ich hab die ganze Zeit gedacht, gleich kommt er aus dem Apparat, und wo ich mich verstecken könnte. Was wollte er von mir? Ich hatte mich jetzt ein halbes Jahr verkrochen, ging nur noch vor die Tür, wenn ich’s vor Hunger und Durst nicht mehr aushielt. Die meiste Zeit hab ich an der Heizung gekauert, weil’s mittlerweile saukalt war. Als der Apparat endlich aufhörte zu klingeln, hab ich ihn genommen und mit aller Kraft gegen die Wand geschmissen. Er ist auseinandergebrochen und ich hab ihn liegen gelassen, froh, dass keiner mehr anrufen konnte. Am nächsten Mittag hab ich mir eine Flasche Wodka besorgt, die hab ich mit O-Saft gestreckt und mir reingezogen.

  • Habe das Buch gelesen und kann Harry´s Lesesicht nur bestätigen! Schöne Bettlektüre für bitterböse Träume 😉

  • Oh, bitterböse Träume in dunkler Jahreszeit? Ich glaube, ich kaufe mir das Buch im Sommer 😉

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