Das Musical „Kein Pardon“: Dirk Bach hat Singverbot
aber wir haben ihn noch in der Vorpremiere singen hören. Ein Abend mit „Kein Pardon“ nach Hape Kerkeling von frida.
Zugegeben: Musicals sind so gar nicht mein Ding. Und hätte ich die Wahl gehabt zwischen Teufel und Beelzebub, hätte ich mich lieber für „Dirty Dancing“ oder die „Rocky Horror Show“ entschieden. Aber: Wir hatten die Karten geschenkt bekommen und so gab es keine Wahl.
Wir besuchten eine der drei Vorpremieren, technische Generalproben sozusagen. Zwei Vorpremieren waren bereits wegen technischer Probleme abgesagt worden, und auch unsere Vorstellung stand zwischendrin unter einem nicht so günstigen Stern, da es zu einem länger anhaltenden Stillstand der Drehbühne kam.
Mit launischen Einlagen überbrückten aber Regisseur Alex Balga und Autor Thomas Hermanns („Quatsch Comedy Club“) die Zeit und das Publikum war willens und willig, sich die gute Laune nicht verderben zu lassen. Hape Kerkeling war anwesend, trat aber nicht ins Scheinwerferlicht, sicherlich zur Enttäuschung seiner Hardcore-Fans, die zahlreich erschienen waren. So zahlreich, dass diese Vorpremiere nahezu ausverkauft war.
Obwohl „Kein Pardon“ mit Hape Kerkeling beworben wird, ist nur in der Vorlage des Musicals Hape Kerkeling drin, denn „Kein Pardon“ beruht auf dem gleichnamigen Film von Kerkeling aus dem Jahr 1993 (den kannte ich allerdings auch nicht). Grob gesagt handelt es sich um eine sanfte Medien-Satire, die zeitlich irgendwo in den 80igern angesiedelt ist.
Im Mittelpunkt steht Peter Schlönzke aus Bottrop, der die Schnittchen aus dem familieneigenen Schnittchenservice ausfährt, und gleichzeitig davon träumt, eines Tages der Star der Sendung „Witzigkeit kennt keine Grenzen“ zu werden. Diese Sendung wird moderiert von Heinz Wäscher (man muss sich das jetzt alles hessisch ausgesprochen vorstellen), Ähnlichkeiten mit Heinz Schenk und seinem „Blauen Bock“ sind durchaus beabsichtigt.
Schlönzke ist ein Fernsehfreak, dessen bester Freund natürlich der Fernseher ist. Fernseh-Highlight des Monats ist „Witzigkeit kennt keine Grenzen“. Schlönzkes Mutter – die Familie ist reinster Ruhrpottadel – schafft es, ihren Sohn in ein Casting für die Sendung zu bringen. Aber Peter kann mit seiner Nummer nicht reüssieren, stattdessen lernt er den wahren Heinz Wäscher hinter der jovialen Maske des Publikumsliebling kennen – einen menschenverachtenden alternden Tyrannen, der jedem Rock hinterher steigt.
Mit Hilfe von Ulla, einer Tontechnikerin – die sich auch später noch als gute Freundin bewährt – bekommt Schlönzke einen Job als Kabelträger in der Sendung. Aber auch das geht nicht gut. Für die Live-Sendung wird er dazu verdonnert, den Hasen – das Maskottchen der Sendung – zu mimen. Aber Peter hat die Nase voll, von Wäscher herumkommandiert zu werden. Die Live-Sendung geht im Chaos unter, Wäscher wird als Moderator gefeuert, an seiner Stelle stattdessen Schlönzke engagiert, weil der ja angeblich so neu und originell ist.
Seinen kometenhaften Aufstieg bezahlt Schlönzke mit fortschreitendem Verlust seiner Menschlichkeit. Fast schon ein zweiter Heinz Wäscher geworden, ereilt ihn der tiefe Fall aus dem Quotenverlust, was das Ende seiner Karriere als Moderator von „Witzigkeit kennt keine Grenzen“ bedeutet.
Nicht aber das Ende seiner Fernsehkarriere. Peter besinnt sich auf seine menschlichen Qualitäten, versöhnt sich mit seiner Familie und zusammen mit ihr und tatkräftiger Unterstützung von Ulla, nun seiner Managerin, kreiiert er eine vollkommen neue Art der Fernsehunterhaltung – die Kochshow, deren unumstrittener Star er wird.
Das Ganze ist nett anzusehen, getanzt und gesungen wird mehr als ordentlich. Etwas holprig wird es immer dann, wenn Text gesprochen werden muss. Im Lied fallen textliche Banalitäten nämlich nicht so auf. Enrico de Pieri als Peter Schlönzke sieht wie eine verjüngte Version von Hape Kerkeling aus – eine Ähnlichkeit, die sicherlich so beabsichtigt ist – und schlägt sich gut in dieser Rolle.
Ebenso gut schlägt sich Dirk Bach als fleischgewordener fieser Heinz Wäscher („Wäääscherr“), mit Heinz-Schenk-Toupet, seinen gewaltigen Spitzbauch vor sich hertragend. Seinen Spitzenauftritt hat er allerdings als Cousine von Heinz Wäscher, in einem hautengen Glitzerfummel, wozu mir spontan die Udo-Lindenberg-Figur der Elli Pirelli eingefallen ist.
Aus dem restlichen Ensemble ragt die Figur der „Ulla“ heraus, deren Darstellerin über eine rockige Stimme verfügt. Die Melodien (Musik: Achim Hagemann) gehen irgendwie ins Ohr, gleich aber auch wieder hinaus. Bis auf das schrecklich alberne „Witzigkeit kennt keine Grenzen“ konnte ich schon auf dem Rückweg keine andere andere Melodie mehr erinnern.
Dem geneigten Publikum hat „Kein Pardon“ jedenfalls außerordentlich gut gefallen. Es gab standing ovations und anhaltenden Beifall, ein großes Zückerchen für alle Hape-Kerkeling-Fans, von denen es offensichtlich ganz viele gibt, wie ich etwas erstaunt und vielleicht auch ein wenig naiv feststellen musste. Mich hat es nicht vom Stuhl gerissen, aber ich habe mich ohnehin nur als Zaungast in einer Veranstaltung gefühlt, die nicht wirklich für mich gedacht war.
Sollte Dirk Bach bis zum 12.11. wieder singen können, findet die Welturaufführung im Capitol Theater in Düsseldorf statt.
© frida 2011
Mumpitz
11. Nov 2011
Hm. Auch ich mag Hape Kerkeling sehr – nur Dirk Bach ist so überhaupt gar nicht mein Fall…
aletheia
14. Nov 2011
Hat ja jetzt wohl stattgefunden, wie ich im Lokalkompass und auch in der RP lesen konnte. Dirk Bach ist aber auch leider so gar nicht mein Ding.