Somnus imago mortis

Heute gönne ich mir mal ein spezielles Vergnügen. Ich verfasse ja des Öfteren Buchrezensionen, und heute möchte ich mal meine Meinung zu einem meiner Lieblingsbücher kundtun. Muss auch mal sein! Es handelt sich um „Der große Schlaf“ von Raymond Chandler und ist, wie man sich denken kann, keine echte Kritik, sondern vielmehr eine verklärte Schwärmerei!


Was für ein Buch! Für mich mit das Beste, was je geschrieben wurde. Was war Raymond Chandler doch für ein phänomenaler Schriftsteller!
„Der große Schlaf“ ist ein Urstoff. Der Roman steht charakteristisch für all das, was der Pionier der so genannten Hard-boiled Novels geschaffen hat. Diese Hervorhebung mag ein bisschen ungerecht gegenüber Raymond Chandlers anderen Texten sein, schließlich waren sie alle toll, aber dieser Thriller ist eben der ultimative Kult – nicht zuletzt, weil hier mit dem im Großraum Los Angeles tätigen Privatermittler Philip Marlowe eine stilbildende Detektivfigur etabliert wurde. Zudem ist der Roman schlichtweg eine literarische Initialzündung. Er brachte etwas völlig Neues in die Welt.
Im Grunde ist schon alles über dieses Werk gesagt worden. Bataillone von Literaturwissenschaftlern und Rezensenten haben sich diesen Kriminalklassiker vorgenommen und seine Bedeutung für die Buchkultur hervorgehoben. Eine weitere Exegese ist daher wohl unnötig, man kann sich im Grunde auf eine Leseempfehlung beschränken.
Nur soviel: Natürlich ist es die Sprache, die diesen Roman so außergewöhnlich macht – diese Mischung aus lakonischem Fatalismus und saloppem Sarkasmus, die unendlich viele Nachahmer fand, aber in dieser Passgenauigkeit nie wieder erreicht wurde. Dazu die vielen unvergleichlich originellen Vergleiche („… kleine scharfe Raubtierzähne, weiß wie frisches Orangenmark …“) – superb!
Dass die Handlung mit jeder Seite komplexer und verwirrender wird, tut dem Lesevergnügen seltsamerweise keinen Abbruch. Gerade weil auch der ermittelnde Protagonist erhebliche Mühe hat, den Überblick zu halten, ergeben sich zusätzliche Spannungsmomente. Der Identifikationsfaktor ist extrem hoch, und am Schluss passt doch irgendwie alles zusammen (im Gegensatz zur Howard-Hawks-Filmadaption mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle auch der Tod von Owen Taylor, dem Chauffeur. Aber das nur nebenbei).
„Was machte es schon , wo man lag, wenn man tot war? In einem schmutzigen Tümpel oder in einem Marmorturm oben auf einem Berg? Man war tot, man schlief den großen Schlaf …“ – mmmhh, ein ganz feines Sahnestück Literatur.

Der große Schlaf
Autor: Raymond Chandler
Verlag: Diogenes
ISBN 9783257237030, Flexibler Einband, 200 Seiten, Krimi/Thiller/Horror

Eine Anmerkung zum Cover: Die offizielle aktuelle Fassung des Bandes hat ein anderes Titelbild. Dies hier ist quasi ein Alternativcover – längst vergessen, selbst eingescannt und daher rechtlich unbedenklich. Es stammt von einer Uralt-Ausgabe des Buches, gefällt mir als Filmfreak aber besonders gut.

  • Interessant, kenn nur die großen alten Filme und mag sie sehr. Dann wird es ja mal Zeit für den Roman!
    Hey, das cover ist echt kultig!

  • Jep, kauf ich mir! Halte viel von deiner Lesemeinung! Ich werde berichten, ob es mir auch gefällt!

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