Outback

Ich höre den Lachenden Hans nicht mehr. Den Kookaburra, Bushmanns Uhr, dessen Lachen am frühen Morgen und späten Abend durch den australischen Busch hallt. Ein verrückter Kerl ist er. So wie Du.

Ich hätte Dir früher von ihm erzählen sollen. Aber ich erzähle nicht sehr viel von unterwegs, weißt Du? Kookaburras Lachen gehört zu meinem Weg und an diesem lasse ich nicht viele Menschen teilhaben. Warum ich es jetzt tue? Weil mir Dein Lachen fehlt.

Du solltest Dir seines anhören. Diesen zunächst leisen Ruf, der immer eindringlicher wird und sich in einem lauten Gelächter entlädt. Er reißt dich morgens aus dem Schlaf und lässt Dich doch milde lächeln. Kein Laut gehört so sehr zum Busch wie dieser und so nimmt man ihn an, freut sich gar daran und vergisst ihn nie.

Siehst du, wie verschmitzt er Dich anschaut? Sieht so ein König aus? So sieht kein König aus, denkst Du. Und doch ist er es. Kein starker Löwe, wie in Afrika. Die Australier haben den Kookaburra zum König gekürt und besingen ihn dementsprechend.

Kookaburra sits in the old gum tree,
Merry merry king of the bush is he.
Laugh, Kookaburra, laugh, Kookaburra
Gay your life must be!

Und jetzt fragst Du mich, was ich Dir eigentlich erzählen möchte. Ich erzähle die Geschichte eines Kookaburras, der ein anderer sein wollte, weil er meinte, kein König zu sein. Ich erzähle die Geschichte eines Menschen, der mich zum Lachen gebracht hat. Den ich lieb hatte, so wie er war. Bis er auf die Suche gegangen ist, aus dem vertrauten Busch heraus, Freiheit suchend, mit dem Traum, ein Löwe zu sein. In dem Irrglauben, dass er als Löwe mehr respektiert würde. Er hat sich verlaufen. Das alte abgestreift und das Ziel zu hoch, neues zu erreichen. Was blieb, war ein Zustand dazwischen.

Ich sagte Dir, Du solltest Dir Ruhe gönnen und das tust Du nun. Nicht, weil ich es gesagt habe, sondern weil Du gespürt hast, dass es anders nicht mehr geht. Ich weiß dich gut beschützt auf Deinem langen Weg und warte auf Deine Rückkehr. Ich bin geduldig. Ich kann lange warten. Dein Bruder weiß es.

Was ich tue, in der Zwischenzeit? Ich leg mich nachts auf roten Boden, den Blick himmelwärts gewandt, über mir Diamantenfunkeln auf schwarzem Samt, milliardenfach. So schlaf ich ein und freu mich auf den Tag, an dem am frühen Morgen Kookaburras Lachen wieder schallt. An dem ich weiß, Du bist zurück.

Für Andi

Audio Lazy Harry: Kookaburra sits in the old gum tree
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Bildquelle: Quartl / Wikipedia

  • ich habe ihn gern! gleich wie er ist – und ich wünsche ihm sehr, daß er ruhig und beschützt SICH findet!
    und ich freue mich auf sine Rückkehr – wann auch immer die sein mag…

  • Ein Text, der mir sehr gefällt, inhaltlich als auch sprachlich. Er nimmt die einfache Urvolksprache auf, um eine Weisheit in einem Naturgleichnis zu erklären. Es ist kein einfaches Gleichnis. Gestockt habe ich bei der Stelle: „Dein Bruder weiß es.“ Darüber denke ich noch nach.
    Einfach im Wüstensand in den Himmel starren und warten können, im Vertrauen auf die Rückkehr des geliebten Rufes des Kookaburras… ein sehr sehr schönes Bild.

  • Höhöhöhö! Gay your life must be?! Für Andi?!
    Hach, da wird mir ja gleich so rosa zumute. Vielleicht sollte man dazu sagen, dass gay auch mit fröhlich, lustig übersetzen kann. Insgesamt ein wunderhübscher Text.

  • Ein toller Text, den ich als sehr poetisch empfinde!!

    Und vor allem: Ich kann die endlose Steppe, das Buschland wieder vor mir sehen…schnurgrade Straßen, die kaum befahren werden….Eukalyptusgehölze….

    ..und ich wünsche IHM das Ende seiner ruhelosen Suche und Frieden mit sich selbst.

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