Menschen am Meer – eine Rezension

Ein Meer der starken Worte!
Okay, okay, okay – ich gerate ja immer ins Schwärmen, wenn es um die Anthologien des Elbverlags geht. Es sind aber auch stets wunderbare Werke, die da aus der Magdeburger Buchschmiede von Marie Rossi kommen.
Cover
Eine ungeheure Vielfalt – stilistisch wie inhaltlich – prägt diese Bände. Gedichte und kurze Geschichten von besinnlicher oder heiterer Art bieten dem Leser reichlich Abwechslung. „Menschen am Meer“ macht da keine Ausnahme!

Menschen am Meer


Wie üblich sind auch in dieser Anthologie wieder renommierte AutorInnen oder talentierte Newcomer traulich vereint. Irmgard Anderfuhr, Angie Pfeiffer, Margret Küllmar, Regina Schleheck, Marie Rossi, Rainer Wüst, Inge Escher, Maria Ording, Philipp Studer, Ursula Lübken-Escherlor, Horst Schömer, Max Kahn, Margret Laupert, Christian Ifländer, Walter Pietruk-Heep, Manfred Pricha oder Angelika Pöhlmann sind nur einige der Namen, die man kennt oder sich unbedingt merken sollte. Insgesamt steuerten 150 Schreibkünstler Beiträge zu diesem erfrischenden Anthologieband bei.

Anlesetipps:
– bei den Gedichten: „Meereskrise“ von Claudia Wädlich, „Am Kai“ von Thorsten Trelenberg, „Wintermond“ von Angelika Nauschütz
– bei den Kurzgeschichten: „Der Kapitän und sein Held“ von Jana Engels, „Der Fischbrötchen-Dieb“ von Patricua Brigl, „Gezeiten“ von Bibiana Maria Ermrich

Menschen am Meer – Anthologie mit 150 Autoren aus 7 Ländern
ISBN 9783941127111, Flexibler Einband, erschienen bei Elbverlag

Zeichnung: Julia Röken

Die Bitte meiner Pflanzen

Hier bin ich! Hier – und ich bin hier – direkt auf der Bank,
wenn ich nicht langsam was kriege, dann werde ich krank.

Seit Tagen schon muss ich sparsam sein,
mein Magen der schrumpft, er ist schon ganz klein.

Die Erde zerbröselt und ist knochentrocken,
die Wurzeln gekrümmt in der Krume hocken.

Die Energie ist verbraucht, wir müssen jetzt klage,
lang können wir unser Gewicht mehr tragen.

Die Schönheit vergeht, die Blätter, sie fallen.
Siehst du es nicht? So geht es uns allen.

Gern würden wir die Zimmer schmücken,
und uns erfreun an dem Verzücken.

Doch können wir nur erscheinen in Pracht,
wenn auch an unsre Versorgung gedacht.

Luft, Liebe und Licht, die reichen nicht aus,
auch wir brauchen ab und zu einen Schmaus.

Gib uns ein Schlückchen, wir wollen nur Wasser
sonst machst du uns zum Menschenhasser.

Es sprudelt und rauscht, die Hoffnung, sie steigt,
die Kanne sich zur Pflanze neigt.

Seid sparsam, nicht gierig, versucht Maß zu halten
wir wissen nicht, wie lang der Vorrat muss halten.

Die alte erfahrene Pflanze mahnt,
weil sie gleich wieder was Schlechtes ahnt.

Das Wurzelgeflecht von Wasser umflossen
Energie in jedes Blättchen geschossen.

Das Glück ist und hold, der Durst ist gestillt.
Seit vorsichtig und wachst nicht so wild.

Die Tage vergehn, die Dürre startet
und jede Pflanze auf´s Wasser wartet.

Was hat zu kaufen dich angetrieben?
Ach, wär´n wir doch in der Gärtnerei geblieben.

Kneipengedicht

Vorn am Tresen sitzt ganz locker
Erika auf ihrem Hocker
ist gespannt, was heut passiert-
hat sich extra frisch frisiert.

Klaus möcht einfach Leute fragen,
was sich heut hat zugetragen
und das kann er abends hier,
ungezwungen beim Glas Bier.

Und das Pärchen, eng umschlungen
hat bestimmt mit sich gerungen
gehen wir heute Abend aus,
oder bleiben wir zu haus´?

Rechts in roten Sesseln sitzen
Freunde, die die Ohren spitzen
alle starren wie gebannt
auf die Bühne, sind gespannt.

Zwischen Bier, Kaffee und Wein
sitzen vorn im Lichterschein
neue Künstler auf dem Stuhl
fühlen sich zuerst nicht wohl

Milchkaffee gibt´s keinen mehr
Kaffee machen röchelt sehr
Test, Test, eins, zwei, Test und drei
jetzt heißt´s endlich Bühne frei.

Jeder Bann ist bald gebrochen
wenn das erste Wort gesprochen
freundlich in die Mengen schauen
werden sie sich bald was trauen.

Ein Autor schreibt nur Kurzgeschichten
ein and´rer kann fantastisch dichten
ein Liedermacher, ohne gleichen
setzt ein echtes Markenzeichen.

Grünes Licht und fremde Wesen,
Fanasie wird jetzt gelesen
rot getaucht und wenig Licht
fällt auf ein Vampirgesicht

Mord und Totschlag, Krimi lesen
jeder glaubt, dabei gewesen
listig, böse und gemein
kann die Story auch mal sein.

Wolkenlos und düster traurig,
wechseln ab mit sanft und schaurig
wer testen will, ob es sich lohnt,
plant ein Begräbnis auf dem Mond.

Drum seid gespannt, was heut passiert,
Das Abendprogramm variiert
ob Peter, Dieter und Marei,
für jeden ist etwas dabei.

Und auch die Presse stets gewitzt,
hat den Bleistift schon gespitzt,
schnell den Autor abgelichtet
und am nächsten Tag berichtet.

Und wer noch glaubt, die Kneipe heute
sei nur was für stumpfe Leute,
dem sei gesagt, dass er sich irrt,
Kunst wird abends hier serviert.

Drum freue sich die kleine Stadt,
die eine Künstlerkneipe hat

Bilder zaubern Worte – Am Küchentisch

Ist es Euch nicht auch schon passiert, dass Ihr ein Bild gesehen habt und dachtet: Dazu könnte ich jetzt eine Geschichte schreiben? Unter dem Slogan „Bilder zaubern Worte“ bieten wir regelmäßig ein Bild an, das Euch Inspiration für einen Text sein soll.

Das aktuelle Motiv ist der Küchentisch.

Gibt es etwas Schöneres, als gemeinsam in der Küche zu sitzen und zu erzählen? An einem Tisch, an dem man sich nicht piekfein benehmen muss, sondern sich wohl fühlen kann, während man über die Töpfe auf dem Herd und das Geschirr in der Spüle blickt? Hier trifft sich die Familie zum gemeinsamen Essen, Freundinnen zum Kaffeetrinken, Freunde zum Gespräch. Hier streift die Großmutter ihre Hände an der Küchenschürze ab und schiebt den Apfelkuchen in den Backofen. Und welche Geschichte kann der Tisch selbst erzählen, wie ist er entstanden, aus welchem Holz ist er gebaut?

Ich bin gespannt, welche Geschichten Euch zum Thema Küchentisch einfallen.

Ihr könnt Eure Texte auf Euren Blogs einstellen und sie werden dann hierher verlinkt. Wer mag, kann auch auf seinem Blog eine eigene Kategorie dafür anlegen. Auf dem Gemeinschaftsblog „Netzwerk“ habe ich das schon gemacht.

Und nun wünsche ich Euch viel Spaß beim Schreiben!

_______________________________________________________________

Hier sind die Artikel zum Thema:

Mein Leben als Küchentisch von aletheia

Ekel, Explosion, Ekstase – Küchentischgeschichten à la Louize von Miss Fazit

Gelsenkirchener Barock von Angie Pfeiffer

Flügge geworden von enja

Am Küchentisch von Mumpitz

Ganz in mir von Songline

Geschichten vom Fliegen und Träumen – eine Rezension

Flieger, grüß mir die Wonne

Die vorliegende Hörbuch-CD ist ein Benefizartikel. Ein Teil des Verkaufserlöses wird für wohltätige Zwecke verwendet. Darf man so ein Werk als Rezensent guten Gewissens verreißen, wenn man es nicht mag? Klar darf man!! Sogar mit Lust und Inbrunst! Wo kämen wir denn dahin, wenn man seine ehrliche Meinung nicht mehr sagen dürfte?
Doch zum Glück muss ich hier gar nichts in Grund und Boden verdammen. Im Gegenteil! Die Scheibe ist nämlich ein Hit! Jawohl!!
Zu hören gibt es einige Storys der fantasiebegabten Autorin Christina Stöger, die in der deutschen Internet-Schreib-und-Radioszene unter dem Pseudonym „Pinkyfisch“ bekannt ist. Die Spezialgebiete der Sprachkünstlerin sind Fabeln und Gedichte eben nicht bloß für Kinder.

Die Werke der Dame mit der samtigen Stimme sind durchaus in sich divergent, man kann ihnen getrost das Etikett „Stilbruch“ anhaften. Ich gebe zu, dass ich gerade solch folgewidrigen, etwas neben der Spur liegenden Lesestoff sehr mag. Derartige Wortwebereien sind eben nicht nach Schema F verfasst und halten wach. Christina Stöger pfeift beim Verfassen ihrer Texte auf Konventionen, lässt sich nicht bremsen, schon gar nicht von Leuten, die mit Schreibratgebern herumwedeln.
Ein Beispiel: Das erste Mal ist sie mir mit einer Fabel über einen Löwen aufgefallen, der in der heißen Wüste Afrikas lebt und dem sie den kühlen nordischen Namen Sven verpasst hat. So was muss man als Autor erst mal bringen! Ich jedenfalls war gleich hin und weg.
Pinkys Texte sind gleichsam zum Schmunzeln und voller Nachdenklichkeit, zuckersüß und doch mit Härten, ebenso niedlich wie krass, stetig pendelnd zwischen gefühlig und naturgetreu.
Ein paar wahrhaft exemplarische Beispiele hierfür finden sich auf dieser Hör-CD, sei es nun die Fabel vom Käfer, der seinen Punkt verlor, die tragische Geschichte der Biene Lilly oder die fast lyrische Erzählung vom Stern im Meer. Unerwähnt bleiben sollen nicht der kleine Stein Stony und die Eiche Erich, zwei Figuren mit Kultpotenzial.
Abgeschlossen wird die Geschichtensammlung mit einem Fremdbeitrag, einer Tagebuchaufzeichnung von Annemarie Pillau. Auch dieser persönliche Bericht über den ersten Flug der Erzählerin wurde wie die anderen Texte von Christina Stöger eingesprochen. So separat die Story für sich steht, sie passt doch gut ins Konzept. Schließlich soll die Lust am Fliegen geweckt werden. Dass dies gelingt, liegt auch an der Mucke. Der Künstlerbeiname „Dreaming Guitar“ lässt es bereits vermuten, man sollte ein Faible für Entspannungsmusik haben, um den Klangteppich zu genießen. Als Untermalung der gefühlvollen Texte sind die sanften, verträumten Melodien aber genau richtig.
Zum Schluss noch ein Satz zum wohltätigen Zweck: Mit dem Kauf dieser CD unterstützt man das Projekt „Fliegen für Kinder“, dessen Veranstalter das Rundflugteam Hohenems ist. Bleibt zu hoffen, dass viel Geld zusammenkommt!

Geschichten vom Fliegen und Träumen
Texte/Sprecherin: Christina Stöger
Musik: Dreaming Guitar Andreas Weiss
Hörbuch-CD; Laufzeit ca. 54 Min.
ISBN 9783941026339
Audio CD, aus der Reihe 1, Sonstiges, erschienen bei BVK – Buchverlag Krefeld
Preisinfo: Preis: 16,90 € (inkl. Versandkosten innerhalb Deutschlands)

Somnus imago mortis

Heute gönne ich mir mal ein spezielles Vergnügen. Ich verfasse ja des Öfteren Buchrezensionen, und heute möchte ich mal meine Meinung zu einem meiner Lieblingsbücher kundtun. Muss auch mal sein! Es handelt sich um „Der große Schlaf“ von Raymond Chandler und ist, wie man sich denken kann, keine echte Kritik, sondern vielmehr eine verklärte Schwärmerei!


Was für ein Buch! Für mich mit das Beste, was je geschrieben wurde. Was war Raymond Chandler doch für ein phänomenaler Schriftsteller!
„Der große Schlaf“ ist ein Urstoff. Der Roman steht charakteristisch für all das, was der Pionier der so genannten Hard-boiled Novels geschaffen hat. Diese Hervorhebung mag ein bisschen ungerecht gegenüber Raymond Chandlers anderen Texten sein, schließlich waren sie alle toll, aber dieser Thriller ist eben der ultimative Kult – nicht zuletzt, weil hier mit dem im Großraum Los Angeles tätigen Privatermittler Philip Marlowe eine stilbildende Detektivfigur etabliert wurde. Zudem ist der Roman schlichtweg eine literarische Initialzündung. Er brachte etwas völlig Neues in die Welt.
Im Grunde ist schon alles über dieses Werk gesagt worden. Bataillone von Literaturwissenschaftlern und Rezensenten haben sich diesen Kriminalklassiker vorgenommen und seine Bedeutung für die Buchkultur hervorgehoben. Eine weitere Exegese ist daher wohl unnötig, man kann sich im Grunde auf eine Leseempfehlung beschränken.
Nur soviel: Natürlich ist es die Sprache, die diesen Roman so außergewöhnlich macht – diese Mischung aus lakonischem Fatalismus und saloppem Sarkasmus, die unendlich viele Nachahmer fand, aber in dieser Passgenauigkeit nie wieder erreicht wurde. Dazu die vielen unvergleichlich originellen Vergleiche („… kleine scharfe Raubtierzähne, weiß wie frisches Orangenmark …“) – superb!
Dass die Handlung mit jeder Seite komplexer und verwirrender wird, tut dem Lesevergnügen seltsamerweise keinen Abbruch. Gerade weil auch der ermittelnde Protagonist erhebliche Mühe hat, den Überblick zu halten, ergeben sich zusätzliche Spannungsmomente. Der Identifikationsfaktor ist extrem hoch, und am Schluss passt doch irgendwie alles zusammen (im Gegensatz zur Howard-Hawks-Filmadaption mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle auch der Tod von Owen Taylor, dem Chauffeur. Aber das nur nebenbei).
„Was machte es schon , wo man lag, wenn man tot war? In einem schmutzigen Tümpel oder in einem Marmorturm oben auf einem Berg? Man war tot, man schlief den großen Schlaf …“ – mmmhh, ein ganz feines Sahnestück Literatur.

Der große Schlaf
Autor: Raymond Chandler
Verlag: Diogenes
ISBN 9783257237030, Flexibler Einband, 200 Seiten, Krimi/Thiller/Horror

Eine Anmerkung zum Cover: Die offizielle aktuelle Fassung des Bandes hat ein anderes Titelbild. Dies hier ist quasi ein Alternativcover – längst vergessen, selbst eingescannt und daher rechtlich unbedenklich. Es stammt von einer Uralt-Ausgabe des Buches, gefällt mir als Filmfreak aber besonders gut.

Ungereimte Ungereimtheiten

unverhofft hoffnungsvoll
hoffnungslos hoffend

unglaublich glaubhaft
ungläubig glaubend

zweifelhaft zweifellos
zweifelnd

unfassbar gefasst
fassungslos

unendlich endlos
ENDE

Stampfkartoffeln mit wilden Schoten

Der verrückte Hokkaido – eine Rezension
Der Untertitel sagt eigentlich alles: Witzige Geschichten rund ums Thema Kochen! Man hätte noch „Für Kinder“ hinzufügen können – obwohl, bei näherem Nachdenken … besser nicht, denn das Buch ist eben nicht bloß für Kids. Auch Erwachsene werden ihren Spaß an den Kochstorys haben.


Zunächst mal: Es geht nicht nur um die nach einer japanischen Insel benannten Riesenkürbissorte, wie es der Titel nahelegt. Der Band hat weitaus mehr Verrücktheiten zu bieten: ein ertrinkendes Handy, Kassler mit Honig und ein bisschen Wespe, einen brennender Rasen, einen explodierenden Dampftopf und und und.
In 14 munteren Kurzgeschichten beweist die Gevelsberger Autorin Barbara Schwittmann Fantasie, Witz und psychologisches Feingefühl. Man merkt, dass die Dame früher mal Lehrerin war. Die Lust daran, jemandem etwas beizubringen, strömt förmlich aus den Zeilen – aber eben ohne, dass man als Leser dabei den gehobenen Zeigefinger gezeigt kriegt.
Der Clou dieses Buches sind natürlich die aufbereiteten Gerichte (von denen übrigens mir als Gourmand vor allem das „Hähnchen in bunter Paprika“ Appetit macht). Zu jeder Story gibt es ein Rezept, die Kochanleitung ist in den jeweiligen Geschichten integriert.
Unerwähnt bleiben soll nicht das liebevolle Layout dieses pfiffigen familienfreundlichen Kochbuchs, das vom Hamburger HolzheimerVerlag herausgebracht wurde – einem Verlag, der dafür bekannt ist, Bücher nicht einfach so nach 08/15-Machart auf den Markt zu werfen, sondern sich beim Look stets extrem viel Mühe gibt. Dazu passen auch die niedlichen Illustrationen der bekannten Cartoonistin Garbriele „Merli“ Merl.
Fazit: Eine wundervolle Alternative zu den immer gleichen TV-Kochshows, mit denen man als Zuschauer seit einiger Zeit förmlich totgeschlagen wird.

Titel: Der verrückte Hokkaido – witzige Geschichten rund ums Kochen
Autor: Barbara Schwittmann
Illustrationen: Gabriele Merl
ISBN 9783938297711, Fester Einband, Kinder-/Jugendbuch, erschienen am 01.07.2009 bei HolzheimerVerlag

Beim Teutates, wer hat an der Uhr gedreht? Kombiniere, es war Gaston!

Ich persönlich liebe ja diese Porträt-Almanache, bin regelrecht süchtig nach ihnen. Sie zeigen einem oft, dass man doch nicht allein ist in dieser schnöden Welt, dass es Leute gab und gibt, die ebenso empfinden wie man selbst und ganz ähnliche Ansichten haben.

Cover


„Freunde fürs Leben“ ist so ein Buch. Es handelt indes nicht von realen Personen, sondern von fiktionalen Charakteren – von Helden, Schurken und Kultfiguren, die uns alle irgendwie ans Herz gewachsen sind und es verdient haben, an die Jugend von heute weitervermittelt zu werden.
In munteren Essays berichten insgesamt 27 Autoren detailverliebt, anekdotenreich und oft auch ein bisschen wehmütig von ihren Lieblingsgestalten aus Film, Fernsehen, Büchern, Comics und Sagen.
Über jene Berühmtheiten wurde alles zusammengetragen, was man als Fan wissen muss, um mitreden zu können. Wer hat die Figuren wann erdacht und warum, wie wurden sie für die verschiedenen Medien adaptiert, welche Variationen existieren, was ist aus ihnen geworden?
In dem reich bebilderten Band ist halb Entenhausen versammelt und ganz Schlumpfhausen. Die Mainzelmännchen gesellen sich ebenso hinzu wie Fix und Foxi, Asterix, Lucky Luke, Lurchi, Mecki, die Digedags, die Mumins, Paulchen Panther, die Maus (von der ARD), Popeye, Gaston, das Marsupilami, die Peanuts und Schweinchen Dick. Berts nervenraubender Kumpel Ernie und die flippige Pippi Langstrumpf geben sich ein Stelldichein, und den Preis um das coolste Trio liefern sich Wim, Wum und Wendelin gegen den Osterhasen, den Weihnachtsmann und das Christkind. Während sich die Verbrechensbekämpfer (James Bond, Jerry Cotton, Nick Knatterton, Zorro, Sherlock Holmes, Batman, Superman, Tim und Struppi) förmlich auf die Füße (und Pfoten) treten, tauchen von den Bösewichtern nur zwei auf, nämlich der Räuber Hotzenplotz und Mr. Hyde (alias Dr. Jekyll). Der Mythos des Buffalo Bill wird entzaubert und die romantisierte Figur auf seine öminöse historische Gestalt William Cody heruntergebrochen. Horror verbreiten Dracula, Frankenstein, King Kong und Godzilla. Einblick in längst vergangene Zeiten und Kulturen gewähren Huckleberry Finn, die Drei Musketiere, Prinz Eisenherz und Familie Feuerstein. Ins All geht es mit Barbarella und Perry Rhodan, in den Dschungel mit Tarzan und auf die Insel mit Urmel, Schatzsucher Jim Hawkins und Robinson Crusoe.
Sämtliche Beiträge wurden aus einer subjektiven Sicht verfasst, aber sie alle sind sehr informativ. Eine wunderhübsche Hommage! Nur eines habe ich zu bemängeln: Hägar der Schreckliche fehlt. Huba, Huba, ich habe gesprochen!

Freunde fürs Leben
Von Asterix bis Zorro: Gefährten, Helden, Kultfiguren
von Holger Jenrich (Hrsg.)
Autoren: Holger Jenrich, Klaus-Peter Heß, Gabi Schultz, Achim Nöllenheidt, Frank Lamers, Sven Siebert, Alf Mayer-Ebeling, Roland Seim, Eric Schönell, Wolfgang Ueding, Ludger Claßen, Heike Schultz, Jürgen Boebers, Birgit Lehmann, Elke Graf, Josef Spiegel, Harald Keller, Ulrich Homann, Karl Wegmann, Falk Zimmanyi, Silke Lambeck, Astrid Paulsen, Claudia Wessel, Caroline Schmidt-Gross, Harald Justin, Andreas Mietzsch, Stephan Brünjes
ISBN: 9783596139750
Flexibler Einband, Sach-/Fachbuch, erschienen bei Fischer (TB.), Frankfurt

Vorne quietscht es, hinten schlürft es

Wahnsinnsgeräusche

Wenn ich mal ein Buch schreibe, dann wird es sicher heißen „Das Wimmern des Bürodrehstuhls“. Einfach so, weil der Titel genauso bescheuert ist, wie die dazugehörigen Geräusche. Und bescheuerte Titel verkaufen sich gut. Was jetzt nichts darüber aussagt, ob der Inhalt des Buches genauso blöde ist wie der gewählte Titel.

„Zusammen ist man weniger allein“ oder „Liebe dich selbst und es ist egal wen du heiratest“ oder „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“….wie oft habe ich schon zaudernd vor den Bücherregalen gestanden und mit ratlosem Gesicht überlegt: soll ich oder soll ich nicht? Dieses Buch kaufen nämlich. Zunächst denkt man ja mal drüber nach „Was will mir der Autor mit diesem seltsamen Titel sagen?“. Meistens kaufe ich dann doch. Weil ich sonst meine Neugier nicht bezähmt kriege, ist jetzt mal völlig egal, ob ich die Bücher dann tatsächlich lese oder nach dem ersten Kapitel in die nächste Ecke werfe.

Mein wimmernder Bürodrehstuhl wird natürlich ein Kassenstürmer und bis zur letzten Seite inhaliert werden. Weil ich über Geräusche schreiben werde. Über Geräusche und die dazugehörigen Menschen, die diese Geräusche erzeugen.

Ich werde aus dem Mann am Laubstaubsauger einen Mörder machen.

Der stets schlürfende Kollege am Mittagstisch wird zum Alien, der diese Welt von allen Suppenkaspern befreit.

Auf-die-Straße-Rotzer mutieren zu Mitarbeitern des Ordnungsamtes, die jedem Rotzer trotzen und ihm Höchststrafen verpassen. Nicht für das Rotzen, sondern für dieses widerliche Rotzgeräusch.

Dem gegeißelten Bürodrehstuhl werden Arme wachsen und er wird jedes Mal zuschlagen, wenn sich die einhundertzwanzig Kilo Lebendgewicht auf ihn schmeißen.

Die Typen, die aus ihren Autos mobile Ghettobluster machen, kommen in ihrem nächsten Leben als gehörlose Rikschafahrer auf die Welt.

Frau Schrillstimme verwandele ich in eine nichtquietschende Tafelkreide, auf die ich selbstverständlich ein Patent angemeldet habe.

Hupen-Heinz wird lebenslänglich zu Nordic Walking verurteilt.

Und den kläffenden Monsterdackel von Frau Nachbarin verzaubere ich zu einem Wackeldackel auf der Hutablage von Reifenquietscher-Hermann.

Die mit dem Besteck auf Porzellan schabende Kollegin wird zu lebenslänglichem Tellerwaschen verurteilt.

Sie alle werde ich zwischen den hochglänzenden Buchdeckeln meines Irrsinnsromans zum Schweigen bringen. Sie werden sich der Gestensprache bedienen und diesem Buch nur durch ihre völlig geräuschlosen Taten zu einer Handlung verhelfen.

Natürlich darf auch Sex in diesem Bestseller nicht fehlen.
Aber die Hauptdarstellerin wird nicht „Machs mir Hubert“ kreischen, sondern in einen Knebel beißen. Und Hubert wird nicht stöhnen, sondern maximal atmen.

Damit ihr es nicht eines Tages bereut, schreibe ich es heute schon mal auf:
Leute, kauft dieses Buch!

;-))