Der lange Schatten des „Zensus 2011” – Ein Schildbürgerstreich der besonderen Art.

Erinnern Sie sich noch an den „Zensus 2011”? Sicherlich diejenigen unter Ihnen, die in irgendeiner Art und Weise Grundbesitz haben. Denn diese Personengruppe wurde – zumindestens meines Wissens – ziemlich komplett zur Datensammlung herangezogen.

So auch ich, die in einer Eigentümergemeinschaft wohnt, die drei Häuser umfasst. Dass mit der Datenerhebung etwas ganz gehörig nicht stimmen kann, schwante mir schon damals, als ich, statt nur über Gebäude und Wohnung, in dem bzw. der ich lebe, Auskunft zu geben, aufgefordert wurde, auch über die Nachbarhäuser einen Fragebogen auszufüllen.

Lt. „Landesbetrieb Information und Technik IT NRW, Geschäftsbereich Statistik” wohnte ich nämlich gleich in allen drei Gebäuden. Ein einfacher Adressenabgleich im Vorfeld einer solchen Befragung hätte den offensichtlichen Unsinn dieser Annahme sofort entlarvt, aber so weit zu denken, fiel in dieser Behörde augenscheinlich niemandem ein.

Um sicherzugehen, frage ich telefonisch nach, was ich denn nun tun sollte. Die Auskunft lautete, ich solle alle Fragebögen trotzdem ausfüllen, da ich dazu verpflichtet sei.Bei den Fragebögen, die mich nicht betreffen, sollte ich aber vermerken, dass ich dort nicht wohne und daher keine Auskünfte erteilen könnte. Ich hielt das zwar auch in höchstem Maße für unsinnig, kam aber meiner Auskunftspflicht in diesem Sinne nach – und zwar online.

Und damit war für mich der „Zensus 2011” erledigt und vergessen.

Aber nicht für den „Landesbetrieb Information und Technik IT NRW, Geschäftsbereich Statistik”. Gestern erhielt ich von eben jener Behörde einen Bescheid. In diesem wurde mir mitgeteilt, dass ich bereits „mehrfach aufgefordert worden wäre, Auskunft im Rahmen des Zensus 2011 zu erteilen und ich bisher meiner Auskunftspflicht nicht bzw. nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei.” Ich werde daher aufgefordert unter Androhung eines Zwangsgeldes von EURO 300,00 bis zum 29.02. die beiliegenden Fragebögen zu beantworten. Eine Anfechtungsklage hat übrigens keine aufschiebende Wirkung für das Bußgeld.

Beigefügt waren die Fragebögen zu den beiden Häusern, in denen ich nicht wohne bzw. nie gewohnt habe, außer ich wäre eine multiple Persönlichkeit, was offensichtlich das oben genannte Amt bzw. die dort mit dem „Zensus 2011” befassten Beamten voraussetzen.

Der Ton des Schreibens war übrigens so gehalten, dass ich mich nicht als mündige Bürgerin, die mit ihren nicht unbeträchtlichen Steuern überhaupt so ein Unternehmen wie den „Zensus 2011” erst möglich macht, fühlte, sondern als Untertanin in einem von unkoordinierten und mit der Materie augenscheinlich überforderten Beamten regierten Staate namens Schilda alias Deutschland.

Ich habe mir erspart, nochmal dort anzurufen. Es führt tatsächlich kein Weg daran vorbei, Schwachsinn mit Schwachsinn zu vergelten. Diesmal aber nicht online, sondern auf dem Papier. Ein entsprechendes Anschreiben habe ich beigefügt.

Wie genau die Daten sind bzw. wie exakt die Statistik ist, die in dieser Art und Weise erhoben und zusammengestellt werden/wird, kann sich jeder selbst ausrechnen. Da ich mit Sicherheit kein Einzelfall bin, möchte ich lieber nicht darüber nachdenken, wieviel zusätzliche Steuergelder jetzt im Nachgang noch verschwendet werden, nur weil Behörden die richtigen Daten nicht auf die Reihe bekommen. Und das sind meine Steuergelder. Und ein Bußgeld gibt es umgekehrt leider für diesen Fall nicht. Das würde ich gerne den Verantwortlichen für diesen Schildbürgerstreich in Rechnung stellen.

© frida 2012

  • Ha, das wäre wirklich witzig, wenn es nicht Unsummen verschlingen würde. Der einzige Trost, der den Betroffenen bleibt, ist, dass bei dem entstandenen Datengewirr vor dem gläsernen Bürger wahrscheinlich niemand Angst haben muss. Ich präge den Begriff der Milchglasdurchleuchtung…

  • Nobody is perfect, auch die Datenerfassungsstellen nicht. Ich halte einen regelmäßigen Zensus zur Datenbereinigung durchaus für sinnvoll. Auch die Erhebung von Daten zur Feststellung z.B. der Bevölkerungsentwicklung und der daraus resultierenden Kindergarten-, Schul-, Wohngebiets- und Pflegebedarfsplanung ist durchaus sinnvoll.

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