Pulp ist chic!

Werbung in eigener Sache!
Wie einige von euch bereits wissen, schreibe ich an einer neuen fortlaufenden Heftserie mit, welche die große Zeit des Pulp wiederaufleben lassen soll. Zugegeben, Perry Rhodan, John Sinclair und Jerry Cotton sind noch nicht tot (im Gegenteil, Geisterjäger-Sonnyboy Johnny ist mit einer wöchentlichen Auflage von 35.000 Exemplaren zum Beispiel überaus vital), aber viele alte Kämpen wie Professor Zamorra, Tony Ballard, der Dämonenkiller oder Damona King sind von uns gegangen oder fristen ein Untotendasein in ebenso dicken wie laschen Hardcoverfolianten.
Also doch Zeit für was Neues: Lit.Limbus!
Der Untertitel „Geschichten aus der literarischen Vorhölle“ lässt es vermuten: Es ist kein trivialer Schund, der hier geboten wird, sondern gepflegter Grusel mit satirischem Einschlag. Ich darf mal den offizielle Anreißer zitieren:
„Die Wege der Autoren kreuzen sich rein zufällig, doch der Himmel der Literatur steht nur den Besten offen. Der Einsatz ist hoch: 500 Euro für den, der bis zur nächsten Leipziger Buchmesse einen lukrativen Buchvertrag ergattert. Doch hinter den Kulissen geht es um mehr. Gott pokert mit dem Teufel. Mephisto, Fürst der Hölle, lädt Johann, den Dichterfürsten, zum letzten Würfelspiel vor dem jüngsten Gericht. Der Club der Toten Dichter wirft die Macht des Thanatos in die Waagschalen des Schicksals.“
Wer jetzt bereits neugierig geworden ist, der checke diesen Link:
http://www.litlimbus.de/Index.htm

Lit.Limbus Band 1



Es gibt einen guten Grund für diesen Forumsbeitrag. Mir ist nicht entgangen, dass sich in Songlines aparter Autorengemeinschaft eine Menge vielversprechender SchreiberInnen tummeln. Wer sich versuchen möchte, der soll ein Exposé an den Wunderwaldverlag Erlangen schicken. Gute Storys werden immer gebraucht, denn – wie angedeutet – es handelt sich um eine Endlosserie. Weiterführende Informationen finden sich unter dem oben genannten Link.
Als Appetizer habe ich meinen Prolog aus Band 1 „Meeting Hugo Bain“, der von Michael Mühlehner verfasst wurde, hier bei NETZKRITZLER eingestellt. Ich wünsche gute Unterhaltung. Den Text kann man übrigens auch hören, und zwar auf NETZKNISTERN. Vertont wurde er von der bekannten Kölner Hörbuchsprecherin Juliane Ahlemeier. (Anmerkung von der Addi: Geht leider nicht, die Datei war zu groß)
Ach ja, bevor ich es vergesse: Was wäre echter Pulp ohne ein Preisausschreiben? Im Text ist ein kleiner Fehler versteckt, den es zu finden gilt. Kleiner Tipp: Es hat mit den beiden Autoren zu tun, von denen hier die Rede ist. Zu gewinnen gibt es ein Lit.Limbus-Abo für die ersten 13 Hefte. Wer herausfindet, wo der Fehler steckt, schickt die Lösung bis zum 30.11. an info@wunderwaldverlag.de (Der Rechtsweg ist wie immer ausgeschlossen, Angehörige von Autoren und Verlagsmitarbeitern können nicht teilnehmen).
Und jetzt viel Spaß bei meinem Prolog.
Euer Harold Eldritch (alias „Dirty Harry“ Michael Liedtke)

Es war traumhaft. Ein Anblick zum Malen schön. Idylle pur.
Der Mann, der vor wenigen Minuten aus dem niedlichen Vintage-Style-Trolleybus gestiegen war, setzte sich auf seinen Koffer, schlug die Beine übereinander und schaute sich verträumt um. Langsam ließ er den Blick über den riesigen See gleiten, dessen Oberfläche im Licht der Sonne glitzerte, über das Wäldchen, über die weiten Blumenfelder und Wiesen. Und mittendrin in dieser Traumlandschaft dieser imposante, strahlend helle Bau, ein Herrenhaus nach alter Südstaatenart, mit korinthischen Säulen und geräumigem Portikus sowie einem wild rankenden Garten. Sogar Orangenbäume gab es.
Hier ließ es sich aushalten. Alles so friedlich. Paradiesisch ruhig! Obwohl … es war eine Spur zu still. Kein Vogelgezwitscher, kein Hundegebell, noch nicht einmal das Zirpen irgendwelcher Insekten war zu hören.
Der schlanke Mann stand auf, rieb nachdenklich seine markante Nase und fuhr sich mit der Hand durchs weiße, seitlich gescheitelte Haar. Auch so ein Ding: kein Wind. Nicht mal ein laues Lüftchen. Dazu dieser köstliche, würzige Korngeruch. Nur: Es war weit und breit kein Kornfeld zu sehen.
Gedankenversunken schritt der Neuankömmling zum metallenen Doppelflügeltor. Über den Türen war eine majestätische Steintafel angebracht. „Durch Bücherwelten reisen!“ lautete das Motto, das in wuchtigen Lettern auf ihr prangte. Der trotz seiner weißen Haare jungenhaft wirkende Mann nickte. Die Maxime gefiel ihm! Da fühlte er sich gleich heimisch. Zeitlebens war er in der Welt der Literatur zu Hause gewesen. Bei aller Uneitelkeit, er hatte sie als Autor sogar wesentlich mitgestaltet. Schade, dass er bei seinem Umzug seinen Pulitzer-Preis und seinen Faulkner Award nicht hatte mitnehmen können.
Noch bevor er seinen Finger auf die Klingel legen konnte, öffnete sich leise surrend das Tor. Man hatte seine Ankunft also bemerkt. Schnell strich er sich noch ein paar Falten aus seinem schlichten dunkelgrauen Sakko. Aus dem Garten näherte sich ein gediegen gekleideter Herr gesegneten Alters. Weißer Anzug, weißer Hut, weiße Schuhe, dazu Sonnenbrille und Gehstock. Etwas aus dem Rahmen fiel die billige Maiskolbenpfeife, auf welcher der kauzige Typ er mehr kaute, als dass er an ihr schmauchte. Wie der am Eingangstor wartende Schriftsteller hatte auch er schlohweißes Haar. Vorwitzig lugten einige strubbelige Strähnen unter dem Schlapphuts hervor. Ein buschiger Oberlippenbart hing spitzbübisch über einem breiten, freundlichen Lächeln.
Verdattert starrte der bescheidene Literaturnobelpreisträger die weiße Gestalt an. Nein, das war doch nicht möglich … und doch … diese Ähnlichkeit …
„Sagen Sie, sind Sie nicht …“ Er sprach den Namen nicht aus. Der Schnauzbärtige grinste und nickte.
„Bin ich“, sagte er und zog mit einer leichten Verbeugung die breitkrempige Kopfbedeckung.
„Ist ja nicht zu fassen!“, entfuhr es dem ortsfremden Musensohn ehrfürchtig. „Ich habe alle Ihre Bücher gelesen. Ihr ’Injun Joe‘ ist einer der großartigsten Schurken der Literaturgeschichte!“
„Danke, danke“, schmunzelte der gehuldigte Autor. „Lob ist immer schön, erst recht aus berufenem Munde.“
„Dass ich Sie mal treffe! Ich bin ein echter Fan von Ihnen. Mein Name ist John Upd…“
„Weiß schon, weiß schon“, unterbrach ihn der ehrwürdige Dandy. „Sie werden bereits erwartet. Mit Spannung!“
„Sie wussten, dass ich komme?“
„Aber selbstverständlich. Sie sind ja nicht irgendwer! In der Großbibliothek findet heute Abend Ihnen zu Ehren ein großer Empfang statt. Alexandre Père hat extra für Sie ein Willkommenstheaterstück geschrieben. Hoffentlich haben Sie was übrig für epische Historienspektakel mit Tanz, Gesang, Schießereien und Fechten.“ Scherzhaft knuffte der Hutträger seinem Nebenmann in die Rippen.
„Ich persönlich freue mich ebenfalls sehr, dass Sie da sind“, fuhr er fort. „Endlich mal jemand, mit dem man sich über neuere amerikanische Literatur unterhalten kann. Wissen Sie, John“, raunte er seinem Begleiter hinter vorgehaltener Hand zu, während sie den breiten Kiesweg zum Haupthaus entlangschlenderten, „wir haben so viele Deutsche hier. Bei denen geht’s immer bloß um Gott, Tod und Ehre. Heavy stuff. Tiefsinnige Grundsatzphilosophie und so. Blutiger Ernst, nichts zu lachen. Außerdem sind die Krauts immer so rechthaberisch.“
„Manche Dinge ändern sich nie“, scherzte John. Sie prusteten und hörten damit bis zur Eingangstür nicht wieder auf.
„Es wird Ihnen hier gefallen, Johnny“, meinte der alteingesessene Literaturgott gut gelaunt zu seinem Bruder im Geiste, den er so herzlich in Empfang genommen hatte. „Sehr ruhig, jede Menge Platz, unbegrenzter Zugang zu allen Informationen, viele interessante Leute, eine sensationell bestückte Hausbar … Ihr neues Zuhause bietet jeglichen Komfort. Ein Club Paradiso, sozusagen!“
„Von außen sieht es jedenfalls sehr beeindruckend aus. Und heimelig“, zeigte sich John, das frischgebackene Clubmitglied, beglückt. „Hätte nicht erwartet, dass mein neues Dasein derart prächtig ausfällt. Obwohl ich stets ein gläubiger Christ war. Wirklich, ich bin positiv überrascht. Ich hätte mir diesen anderen Seinszustand irgendwie … sphärischer … unpersönlicher vorgestellt.“
Der Southern Gentleman mit der offensichtlichen Vorliebe für weiße Kleidung und bissigen Flachs schmunzelte erneut. „Ich darf mich mal unbescheiden selbst zitieren“, sprach er mit leichter Ironie in der Stimme. „Der Tod verliert nie seine Eigenschaft des Unerwarteten. Das Leben erwartet den Tod nicht, der lebendige Verstand kann ihn sich nicht vorstellen.“ Schelmisch schlug der stilbedachte Schalk ein Kreuzzeichen, dann pochte er mit seinem Spazierstock gegen die Tür, die sogleich von einem livrierten Diener geöffnet wurde. Mit einer einladenden Geste wies der eloquente Wisecracker seinen neuen Mitbewohner ins Innere der Prachtvilla. „Treten Sie ein, mein Freund, und gehen Sie auf Entdeckungsreise. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Außer Fernsehen!“

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