Heile Welt
Schöne heile Welt, gute alte Zeit.
Wo bist du hin?
Sag’ mir wohin
Du verreist.
Ich werd’ dich nie vergessen,
Gute, alte Zeit.
Ich sehne mich zurück,
Auf dass du ewig bleibst.
Hab’ mich dir hingegeben.
Du hast mich aufgefangen,
Wenn die Realität
Mich fallen ließ.
Ich werd’ dich nie vergessen,
Gute, alte Zeit.
Du hast mich glauben lassen,
Dass du ewig bleibst.
Doch du hast dich geändert.
Hab’ ich es nicht bemerkt?
Ich hab’ es wohl verdrängt
Und doch um dich gekämpft.
Nun sag’ mir wer hat wem
Den Rücken zugekehrt.
Nun sag’ mir wer hat wem
Den Rücken zugekehrt.
Schöne, heile Welt,
Gute alte Zeit.
Durch stete Bande,
Bis in die Ewigkeit.
Running up that hill
17 Jahre sind eine lange Zeit, und Zeit ist relativ.
Hatte er gestern Nacht vor dem Einschlafen nach langem Grübeln geschlußfolgert.An diesem Morgen jedoch stand er auf, trank ein Glas Wasser und ließ die Katze in den Garten.
Es waren zwei Nachrichten auf dem Anrufbeantworter gewesen. Er setzte sich Kaffeewasser auf, ging in die Bibliothek und ließ sich auf dem Hocker vor dem Klavier nieder.
Heeey, ich bin´s! Weißt du noch, als Anna uns diese Sache versprochen hat? Sie wird ihr Versprechen morgen einlösen. Halte deinen Terminkalender frei und ruf mich an! Byyyeee!
Seine Hände glitten über die Tasten als würden sie eine Schlange streicheln, aber der Klang, den sie erzeugten, war wunderbar und klar. Der Ast einer Eiche, die so nahe am Haus stand, klopfte mit Leichtigkeit ans Fenster und bot somit einen leicht unregelmäßigen, aber wohltuenden Takt.
Fakt war, Susan vergaß ab und zu die Regeln. Fakt war auch, und er fühlte sich deswegen nicht unschuldig, dass sie nie soweit hätten gehen dürfen.
Er begann eine Komposition zu spielen, die er letzten Sommer im Gefühl völliger Reizlosigkeit erfunden hatte und stellte fest, dass das A verstimmt war. Die zweite Nachricht war von Simon gewesen. Die erste seit 17 Jahren.
Der Vertrag ist geplatzt! Hörst du mich? Bist du da Adrian? Wenn du da bist, geh ran verdammt! Der Vertrag ist geplatzt!
Sind Verträge nicht nur dazu da, gebrochen zu werden? Diese Komposition war seiner Meinung nach die Schlechteste, die je seinem Talent entsprungen war, aber er mochte sie irgendwie.
Das Telefon klingelte erneut. Adrian wußte nicht, ob er aufstehen und den Hörer abnehmen, oder einfach im gegenwärtigen Zustand verweilen und auf das Anspringen des Anrufbeantworters warten sollte. Er entschloß sich abzunehmen.
„Ja bitte?“, fragte er in geheimer Vorfreude. Am anderen Ende jedoch war nichts zu hören. „Hallo?“. Fragte er nocheinmal und wartete gespannt auf eine Antwort.
Er hörte einen Teller zu Boden fallen, dann das Zuschlagen einer Tür, dann nichts. Er entschloß sich aufzulegen und später nochmal über dieses soeben geschehene Ereignis nachzudenken. Je weniger man weiß, desto mehr kann man glauben. Würde er jetzt in Panik ausbrechen und unüberlegt handeln, könnte er genauso gut sein Kind verkaufen. Wer verkauft schon sein Kind?
Er begann seine Sachen zusammenzusuchen, die er für den bevorstehenden Tag heute brauchen würde. Eine Flasche Wasser, ein Gummiband, sein Feuerzeug, die Minikamera und den Briefkastenschlüssel. Die Clomazontabletten und die Landkarte.
Er durfte alles, nur nicht die Orientierung verlieren.
Auf dem Weg zur Haustür hielt Adrian kurz inne und starrte das Bild an der Flurwand an. Simon hatte es ihm damals geschenkt, nachdem sie über alles geredet hatten. Es fiel ihm schwer, sich an seine Collegezeit zu erinnern; war doch Erinnerung eine vom Unterbewußtsein beeinflußte Funktion, die nur schwer durchblicken ließ, was wahr und falsch gewesen war.
Das Bild zeigte einen älteren, dünnen Mann auf der Treppe eines Zirkuswagens. Sitzend, oberkörperfrei und mit verschlissenen Jeans. Neben ihm eine Trommel, eine kleine Feuerstelle mit einem Wassertopf. Eine kleine Reisetasche. Und da war der Kopf eines schlafenden Hundes, der unter der Treppe hervorluckte. Das Gesicht des Mannes ließ ein leichtes Lächeln erahnen und vermittelte gleichzeitig solch hochdosierte Traurigkeit, dass sich Adrian jedes Mal beim Anblick des Bildes nicht zu helfen wußte. Der Mann hielt eine Marionette in der rechten Hand. Sie war ein Abbild des Mannes und ihm vollkommen identisch. Ein großer und ein kleiner Zwilling. Die gleichen leblosen Arme, die schlaff zu Boden hingen. Die Marionette schaute den Betrachter des Bildes an, und zwar genau auf die gleiche Weise, wie es auch ihr Besitzer tat. Auf der Schulter des Mannes klaffte die Hand die Hand eines hinter ihm stehenden Clowns. Dieser hatte ein breites Grinsen im Gesicht, von einem Ohr zum anderen und schien den Mann, die Marionette und den Betrachter des Bildes auszulachen.
Wer verarscht hier wen?
Schien er zu fragen. Dies war auch eine schlechte Komposition, dachte Adrian, aber auch sie mochte er irgendwie. Er riss sich los und ging rasch, aber nicht hektisch Richtung Haustür. Er schloß nicht ab und stolperte über die Katze.
Du hast noch 23 Minuten. Das ist zu schaffen. 23 Minuten sind eine kurze Zeit, und Zeit ist relativ.
Feuer in der Hose
Chili für die Venus – eine Rezension
Oh ja, hach, ein Band mit erotischen Gedichten! Eher ein Heftchen als ein Buch. Wundervoll! Das lässt sich immer und überall dazwischenschieben. Und mit Andreas Gers ist auch ein Netzkritzler dabei!
Dieser Quickie macht ungeheuren Spaß. Sinnlich, frivol, frech und pfiffig wirkt man hier in Versform der Lustfeindlichkeit entgegen. Es sind etliche echte Könner am Werk: Franziska Röchter, Andreas Gers, Matthias Kröner, Dirk Juschkat, Mirko Swatoch, Regina Schleheck, Gisela Schäfer, Claudia Ratering und und und – alles namhafte Persönlichkeiten aus dem Literaturbetrieb, die sich der Lust und manchmal auch dem Laster hingegeben haben (höhöhö, wer hätte gedacht, dass unser Großer Mumpitz ein Faible fürs Nacktbügeln hat? Also, fürs Nacktbügeln seiner Traumfrau, um nicht missverstanden zu werden).
Und mit den spitzfedrigen Illustrationen von Günter Specht es gibt auch noch was zu gucken! Was will man mehr? Venus, die römische Göttin der Liebe und der Schönheit, dürfte jedenfalls zufrieden sein mit diesem kostengünstigen Bändchen, das anlässlich der Erlangener Marriage Week konzipiert wurde. Dem Ziel, müde Ehen wieder aufzupeppen, ist man hiermit ein gutes Stück nähergekommen. Ein scharfes Häppchen für zwischendurch und zum Immerwiederlesen!
Ich träume wunderlich
und seh sie bügeln.
Sie tut es nackt für mich –
gehörnt mit Flügeln …
Augenblicke, die berühren – eine Rezension
Spät kommt sie, aber sie kommt! Die Rezension zu „Augenblicke, die berühren“ war schon lange fällig, aber ich hab es nicht eher geschafft. Sorry! Dabei hat sie es mehr als jede andere Rezi verdient, in dieses Forum eingestellt zu werden, sind doch in dem Band etliche Netzkritzler vertreten.
Seit einigen Jährchen macht der Magdeburger Elbverlag mit entzückenden Anthologien auf sich aufmerksam. „Augenblicke, die berühren“ ist der neueste Beitrag dieser Reihe. Wie stets wird eine ausgewogene Mischung aus Lyrik und Kurzprosa geboten, die in ihrer emotionalen Bandbreite keine Wünsche offenlässt. Mal nachdenklich, mal humorig, mal sentimental und mal spannend sind die Geschichten und Gedichte zum Thema. Jenes war diesmal recht allgemein gefasst und bot den Autoren weidlich Gelegenheit, sich auszutoben. Und ausgetobt haben sie sich, das steht mal fest!
Sei es ein Amselgesang oder ein Klassentreffen, ein geheimnisvoller Besucher oder Mutterglück, ein Todesfall oder ein Frühstück im Altenheim – die im Buch vertretenen Schriftsteller ließen kein Motiv und keinen Blickwinkel aus.
Anthologien sind aufgrund ihrer uneinheitlichen Struktur grundsätzlich immer etwas für Entdecker, für Leser mit Lust auf Stilbrüche. „Augenblicke, die berühren“ macht da keine Ausnahme, der Band ist sogar ein Paradebeispiel für Mannigfaltigkeit. Bei 125 Beiträgen von ebenso vielen Autoren bleibt dies auch nicht aus. Wem nun was warum aus den Socken haut – diese Frage kann durch eine Rezension natürlich nicht beantwortet werden. Ein jeder mag für sich entscheiden, die Geschmäcker sind nun mal verschieden. Wiegt man als Leser bei manchen Texten zweifelnd den Kopf, nickt man bei anderen völlig einverstanden. Das gilt sowohl für den Schreibstil als auch für den Inhalt. Und ganz genauso soll es sein!
Anlesetipps:
– bei den Gedichten: „Wetter“ von Heike Kremerskothen, „Der Abend der Gaukler“ von Hans Brakhage
– bei den Kurzgeschichten: „Oma, was ist nur mit dir passiert?“ von Patricia Brigl, „Fasst mich nicht an!“ von Ingrid Dressel, „Berührende Augenblicke“ von Philipp Studer, „Die andere Seite des Schreibtischs“ von Andrea Heinrich
oberhalb der gürtellinie
zufällig das treffen, herzlich die unmarmung der freunde und doch
die begrüßung im keim erstickt. das abschiedswort
nie gesagt
zufällig auch mit dem todeskommando ein stück des weges.gemeinsam
im raum-zeit-gefüge. jetzt für die ewigkeit verbunden
oberhalb der zerstörung
oberhalb der gürtellinie der wahnsinn an ihnen, wie in den augen
der kinder dort hinten, unschuldige Opfer
verstummt
verstummt das fröhliche lachen, selbst der schrei eingekerkert
tränenlos inmitten vom chaos, gefangen
in dieser momentaufnahme
gefangen ein leben lang von diesem augenblick
äüßerlich unverletzt, innerlich
zerstört
zerstört das vertrauen, der glauben an
die menschlichkeit,
exlodiert
wieder mal oberhalb der gürtellinie
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Text und Foto: copyright Tietze Linskens
Zwischen den Zeilen – eine Rezension
Philipp Studer ist Dichter – und zwar ein sehr guter. Bereits sein Erstling „Zwischen den Zeilen“ rechtfertigt dieses Urteil. Was der 1967 in Aalen, Deutschland, geborene Schweizer hier zu Papier gebracht hat, ist außergewöhnlich. Die Gedichte und kurzen Geschichten in diesem Band sind sensibel, prägnant und wundervoll verschroben.
Lyrik zu bewerten, ist nicht so ganz einfach, besonders für Nicht-Lyriker. Das richtige Leben klingt irgendwie anders, die Sprache kommt nicht aus dem Alltag,. Auf Lyrik muss man sich als Leser einlassen wollen.
Dass man sich auf Philipp Studers Lyrik einlassen will, hat seinen Grund. Der Autor verfällt nämlich nicht der Unsitte vieler Dichterfürsten, seine Texte beliebig interpretierbar anzulegen, damit sich möglichst viele Leute darin wiederfinden. Zwar ist auch die Poesie des Wahlzürichers linguistisch verspielt und metaphorisch schleierhaft, aber es ist bei jedem Gedicht, bei jeder Story zu spüren, dass die Worte sich auf einen konkreten Sachverhalt beziehungsweise ein bestimmtes Erlebnis beziehen oder auf jemand Speziellen gemünzt sind. Man weiß nicht immer, was oder wer genau gemeint ist, doch unter der Oberfläche findet sich stets eine persönliche Note, die den Reiz ausmacht, über das Gelesene nachzudenken, über das Wer und Wo zu rätseln sowie den Sinn ungewöhnlicher, gar kauziger Formulierungen zu hinterfragen.
Die „unkommerzielle“ Schreibe mag Verlegerhaare zu Berge stehen lassen, aber sie ist für Leute, die mal „was anderes“ lesen wollen, auf jeden Fall höchst erfrischend. Ob nun Reisen, Liebe, Natur oder Zeit – die Texte zu diesen übergeordneten Allgemeinthemen haben alle einen wahrhaftigen Kern und sagen etwas aus. So entfällt der geradezu typische Alibitiefsinn komplett, für den das Lyrikgenre berüchtigt ist.
Auch wenn die Worte innerlich noch lange nachhallen, so ist „Zwischen den Zeilen“ weder schwere Kost noch ein Zeiträuber. Versehen mit Pointen und Esprit, kann man das Büchlein in einem Happs verschlingen. Keine Dreiviertelstunde, dann ist man durch. Schade eigentlich!
Manchmal gehst du hinaus
und sendest deine Signale
manchmal ziehst du dich
nach innen zurück
hinter den Schutz der Mauern
Du bist die Frau
auf dem Leuchtturm
Zwischen den Zeilen – Poesien von Philipp Studer
von Philipp Studer
ISBN 9783952252369, Flexibler Einband, aus der Reihe 1, Lyrik/Drama, erschienen am 24.11.2006 bei WOA
Die Magie des Augenblicks
Am zweiten Weihnachtstag 2010 wurde das Gladbecker Café Stilbruch seinem Ruf als Künstlertreff einmal mehr gerecht. Fast ein Dutzend Autoren aus nah und fern fand sich ein, um das Erscheinen der neuen Elbverlag-Anthologie „Augenblicke, die berühren“ zu feiern. Dass dabei nicht nur gezecht, sondern auch ausgiebig vorgelesen wurde, versteht sich von selbst.
Moderiert vom einheimischen Autor Harry Michael Liedtke, der ebenfalls mit einer Story im Band vertreten ist, ließ der Nachmittag an literarischer Vielfalt nichts zu wünschen übrig. Es gab Lyrik und Kurzprosa, Autobiografisches und Erstunkenes, Lustiges, Spannendes und Gefühlvolles, Tiefgründiges und leichte Muse. Es war für jeden was dabei, zumal die Autoren und Autorinnen (interessanterweise waren fast viermal mehr weibliche Schriftsteller anwesend als männliche) nicht nur aus dem präsentierten Buch lasen, sondern auch aus anderen Werken.
Von abgeschnittenen Ohrläppchen wurde berichtet, von Tierliebe, vom Wechselspiel der Wolken, von Glücksmomenten der Liebe und der Stille, von Reiseerinnerungen und und und.
Die Essener Künstlerin Angelika Stephan beeindruckte nicht nur mit einer pointierten Magersuchtgeschichte, auch ihre ausgestellten expressiven Gemälde erwiesen sich als ideale Deko. Wunderschön!
Besonders erwähnenswert ist der Auftritt von Philipp Studer, der eigens aus Zürich ins Ruhrgebiet reiste, sich dabei von Eis und Schnee nicht bremsen ließ und mit zwei herrlich versponnenen Kurzgeschichten punktete.
Aber ob nun Kathrin Reinemann, Angelika Heßmann, Heike Kremerskothen, Bibiana Maria Ermrich oder Regina Schleheck – sie alle trugen mit tollen Texten zu einer ausnehmend kurzweiligen Lesung bei.
Natürlich spielt die Veranstaltungslänge nur eine untergeordnete Rolle, wenn sich so viele (gute) AutorInnen an einem Ort versammeln. Erst nach knapp vier Stunden war der letzte Text gelesen. Doch die Zeit verging wie im Fluge.
Auch die beiden Gastpoeten Brigitte Kollberg aus Oberhausen und Dirk Juschkat aus Gladbeck reihten sich nahtlos ein in eine erstklassige Vortragsriege.
Es war wirklich und wahrhaftig eine Veranstaltung voller „Augenblicke, die berühren“.
ISBN 9783941127074, Flexibler Einband, 176 Seiten, Sonstiges, erschienen am 30.11.2010 bei Elbverlag
Dünenlichterspiel
Naturlichtspiele in der Dünenlandschaft Namibias
bedeckter morgenhimmel
dünenlandschaft am horizont
gratwanderungen führen hinauf zu deinen gipfeln
erinnern heute an einen zuckerhut oder gar das matterhorn
obwohl noch gestern, vor dem sturm, dein erscheinungsbild ein ganz anderes war
der himmel reißt auf
zersplitterte eisfläche am firmament
berge aus sand erscheinen in lichtgewobenen kleidern,
hier in falten gelegt,
dort changierend, in weiter ferne gar dunkel wie kohle.
majestätisch wirken du und deine gefährten im dünenlichterspiel
fasziniert weicht mein blick keinen meter von euch
in gedanken besteige ich deine, meinem fuß weichende spitze und überblicke das land, dein reich-
gefangen nehmt ihr mich heute allein nur durch euren anblick
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Text und Fotos: copyright Tietze Linskens
Idole sind auch nur Menschen – aber was für welche!
Warum in drei Teufels Namen soll man sich ein Buch über wichtige und/oder berühmte Personen der Zeitgeschichte zulegen – womöglich noch für teures Geld –, wo es doch in Zeiten von Wikipedia, IMDb, h2g2 oder allmusic möglich ist, sich alles Wissenswerte über einen auch nur ansatzweise relevanten Menschen mit ein paar Klicks umsonst aus dem Internet zu besorgen?
Nun, weil es ein liebevoll gestalteter Tributband ist, den man als Fan mindestens einer der insgesamt 100 vorgestellten Publikumslieblinge, Helden und Abgötter gern im Regal stehen hat. Dass die einzelnen Artikel informativ und interessant sind, darf man voraussetzen, und wer das tut, wird nicht enttäuscht. Die Biografien sind detailliert und exakt, wie es sich für ein seriöses Nachschlagewerk gehört. Freilich: Kein Lexikon ist vollständig. Wer es darauf anlegt, wird selbst in der Encyclopedia Galactica Lücken finden. Aber um eine penible Auflistung der Daten ging es den Verfassern auch gar nicht. Jedes Idol erhielt seine 4 bis 5 Seiten, und es gelang trotz eines verständlichen Ansinnens nach Straffung klarzumachen, warum dieser Jemand zu einem Symbol für ein ganzes Genre oder eine Zeit avancierte.
Geschrieben in einem reportagehaften Stil und mit leichtem Humor, gelingt die Balance zwischen journalistische Distanz und normalsterblicher Ehrfurcht. Um es deutlich zu sagen: Dieses Lexikon ist keine Hommage! Eine unangenehme Figur wie beispielsweise Adolf Hitler wird nicht verschwiegen. Ebenso wenig verzichtete man auf Fidel Castro oder Che Guevara, die auch nicht jedem in den Kram passen dürften. Aber da waren die Urheber dieses Lexikons anerkennenswerterweise konsequent.
Natürlich, der Knackpunkt dieses Buches ist die personelle Zusammenstellung. Wer ist drin, wer nicht?! Es ist anzunehmen, dass es über diese Frage bereits bei der redaktionellen Konzeptfindung beleidigte Gesichter gegeben hat. Viele werden stinkig sein, dass ausgerechnet ihr Favorit fehlt. Aber, das muss zugestanden werden, die Auswahl der Autoren ist bestechend schlüssig. Ein Weltstar, so wird im Vorwort richtigerweise klar gemacht, ist noch lange kein Idol. Clint Eastwood, Charles Bukowski, Niki Lauda, Ludwig II. von Bayern, Hugh Hefner oder Buffalo Bill – doch, ja, sie alle haben bei gewissenhafter Abwägung sowohl ihren Platz in der Geschichte als auch in diesem Buch verdient. Ihre Strahlkraft hinweg über die Zeiten ist unbestreitbar. Und auch bei Udo Lindenberg oder Steffi Graf mag man nicht meckern, immerhin ist es ein „deutsches“ Buch. Ein US-amerikanischer oder französischer Autor hätte sicherlich eine weitgehend andere Auswahl getroffen, aber dass man einheimischen Berühmtheiten zu ihrem Recht verhelfen wollte, ist nachvollziehbar und akzeptabel.
Obwohl … na ja, hm, dass David Bowie ausgespart wurde, Udo Jürgens hingegen nicht, das mag verstehen, wer will. Hrrmpf!!