Zwischen den Zeilen – eine Rezension

Philipp Studer ist Dichter – und zwar ein sehr guter. Bereits sein Erstling „Zwischen den Zeilen“ rechtfertigt dieses Urteil. Was der 1967 in Aalen, Deutschland, geborene Schweizer hier zu Papier gebracht hat, ist außergewöhnlich. Die Gedichte und kurzen Geschichten in diesem Band sind sensibel, prägnant und wundervoll verschroben.
Lyrik zu bewerten, ist nicht so ganz einfach, besonders für Nicht-Lyriker. Das richtige Leben klingt irgendwie anders, die Sprache kommt nicht aus dem Alltag,. Auf Lyrik muss man sich als Leser einlassen wollen.
Cover
Dass man sich auf Philipp Studers Lyrik einlassen will, hat seinen Grund. Der Autor verfällt nämlich nicht der Unsitte vieler Dichterfürsten, seine Texte beliebig interpretierbar anzulegen, damit sich möglichst viele Leute darin wiederfinden. Zwar ist auch die Poesie des Wahlzürichers linguistisch verspielt und metaphorisch schleierhaft, aber es ist bei jedem Gedicht, bei jeder Story zu spüren, dass die Worte sich auf einen konkreten Sachverhalt beziehungsweise ein bestimmtes Erlebnis beziehen oder auf jemand Speziellen gemünzt sind. Man weiß nicht immer, was oder wer genau gemeint ist, doch unter der Oberfläche findet sich stets eine persönliche Note, die den Reiz ausmacht, über das Gelesene nachzudenken, über das Wer und Wo zu rätseln sowie den Sinn ungewöhnlicher, gar kauziger Formulierungen zu hinterfragen.
Die „unkommerzielle“ Schreibe mag Verlegerhaare zu Berge stehen lassen, aber sie ist für Leute, die mal „was anderes“ lesen wollen, auf jeden Fall höchst erfrischend. Ob nun Reisen, Liebe, Natur oder Zeit – die Texte zu diesen übergeordneten Allgemeinthemen haben alle einen wahrhaftigen Kern und sagen etwas aus. So entfällt der geradezu typische Alibitiefsinn komplett, für den das Lyrikgenre berüchtigt ist.
Auch wenn die Worte innerlich noch lange nachhallen, so ist „Zwischen den Zeilen“ weder schwere Kost noch ein Zeiträuber. Versehen mit Pointen und Esprit, kann man das Büchlein in einem Happs verschlingen. Keine Dreiviertelstunde, dann ist man durch. Schade eigentlich!

Manchmal gehst du hinaus
und sendest deine Signale
manchmal ziehst du dich
nach innen zurück
hinter den Schutz der Mauern
Du bist die Frau
auf dem Leuchtturm

Zwischen den Zeilen – Poesien von Philipp Studer
von Philipp Studer
ISBN 9783952252369, Flexibler Einband, aus der Reihe 1, Lyrik/Drama, erschienen am 24.11.2006 bei WOA

  • Das Leuchtturm-Gedicht gefällt mir schon sehr
    und die Rezension macht Lust auf mehr.
    hehe, das reimt sich, aber ich bin dennoch kein Dichter 😉

  • Ich habe den Autor bei der Lesung aus „Augenblicke, die berühren“ (Elbverlag) in Gladbeck getroffen. Philipp ist extra aus Zürich gekommen. Mit seinem Akzent war er ein Faszinosum für sich, der gab seinen ohnehin schon verhexenden Texten noch einen zusätzlichen Kick.

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